Drei von vier Fonds mit Fokus Schweizer Aktien haben den Gesamtmarkt geschlagen. Wer die Nase vorn hat und welche Aktien die Fondsmanager kaufen.
Zweimal ein Börsencrash in China, im Juni die Brexit-Turbulenzen: Wenn es an den Börsen wie in den letzten zwölf Monaten zwischendurch drunter und drüber geht, ist Philipp Murer in seinem Element. «Ein solches Umfeld ist für uns aktive Fondsmanager ideal», sagt Murer, der für die Privatbank Reichmuth den Aktienfonds Pilatus mitverwaltet. «Die Kursschwankungen bringen Chancen, die wir zu nutzen versuchen», sagt Murer. Anfang Jahr war er bewusst defensiv investiert gewesen. Den Mini-Crash im Januar hatte er dazu genutzt, um Qualitätstitel wie Bossard (BOSN 124.2 -0.64%), Kardex (KARN 97.4 -0.66%) und SFS (SFSN 75.35 -0.07%) nachzukaufen.
Mit Erfolg: In der untersuchten Periode von August 2015 bis Juli 2016 weist der Pilatus-Fonds eine Performance von 19% aus. Im gleichen Zeitraum büsste der Gesamtmarkt – gemessen am Swiss Performance Index (SPI (SXGE 8886.37 -0.59%)) – hingegen 7% ein.
Übertroffen wurde der Pilatus Fonds nur vom SaraSelect-Fonds, der 22% an Wert zulegte. Auf Platz drei folgt der Small- und Mid-Cap-Fonds der Berner Kantonalbank. Auch die übrigen Fondsmanager leisteten mehrheitlich gute Arbeit, wie eine Auswertung vom Fondsanalysehaus E-fundresearch zeigt. Von den 221 ausgewerteten Anlagefonds, die ausschliesslich in Schweizer Aktien investieren, schnitten drei von vier Fonds besser ab als der Gesamtmarkt.
Nebenwerte als Zugpferd
Es ist kein Zufall, dass unter den besten Schweizer Aktienfonds ausschliesslich solche aufgelistet sind, die auf Aktien aus der zweiten Börsenreihe setzen. Die Aktien von Unternehmen aus dem Swiss Market Index (SMI (SMI 8165.81 -0.6%)) haben in den vergangenen zwölf Monaten mit wenigen Ausnahmen deutlich an Wert verloren, allen voran die Bank- und Luxusgütertitel. Aber auch Verluste der Pharma-Schwergewichte haben auf die Performance gedrückt. Das liegt daran, dass vor allem der Kurssturz zu Jahresbeginn hauptsächlich die Blue-Chips-Titel erfasst hatte.
Nebenwerte hingegen haben seit vergangenem Sommer deutlich zulegen können. Der SPI-Extra-Index, der ausschliesslich Nebenwerte umfasst, hat zwischen August 2015 und Juli 2016 7% zulegen können. Zu den grössten Treibern gehörten die Aktien von Lagerlogistikanbietern wie Interroll (INRN 1044 0.38%) und Kardex. Aber auch der Milchverarbeiter Emmi (EMMN 632 -0.39%), der Bankensoftwarehersteller Temenos (TEMN 58.2 -1.02%), der Detaillist Valora (VALN 276.75 -0.63%) und das Industrieunternehmen Belimo (BEAN 3365 0.06%) steigerten ihren Aktienkurs deutlich.
«Anleger sind in den vergangenen Monaten wieder selektiver geworden», sagt SaraSelect-Fondsmanager Marc Possa. Die Profiteure dieser Entwicklung sind Nebenwerte. Deren Bewertung ist nicht im Gleichklang mit den grossen Titeln angewachsen. Zuletzt war der Bewertungsabschlag derart gross, dass Anleger auf sie aufmerksam wurden. Frank Plüss von der Berner Kantonalbank sieht noch weitere Gründe für die Erfolgswelle der Nebenwerte: «Die von der Frankenstärke verursachten Probleme haben sich etwas relativiert. Zudem hat sich das europäische Umfeld wieder etwas aufgehellt.» Gewinne, die ausländische Investoren bei den Blue Chips mitgenommen hätten, seien nun in die Nebenwerte geflossen.
Auffallend ist, dass sich unter den besten drei Fonds ausschliesslich Anlageprodukte von Nischenanbietern befinden, die sich als ausgesprochene Langfristanleger sehen. «In einzelnen Titeln sind wir bereits seit zehn Jahren ohne Unterbruch investiert», sagt Plüss. Possa von SaraSelect und Murer vom Reichmuth-Pilatus-Fonds halten einzelne Aktien seit über fünfzehn Jahren. «Wir investieren in gut geführte Unternehmen, die eine ausgezeichnete Wettbewerbsposition haben, gute Produkte herstellen und für die Zukunft passend aufgestellt sind», sagt Murer.
Kaufkandidaten der Profis
Trotz deutlich gestiegener Kurse sehen die Fondsmanager weiterhin Aktien, die Anleger jetzt noch kaufen können. «Investoren sollten sich überlegen, welche Gesellschaften in der Lage sind, einen Sturm zu überleben, und nicht bereits heute auf dem Zahnfleisch laufen», sagt Possa. Er setzt deshalb auf Aktien wie den Bauchemiehersteller Sika (SIK 4617 -0.11%) und den IT-Grosshändler Also (ALSN 74.7 -0.07%). Für Sika spricht, dass das Unternehmen in den vergangenen Quartalen an Qualität und Innovation hinzugewonnen hat und davon in Zukunft profitiert. Bei Also läuft im nächsten Sommer die Wandelanleihe aus. Dies wird den Streubesitz deutlich steigern und zudem Also in einen liquideren Mid-Cap-Titel transformieren.
Mehrfach genannte Tipps sind der Uhrenhersteller Swatch Group (UHR 268 0.37%) und der Verpackungsspezialist Bobst. Die Digitalisierung in der ganzen Verpackungswertschöpfungskette könnte für Bobst (BOBNN 52.75 -0.47%) ein Umsatztreiber werden, bei Swatch Group wird die solide Bilanz und die zu negative Stimmung angeführt.
BEKB-Fondsmanager Plüss zeigt sich im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern zurückhaltender: «Wir bleiben vorsichtig, da die gestiegene Bewertung nicht von der Gewinnentwicklung gestützt wird.» Er sieht Kurschancen beim Industrietitel Dätwyler (DAE 140 -0.57%) und für mutigere Investoren den Backwarenspezialisten Aryzta (ARYN 37.06 -1.25%).
Murer hält an den Lagerlogistiktiteln Interroll und Kardex fest. Auf attraktiven Bewertungsniveaus sieht er die Industriekonzern OC Oerlikon (OERL 9.54 -0.52%) und Bucher (BUCN 247.1 -0.48%). Als interessanten Turnaround-Kandidaten bezeichnet Murer den Heizkörperhersteller Zehnder (ZEH 36.95 2.35%) Group, die er als Profiteur einer anziehenden Konjunktur in Europa sieht. Wie Swatch Group ist aber auch Zehnder nur für Anleger mit viel Geduld geeignet.
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