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17:48 Uhr - 05.03.2015

«US-Energiesektor birgt interessante Aktien»

Stuart Rhodes, Manager des M&G Global Dividend Fund, ortet in einzelnen Segmenten des Energie- und des Finanzsektors attraktiv bewertete Dividendentitel.

Herr Rhodes, gerade im Energiesektor mehren sich Zweifel, ob die Dividenden beibehalten geschweige denn erhöht werden können. Wie stufen Sie die Situation ein?
Der Druck auf die Dividenden wird hier definitiv steigen. Die grossen Ölmultis – eigentlich weltweit, besonders aber in Europa – sind nicht fähig, die Ausschüttungen aus ihrem Cashflow zu bestreiten. Praktisch alle müssen dazu Fremdkapital aufnehmen. Zwar sind signifikante Dividendenkürzungen meiner Meinung nach noch ein paar Jahre entfernt. Dass die Konzerne ihre Bilanzen anzapfen müssen, ist allerdings einer der Hauptgründe, weshalb wir uns von den Ölmultis fernhalten.

Zum AutorStuart Rhodes ist Manager des M&G Global Dividend Fund. Bild: ZVGTrifft diese kritische Einschätzung auf die gesamte Energieindustrie zu?
Es gibt innerhalb des Sektors durchaus Bereiche, die interessant wirken – Segmente, die vom Ölpreiszerfall in Mitleidenschaft gezogen wurden, deren Dividenden jedoch durch den erwirtschafteten Cashflow gedeckt sind. Das gilt etwa für die US-Energieinfrastruktur. Titel wie Gibson Energy, Pembina Pipeline (PPL 41.5 0.34%) und Inter Pipeline rentieren gegenwärtig über 4%. Ihre Dividenden erscheinen jedoch viel robuster und sind nicht zwingend von einer Erholung des Ölpreises abhängig.

Ein anderer Bereich, dessen Dividendenfähigkeit hinterfragt wird, ist der Bankensektor. Wie beurteilen Sie hier die Lage?
Der Finanzsektor ist riesig. Banken machen weniger als die Hälfte des Anlageuniversums aus. Es gibt sehr viele Segmente wie etwa Vermögensverwalter, Versicherungen, Brokerage oder Börsenbetreiber, die über ein ziemlich robustes Dividendenprofil verfügen. In diesen Nicht-Banken-Bereichen halten wir teilweise ziemlich stattliche Positionen.

Erwarten Sie regional unterschiedliche Dividendentrends? Indikatoren deuten darauf hin, dass in Europa die Ausschüttungen tendenziell sinken, während sie für die USA ungebrochenes Wachstum signalisieren.
Europa weist gegenüber den USA eine vergleichsweise hohe Dividendenrendite auf. Allein das dürfte in gewissen europäischen Sektoren für Druck sorgen – etwa bei den bereits erwähnten Ölmultis, die einen bedeutenden Teil des Gesamtmarktes ausmachen. Auch die Telecomkonzerne haben zurzeit Schwierigkeiten, ihre Dividenden zu halten. Wir bleiben diesen Bereichen deshalb fern. Fakt ist aber: Ein Grossteil der Unternehmen, die wir momentan als mögliche Anlagekandidaten analysieren, ist in Europa domiziliert.

Gibt es Aktienmärkte, die Sie aus Dividendensicht eher meiden würden?
Wir sind zuversichtlich, dass wir überall Titel finden können, die unsere Vorgaben erfüllen. Ein Land, das sich jedoch als herausfordernd präsentiert, ist Japan: Unternehmen weisen hier hinsichtlich wachsender Dividenden eine dürftige Erfolgsbilanz auf. Japan wird deshalb in unserem Fonds seit einigen Jahren deutlich untergewichtet, wobei dies das Resultat unseres Bottom-up-Selektionsprozesses ist.

Gehen Sie nicht davon aus, dass die unter Premierminister Shinzo Abe eingeführten Corporate-Governance-Reformen Wirkung entfalten dürften?
Wir haben bislang noch keinen Effekt erkennen können. Es ist zwar durchaus möglich, dass sich die Einstellung der japanischen Unternehmen hinsichtlich Dividendenpolitik und Anlegernähe leicht verbessern wird. Aber das dürfte noch einige Jahre dauern.

