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18:04 Uhr - 08.09.2015

Der neue Franken

Der Franken-Euro-Kurs hat den höchsten Stand erreicht, seit die SNB den Mindestkurs aufgehoben hat. Der Wechselkurs um 1.10 Fr./€ ist aber keinesfalls gesichert.

Der Franken hat sich diesmal nur ganz kurz beeindrucken lassen. Als Mario Draghi vergangene Woche ankündigte, die Europäische Zentralbank (EZB) werde die Liquiditätsschleusen womöglich noch weiter öffnen, sank der Franken-Euro-Wechselkurs ein bisschen. Nach einer Verschnaufpause stieg er jedoch unbeirrt weiter und erreichte am Dienstag mit 1.0949 Fr./€ den höchsten Stand seit dem Schock von Mitte Januar, als die Schweizerische Nationalbank den Mindestkurs aufhob.

Damals geriet der Wechselkurs unter massiven Abwärtsdruck, weil das grosse Anleihenkaufprogramm der EZB absehbar war – und eine Woche später angekündigt wurde. Auf eine weitere Lockerung reagiert der Devisenmarkt jetzt gelassen.

In der alten Welt mit der akuten Griechenlandkrise diente der Franken als sicherer Hafen. Den neuen Franken prägen nun jedoch Zinsdifferenzgeschäfte (Carry Trades): Anleger nehmen Kredite auf in Tiefzinswährungen wie dem Franken. Das Geld investieren sie in höher verzinsten Währungen wie dem Dollar. «Carry Trades helfen, den Franken zu schwächen», sagt Thomas Flury, Devisenstratege von UBS (UBSG 19.9 1.43%). Und: «Die Negativzinsen in der Schweiz fördern den Aufbau von Carry Trades.»

Zum Dollar habe sich der Franken noch mehr abgeschwächt als der Euro, führt Flury aus. «Das ist ein Zeichen, dass Franken-Dollar-Carry-Trades besser funktionieren als Euro-Dollar-Carry-Trades.»

Ob zudem die Nationalbank den Wechselkurs pflegt, ist unklar. Ein Indikator dafür sind die Sichteinlagen der Banken bei der SNB (SNBN 1080 0.47%). Sie seien jede Woche leicht gestiegen, sagt Flury. «Möglicherweise interveniert die SNB in homöopathischen Dosen.»

Hat der neue Franken Bestand? Flury erklärt, die Zinsdifferenz der zweijährigen Staatsanleihen Deutschlands und der Schweiz habe sich seit Juli deutlich verkleinert. «Werden die Zinsdifferenzen am Markt immer geringer, nimmt die Spannung zu. Damit steigt die Gefahr, dass der Franken-Euro-Kurs plötzlich fällt.»

Ungemach droht auch, wenn der Franken erneut als sicherer Hafen dient und somit in den alten Modus zurückfällt. Nur schon die Entwicklung der Zinsen zeigt indes, dass der Wechselkurs um 1.10 Fr./€ keinesfalls gesichert ist.

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