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12:42 Uhr - 23.02.2016

SNB-Chef Jordan: Minuszinspolitik hat Grenzen

Thomas Jordans Fazit zum Minuszins fällt gespalten aus, wie er an einer Veranstaltung in Frankfurt ausführt.

«Unkonventionelle Massnahmen können nicht unbegrenzt eingesetzt werden», warnt der Präsident der Schweizerischen Nationalbank am Dienstag in einem Vortrag. Drei Wochen vor der mit Spannung erwarteten Sitzung der Europäischen Zentralbank, an der sie ihre geldpolitischen Schleusen noch weiter öffnen dürfte, ruft Thomas Jordan in Erinnerung, dass Notenbanken mit ihren neuen Instrumenten «einen gewissen Spielraum zurückgewonnen» haben. Aber nicht alles, was auf dem Papier machbar erscheint, ist auch machbar.

«Zinsen können beispielsweise nicht beliebig tief in den negativen Bereich gesenkt werden – irgendwann dürfte eine Flucht ins Bargeld einsetzen», sagt er gemäss Redetext. Ebenso würden Devisenmarktinterventionen und Programme zur quantitativen Lockerung mit wachsendem Umfang die Gefahr bergen, dass eine Zentralbank ihre langfristige Handlungsfähigkeit einschränke.

Unkonventionelle Massnahmen vorsichtig einsetzen

Die praktischen Erfahrungen mit der Kalibrierung und der Wirkung von unkonventionellen Massnahmen im Gegensatz zum konventionellen Zinsinstrument seien noch begrenzt. Jordan mahnt daher, unkonventionelle Massnahmen mit Bedacht einzusetzen und ihre langfristigen Auswirkungen laufend zu überprüfen. 

Sein Referat konzentriert sich zwar primär auf die Geldpolitik der kleinen Euronachbarn – neben der Schweiz auch Dänemark, Schweden und Tschechien –, aber Jordan unterstreicht, dass die Kernaussagen sowohl für kleine als auch für grosse Währungsräume zutreffen.

Die Notenbanken in den fünf Währungsräumen wenden unterschiedliche Instrumente an. Die Riksbank und die EZB betreiben eine quantitative Lockerung. Dänemark, Schweden, Tschechien und die Schweiz sind zudem bereit, am Devisenmarkt zu intervenieren. Und schliesslich haben die dänische Zentralbank, die EZB, die Riksbank und die SNB (SNBN 1050 0%) Negativzinsen eingeführt.

Minuszins kann Aufwertungsdruck mindern

Jordans Fazit über die Wirkung von Minuszinsen fällt gespalten aus. Er streicht heraus, dass sie als Abwertungswaffe funktionieren. «Sie haben in den Nachbarländern der Eurozone wie erhofft zur Reduktion des Aufwertungsdrucks beigetragen», ist in seinem Referat zu lesen. Aber darüber hinaus fallen die Erfolge eher bescheiden aus. Jordan: «Die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen (haben sich) nicht, wie bei einer konventionellen Zinssenkung, signifikant verbessert, und die Hypothekarzinsen sind zum Teil sogar gestiegen.»

Obwohl Notenbanken ihren Massnahmenkatalog in den vergangenen acht Jahren erweitert haben, sind die Möglichkeiten der Geldpolitik nicht unbegrenzt. Jordan unterstreicht diese Behauptung mit drei Argumenten.

Erstens nehme die Wirkung von geldpolitischen Massnahmen mit der Dauer und der Dosis ab. Dies gelte dann, wenn die Lösung struktureller Probleme Anpassungen der Wirtschaftspolitik erfordere. Die Geldpolitik könne kein Ersatz für solche Anpassungen sein, sagt er und dürfte dabei die Lage in der Eurozone im Blick haben.

Zweitens stünden dem Nutzen unkonventioneller geldpolitischer Massnahmen immer auch Kosten gegenüber. Sie müssten laufend evaluiert werden. Die Politik sei zu korrigieren, falls die langfristigen Kosten den kurzfristigen Nutzen übersteigen.

Drittens könne die Geldpolitik nicht jede negative Entwicklung der Weltwirtschaft oder der Finanzmärkte vollständig abfedern. Für die Fähigkeit eines Landes, Krisen und Störungen zu überwinden, seien auch günstige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und eine hohe Anpassungsfähigkeit der Unternehmen entscheidend. Das gelte besonders in kleinen, offenen Volkswirtschaften wie der Schweiz.

Der Nationalbankchef sprach im SAFE Policy Center, einer der Frankfurter Goethe-Universität angegliederten Forschungseinrichtung, die sich nach eigenen Angaben der Forschungs- und Politikberatung widmet.

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