Ein wichtiger Faktor in der Kursentwicklung von Dividendenaktien sind Veränderungen im Zinsniveau. Auf wann erwarten Sie in den USA die Zinswende, und wie dürften sich in diesem Umfeld Dividendentitel relativ zum Gesamtmarkt entwickeln?
Wir treffen keine makroökonomischen Prognosen. Wir sind allerdings der Meinung, dass der Ansatz, in Unternehmen mit stetigem Dividendenwachstum zu investieren, langfristig Rückenwind hat.

Die Aufhebung des Euromindestkurses Mitte Januar hat in der Schweiz einigen Wirbel verursacht. Als wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass international exponierte Konzerne wie Novartis (NOVN 96.3 1.16%) oder Roche (ROG 256.1 -1.58%) ihre in Franken ausgeschüttete Dividende kürzen müssen?
Mit Problemen sind primär Unternehmen konfrontiert, die einen bedeutenden Prozentsatz ihrer Kostenbasis in Franken haben. Novartis und Roche – zwei Titel, die wir seit dem Auflegen des Fonds im Portfolio führen – weisen zwar gewisse Kosten in der Schweiz auf. Ein wichtiger Teil ist jedoch global verteilt. Der Effekt, den diese Konzerne zu spüren bekommen, dürfte hauptsächlich translationaler Natur sein.

zoomWelche Dividendenaktien stufen Sie als besonders attraktiv ein?
In unserem Fonds halten wir beispielsweise British American Tobacco (BATS 3887 2.21%). Der Zigarettenkonzern zählt mit Marken wie Dunhill, Lucky Strike und Pall Mall zu den globalen Marktführern – besonders in den aufstrebenden Volkswirtschaften. Das Unternehmen kann eine lange Historie von profitablem Wachstum und Dividendenerhöhungen vorweisen.

Welche Valoren können Sie sonst noch empfehlen?
Methanex ist der weltweit führende Produzent von Methanol, das in einer Reihe von industriellen und konsumnahen Erzeugnissen wie Kunststoffen, Farben oder Baumaterialien zum Einsatz gelangt. Über die letzten zwölf Jahre hat Methanex die Ausschüttung zehn Mal erhöht. Das ist gerade für eine zyklisches Unternehmen eine sehr respektable Erfolgsbilanz.

Können Sie weitere Titel nennen?
Zu unseren Beteiligungen gehört auch der Versicherer Prudential. Zwar liegen seine Wurzeln in Grossbritannien. Der Haupttreiber des Geschäfts ist allerdings Asien, wo er eine starke Marktposition besetzt. Prudential profitiert von der hohen Verbreitung von Finanzprodukten unter asiatischen Konsumenten. Dass hier die Vermögen steigen, ist ein struktureller Trend. Wir sind zuversichtlich, dass diese Entwicklung das hohe Dividendenwachstum Prudentials unterstützen wird.

Welche Unternehmen aus dem Energiesektor halten Sie für kaufenswert?
Gibson Energy ist eine im Midstream-Bereich aktive Energiegesellschaft, deren Tätigkeit den Transport und die Distribution von Öl und Gas umfasst. Sie ist gut positioniert, um vom steigenden Energiebedarf in Nordamerika zu profitieren. Ein Grossteil des Geschäfts basiert auf Take-or-Pay-Verträgen. Wir sind darum der Meinung, dass die jüngste Kursreaktion auf den Ölpreiszerfall nicht gerechtfertigt ist. Wir haben umgekehrt sogar die Möglichkeit genutzt, von diesem Titel dazuzukaufen, der eine hohe und wachsende Dividendenrendite offeriert.

Welches sind die wichtigsten Kennzahlen, die man betrachten sollte, um die Dividendensolidität eines Konzerns abzuschätzen?
Der freie Cashflow ist unserer Meinung nach ein zentraler Faktor. Die meisten Unternehmen in unserem Portfolio wenden nur rund 40 bis 50% des freien Cashflows für Dividenden auf. Das bedeutet, dass sie weiterhin in ihr Wachstum investieren können, was wiederum künftige Dividendenerhöhungen begünstigt.

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