Schon als Schüler wollte Jona Christians mit Freunden die Welt verändern. Das Geld für ein Solar-Auto holten sie sich aus dem Internet. Bald startet die Produktion.
Jona Christians lebt in aufregenden Zeiten. Schon in der Schule sorgte sich der 25-Jährige um den Klimawandel – und überlegte mit seinem Kollegen Laurin Hahn, was sie dagegen unternehmen könnten. Die Idee eines solarbetriebenen Elektroautos war geboren. Die beiden arbeiteten zusammen mit ihrer Mitbewohnerin Navina Pernsteiner daran – stellten die Idee ins Internet, warben Geld ein und sind heute drei Jungunternehmer, auf dem besten Weg, ihren Traum in die Realität umzusetzen.
Ende kommenden Jahres soll die Produktion des «Sion» starten. Gerade erst haben die drei eine weitere Finanzierungsrunde angestossen, die in einer Bewertung von mehr als 100 Mio. € münden könnte. «Im Fokus steht nicht einmal das Auto», sagt Christians. «Uns treibt die Frage um: Was können wir beim Thema Mobilität ändern? Mehr als die Hälfte des Erdölvorkommens wird für Mobilität verbraucht – endgültig.»
Christians und seine beiden Kollegen haben ihr Unternehmen in der Garage gestartet. «Anfangs wussten nicht mal unsere Eltern, was wir machen.» Kurz nach dem Abitur, mit 18, besorgten sie sich einen Renault Twingo, bauten den Benzinmotor aus, setzten Akku und Elektromotor rein. Das Wissen dafür holten sie sich bei YouTube. Auf das Dach montierten sie Solarzellen. Und, siehe da: Das Konzeptauto fuhr. «Vor vier Jahren waren wir so weit, dass wir etwas vorweisen konnten», erinnert sich Christians. «Im Januar 2016 ist Sono Motors offiziell an den Start gegangen.»
Christians ist mit seinem Unternehmen gereift, referiert routiniert das Geschäftsmodell. Dutzende Male hat er das schon gemacht in den vergangenen Jahren. Er hat sich einen Dreitagebart stehen lassen, trägt Sakko, das er ablegt, als er nach dem Gespräch zurück ins Grossraumbüro geht. Das Studium hat er abgebrochen, arbeitet voll für sein Unternehmen. Anfang 2017 waren erst siebzehn Mitarbeiter für Sono Motors tätig, nun sind es viermal so viele. Das Büro liegt im Münchner Norden, unweit von BMW (BMW 74.68 0.24%). Ein Zufall, sagt der Gründer. Ende Jahr steht der Umzug in den Süden an, dann in die Nähe von Siemens (SIE 99.12 -2.11%). Ein Unternehmen mit Tausenden von Angestellten wie bei klassischen Autoherstellern soll Sono Motors nie werden. «Wir arbeiten mit Partnern», sagt Christians. So stellt das Auto ein Auftragsfertiger her, dessen Name noch geheim gehalten wird.
Der Sion ist mit Solarzellen überzogen. An einem Sonnentag hierzulande soll das eine Fahrleistung von dreissig Kilometern laden, bei Wolken immerhin noch fünfzehn. Selbst das genügt für den durchschnittlichen Weg eines Pendlers, der laut Bundesamt für Statistik 14,8 Kilometer beträgt. Dazu hat der Sion einen Akku, der zweihundertfünrzig Kilometer schafft. So wollen die Gründer die Reichweitenangst bekämpfen, die viele vom Kauf eines E-Autos abschreckt. Auch im Inneren unterscheidet sich der Wagen, von dem es nur eine Variante geben wird: Moos im Armaturenbrett etwa filtert Feinstaub. Die Produktion soll klimaneutral sein: Anfallende Kohlendioxidemissionen werden über die Förderung von Öko-Projekten kompensiert. «Es liegt dann in der Hand der Kunden, möglichst viel Ökostrom zu tanken.»
Christians und seine Kollegen haben viel über die Mobilität der Zukunft nachgedacht. Und der Sion ist nur ein Teil der Lösung. An den Fahrten des Wagens können via App andere teilhaben, so kann auch ein Sion selbst gebucht werden und sogar die Energie lässt sich teilen, etwa um ein anderes Auto zu laden oder Energie zurück ins Netz zu speisen. Sion-Besitzer verdienen so Geld mit ihrem Wagen. Und Sono Motors ist mit einer Provision beteiligt.
«Um das Sharing zu realisieren, verbünden wir uns mit Partnern», sagt Christians. Bald, so erklärt er, spiele es keine Rolle mehr, ob man selbst einen Wagen besitze. «Es zählt nur, von A nach B zu kommen. Und diesen Paradigmenwechsel gestalten wir aktiv mit.» Mehr als achttausend Vorbestellungen gibt es für den Sion. Die drei Freunde wollen so helfen, den Klimawandel aufzuhalten. Wie sie es schon als Schüler erträumt hatten.
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