Der amerikanische Telecomriese kauft den serbelnden Internetkonzern für 4,8 Mrd. $.
Die monatelangen Spekulationen um den Verkauf des Internetkonzerns Yahoo (YHOO 38.54 0.57%) sind zu Ende. Der US-Telecomriese Verizon (VZ 54.925 -1.69%) wird sich Yahoos Kerngeschäft für 4,8 Mrd. $ in Cash einverleiben. Damit beendet Verizon die jahrelange Agonie des Internetpioniers, dem es unter der publikumswirksamen CEO Marissa Meyer nicht gelungen ist, Platz neben den digitalen Werbegiganten Google und Facebook (FB 121.03 -0.49%) zu finden. Der Verlust der Selbständigkeit bildet den Schlusspunkt der jahrelangen Umsatzstagnation und strategischen Orientierungslosigkeit des kalifornischen Internetunternehmens.
Verizon, der grösste Mobilfunkanbieter der USA, kann mit dem Kauf von Yahoos Werbe-, Medien- und Mobilaktivitäten das eigene digitale Werbegeschäft, das sie unter der Dachmarke AOL (AOL 0 0%) betreibt, massiv ausbauen. Verizon hat AOL erst vor einem Jahr für 4,4 Mrd. $ erworben. Die Yahoo-Übernahme soll im ersten Quartal 2017 abgeschlossen werden.
Glücksfall für Verizon
AOL, selbst ein Internetpionier aus den Neunzigerjahren, betreibt für Verizon Inhaltsplattformen wie The Huffington Post, TechCrunch oder Engadget. Zusammen mit den Yahoo-Portalen Search, Yahoo Finance, der Fotoseite Flickr sowie 600 Mio. monatlich aktiven Mobilnutzern kann Verizon die Stellung im digitalen Werbemarkt ausbauen. Wie andere Telecomunternehmen kämpft auch Verizon mit einer stagnierenden Umsatzentwicklung. Mit digitaler Werbung will die Gesellschaft eine neue, wachstumsträchtige Einkommensquelle erschliessen und neben Google bestehen.
Yahoos Beteiligungen in Asien sind nicht Gegenstand der Transaktion. Yahoo Japan (35,5%-Anteil) und die 15%-Beteiligung am chinesischen Internethändler Alibaba (BABA 82.85 -0.41%) (15%) bleiben vorerst erhalten. Yahoo hatte sich 2005 für 1 Mrd. $ bei Alibaba eingekauft. Diese Beteiligung allein ist mehr als 31 Mrd. $ wert und macht einen Grossteil von Yahoos Marktkapitalisierung von 36,4 Mrd. $ aus. Entsprechend bewegt sich Yahoos Aktienkurs im Gleichschritt mit demjenigen Alibabas. Was mit den Beteiligungen geschieht, ist offen. Frühere Versuche, sie zu verkaufen, scheiterten aus steuerlichen Gründen.
Die Zukunft von Yahoo-CEO Marissa Meyer ist ebenfalls ungewiss. Der aktivistische Investor Starboard hatte sich im Herbst 2014 in Yahoo engagiert und Meyer immer stärker unter Druck gesetzt, zuletzt auf den Verkauf des Kerngeschäfts gedrängt. Meyer, die seit 2012 im Amt ist, wurde der Turnaround nicht mehr zugetraut. Für das zweite Quartal 2016 musste der Konzern einen Verlust melden und 482 Mio. $ auf Tumblr abschreiben – eine soziale Plattform, die Meyer 2013 für 1,1 Mrd. $ erworben hatte. Um zu sparen, entliess Meyer Anfang Jahr 15% der Belegschaft. Bei ihrem eigenen Abgang würde die Ex-Google-Managerin nicht darben.
Langer Abstieg
Die 1994 gegründete Yahoo entwickelte sich bis 1998 zur populärsten Suchmaschine des Internets. Auf dem Höhepunkt im Jahr 2000 erreichte das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von über 100 Mrd. $. Mit dem Aufstieg von Google und Facebook ging der langjährige Abstieg Yahoos einher. Seit 2007 bissen sich mehrere CEO glücklos die Zähne an einem Turnaround aus: Gründer Jerry Yang, Carol Bartz, Tim Morse, Scott Thompson, zuletzt Marissa Meyer.
Dass Yahoo heute für die Kernaktivitäten überhaupt einen Milliardenbetrag lösen kann, darf als Erfolg gelten. Die Geschichte hätte 2008 eleganter zu Ende gehen können. Microsoft (MSFT 56.8947 0.29%) bot damals 44,6 Mrd. $ für das Unternehmen. Yahoo lehnte das Angebot als zu niedrig ab.
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