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16:36 Uhr - 01.07.2015

Schweizer sind Europameister

Die Vergütung auf den Schweizer Teppichetagen ist im europäischen Vergleich top. Besonders VR-Präsidenten von SMI-Firmen verdienen fürstlich. Transparenz und Vergleichbarkeit der Schweizer Vergütungspraxis bleiben ein Problem.

Auch wenn der Volkswagen-Chef Martin Winterkorn die Siegertrophäe für das Jahr 2014 erhält, setzen Schweizer Topmanager die langjährige Tradition fort: Sie sind und bleiben Europas Spitzenverdiener. Fünf der zehn am besten verdienenden CEO in Europa sind bei Schweizer Unternehmen angestellt. Bei den Schweizern führend ist das CEO-Tandem des Luxusgüterherstellers Richemont (CFR 76.9 -0.26%) Richard Lepeu und Bernard Fornas, sie trugen 11,6 Mio. bzw. 10 Mio. € nach Hause.

Noch deutlicher ist das Bild bei den VRPs, dort besetzen Schweizer die obersten vier Ränge: Nestlés Peter Brabeck-Letmathe wird gefolgt von Axel Weber von UBS (UBSG 20.34 -1.07%), Joerg Reinhardt von Novartis (NOVN 93.3 -0.64%) und Urs Rohner von Credit Suisse (CSGN 27.08 0.3%). Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen HKP in einer Untersuchung der letztjährigen Vergütungsberichte von 77 kotierten Grossunternehmen aus Europa.

CEO-Löhnezoom Quelle: HKP

Doch die Spannbreite der Vergütungen ist auch auf europäischer Ebene gross: So verdiente im Jahr 2014 VWs CEO Martin Winterkorn beinahe vierzehnmal mehr als Ivan Glasenberg, Chef des Rohstoffhändlers Glencore. Nach stagnierenden Vergütungen in den Vorjahren stieg die Gesamtvergütung europäischer CEO 2014 um rund 4% an. Augenfällig ist der deutliche Anstieg beim Fixlohn (+9%). Wichtigster Grund für diesen Anstieg sind laut den Autoren der Studie die strengeren regulatorischen Vorgaben im Finanzsektor.

Sonderfall Schweiz

Im Durchschnitt lag der Lohn eines Schweizer CEO bei einem der neun grössten Schweizer Unternehmen um 31 Prozentpunkte höher als bei europäischen Kollegen des Stoxx Europe 50-Index. Grund für diesen Aufschlag ist gemäss Michael Kramarsch von HKP «die klare Ausrichtung am US-Markt». Zweidrittel der CEO von Schweizer SMI-Unternehmen seien keine Schweizer und müssten entsprechend geködert werden. Mit durchschnittlich 8,44 Mio. € ist deren Vergütung entsprechend hoch. Am zweitbesten verdienten spanische Geschäftsleiter, gefolgt von deutschen, britischen und französischen.

Wo hohe CEO-Gehälter gezahlt werden, profitieren auch die VRPs. «Präsidenten wollen auch über das Gehalt eine gewisse Machtsymmetrie mit dem CEO herstellen», sagt Kramarsch. In Deutschland etwa sei die Vergütung für Aufsichtsräte in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, damit auch ein Gegengewicht zur Geschäftsleitung, zum Vorstand, entstehe. Doch erklärt dies auch die spektakulären Gehälter der Schweizer Präsidenten?

Hobby oder Vollzeitjob

Unterschiedliche Länder bedeuten unterschiedliche Governance-Strukturen, was zu unterschiedlichen Vergütungen führt. So trägt in der Schweiz der Verwaltungsrat als Gremium die Verantwortung für die Strategie und den geschäftlichen Erfolg des Unternehmens und delegiert die Führung des operativen Geschäfts an einen CEO. In Deutschland nimmt der Aufsichtsrat (Verwaltungsrat) eine reine Überwachungsfunktion wahr. Die gesamte Verantwortung für die Geschäftsführung liegt beim Vorstand (Geschäftsleitung). Entsprechend geringer sollte zeitlicher Aufwand und Engagement eines deutschen Aufsichtsratsvorsitzenden sein.

Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. VWs Ferdinand Piëch ist zwar «bloss» Aufsichtsratsvorsitzender , bringt sich aber auch ins operative Geschäft ein und lässt sich das entsprechend vergüten. In Frankreich wiederum ist die Doppelrolle von CEO und VRP nach wie vor verbreitet und nennt sich Président Directeur Général (PDG). Der PDG bezieht für beide Rollen ein Gehalt. Und in Grossbritannien liegt die Verantwortung beim Executive Board, in welchem CEO wie auch «Executive Directors» Einsitz nehmen.

Die hohe Vergütung der Schweizer Präsidenten wird also durch das hohe zeitliche Engagement und die zu tragende Verantwortung für den Geschäftserfolg begründet. VRP eines Schweizer Grossunternehmens zu sein, gilt als Vollzeitjob. Entsprechend verdienten die Präsidenten der sechs in der Studie untersuchten Schweizer Grossunternehmen durchschnittlich über 3 Mio. €. In Grossbritannien verdiente ein VRP rund 800 000 €, in Frankreich lediglich 125 000.

VRP-Löhnezoom Quelle: HKP

Hohe Löhne, schlechte Vergleichbarkeit

Schweizer VRPs stellen beim Gehalt die europäische Königsklasse dar. Bei der Transparenz spielen sie jedoch noch in der Regionalliga. «Wenn schon gemäss internationalen Standards vergütet wird, sollten auch entsprechend diesen Standards die Vergütungen ausgewiesen werden», sagt HKP-Experte Kramarsch.

Denn der Umfang eines Vergütungsberichts, der in den letzten Jahren auch in der Schweiz massiv zugenommen hat, sagt wenig über Transparenz und Vergleichbarkeit aus. «Selbst Experten haben bei Schweizer Unternehmen Probleme, den Vergütungsbericht richtig zu lesen», sagt Kramarsch weiter. Eine zugewiesene und durch die Generalversammlung  abgenickte Vergütung entspricht nicht den realisierten, ausbezahlten Beträgen. Die Vergütungstransparenz hinke internationalen Standards «um Jahre hinterher».

Die Vergleichbarkeit in Grossbritannien, den USA und auch Deutschland gilt als besser. Noch ist offen, ob die Revision des Schweizer Aktienrechts eine Verbesserung bringen wird. Wenn Regulator oder Gesetzgeber die Unternehmen nicht zu mehr Vergleichbarkeit und Transparenz verpflichtet, werden dies das Aktionariat und die Stimmrechtsberater übernehmen, sind sich die Vergütungsexperten einig.

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