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12:19 Uhr - 05.08.2016

Schweizer Banken verschmähen deutschen Markt

Trotz Wehklagen über fehlenden Marktzugang nutzt keine einzige Bank den erleichterten Marktzugang nach Deutschland.

Bereits seit über einem Jahr steht Schweizer Banken der erleichterte Marktzugang nach Deutschland offen. Aber keine einzige Bank hat sich diesen Zugang bisher gesichert. Die eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma bestätigt auf Anfrage: «Bislang ist kein konkreter Antrag gestellt worden.» Bei der deutschen Finanzaufsicht Bafin heisst es, die vereinfachte Freistellung sei bisher nur von «untergeordneter» Bedeutung gewesen.

Wie gross war 2012 doch der Aufschrei, als das Abgeltungssteuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland durchfiel. Und wie gross waren die politischen Anstrengungen danach, um den Banken den Zutritt zum deutschen Markt zu vereinfachen. Im Juli 2015 war es so weit. Seither steht die «vereinfachte Freistellung» für die grenzüberschreitende Beratung deutscher Kunden offen. Banken müssen also nicht mehr eine Niederlassung in Deutschland eröffnen oder mit einer lokalen Bank zusammenarbeiten.

Euphorie verflogen

Der Jubel war von kurzer Dauer. Banken haben festgestellt, dass die «vereinfachte  Freistellung» gar nicht so einfach ist, wie Marc Raggenbass, Partner Finanzdienstleistungen beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte, sagt: «Banken haben realisiert, dass die Anforderungen aus Deutschland anspruchsvoll sind. Das führt bankintern zur Frage, ob sich das überhaupt lohnt.»

Das Verfahren ist aufwendig. Banken brauchen von der Finma eine Aufsichtsbescheinigung. Und dann müssen sie beweisen, dass sie deutsches Recht einhalten, insbesondere Verbraucherschutz- und Geldwäschereibestimmungen. Damit wird indirekt auch Recht der EU angewendet, wie Raggenbass sagt. Gleichzeitig wird im Schweizer Parlament gerade das Finanzdienstleistungsgesetz diskutiert, das eine gleichwertige Regulierung beim Konsumentenschutz beinhaltet. Das wäre für Banken sicher ein einfacherer Weg als die für die vereinfachte Freistellung nötigen jährlichen Prüfberichte über die Einhaltung deutscher Gesetze.

Konkurrenzvorteil

Gut möglich, spielt noch etwas anderes mit. Schliesslich blüht einigen Schweizer Banken noch eine Busse im Zusammenhang mit Verfahren einzelner deutscher Staatsanwaltschaften punkto Steuerhinterziehung. Davon betroffene Banken werden sicher erst eine Einigung erzielen wollen, bevor sie an die Bafin gelangen.

Raggenbass glaubt, der einfachere Marktzutritt wäre ein Trumpf: Die vereinfachte Freistellung «kann für eine Bank ein Konkurrenzvorteil sein», sagt er. Denn sie vereinfacht die Beziehung zur deutschen Klientel, und das könnte einige dazu bewegen, ihr Vermögen bei der unkomplizierteren Bank zu buchen. Angesichts der lauten Wehklagen der Banken über fehlenden Marktzugang ist es jedenfalls erstaunlich, dass der leichtere Weg zum deutschen Markt ungenutzt bleibt.

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