Die Bemühungen des Ölkartells Opec fruchten. Doch selbst wenn die Förderdisziplin weiter hoch bleibt, ist das gegenwärtige Preisniveau kaum stabil.
Plötzlich ging es schnell: In den letzten vier Wochen stieg der Ölpreis 12%. Ein Fass der Nordseesorte Brent (Brent 60.863 0.39%) kostete vergangenen Freitag erstmals seit Mitte 2015 mehr als 60 $ und verteuerte sich zwischenzeitlich auf 61.50 $.
Mittlerweile ist die Notierung zwar wieder etwas gesunken, aber ist damit die Zeit des sehr tiefen Ölpreises endgültig vorbei?
Die Bemühungen der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) scheinen endlich zu fruchten. Die seit Anfang Jahr geltenden Förderkürzungen haben dazu geführt, dass der Bestand weltweit sinkt. Das Ziel, die Öllager auf den Fünfjahresdurchschnitt zurückzuführen, ist näher gerückt: Jan Edelmann, Ölexperte der HSH Nordbank, schätzt, dass 70% der Reduktion gelungen sind. Im Schnitt hat die Opec ihre Produktion seit Januar um 1,7 Mio. Fass pro Tag verringert.
Demonstrativer Wille zur Kooperation
Zudem stehen die Chancen gut, dass die Vereinbarung über den März 2018 hinaus weitergeführt wird. Die Vertreter der Länder, die sich zu Quoten verpflichtet haben, lassen keine Möglichkeit aus, ihren Willen zur Kooperation und Einigkeit zu demonstrieren. Selbst der russische Energieminister Alexander Nowak sagte nach einem Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman am Mittwoch, Russland sei bereit, die Massnahme aufrechtzuerhalten, wenn die Opec das als notwendig erachte.
Saudi-Arabien, der grösste Opec-Produzent, hatte bereits vergangene Woche positive Signale gesendet. «Wir werden alles tun, um den Ölpreis zu stabilisieren», betonte Kronprinz Salman gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Saudi-Arabien und die Opec könnten ihre Macht zurückgewinnen, nun, da sich der Markt wieder dem Gleichgewicht nähere.
Tatsächlich ist es der Opec mit unerwartet hoher Förderdisziplin gelungen, ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. Doch eine Machtverschiebung zugunsten des Ölkartells ist derzeit weit entfernt. Vielmehr ist die Verlängerung der Produktionskürzung erforderlich, damit sich Rohöl nicht wieder auf das Tief vom Sommer dieses Jahres verbilligt. Ölexperte Edelmann geht davon aus, dass die Förderer mit der Drosselung nur einen erneuten Preisverfall verhindern können.
Preisniveau ist nicht stabil
Denn bei einer Rückkehr zum Machtspiel und zu den Marktanteilstrategien der Vorjahre würde das Fördervolumen markant steigen. Gemäss HSH Nordbank könnten die Opec und Russland kommendes Jahr täglich 46,3 Mio. Fass Rohöl aus dem Boden pumpen. Das sind rund 2 Mio. Fass mehr als im Oktober, dies würde die Nachfrage deutlich übertreffen.
Selbst das gegenwärtige Preisniveau ist keineswegs so stabil, wie es das Kartell gerne hätte. Denn in den vergangenen Wochen wurden die Bemühungen der Opec entscheidend durch geopolitische Risiken und die US-Ölindustrie gestützt. So schlug sich einerseits der schwelende Konflikt zwischen den Kurden im Nordirak und der kurdischen Regierung in Bagdad auch im Ölmarkt nieder. Lieferunterbrüche im betroffenen Gebiet führten gemäss Commerzbank (CBK 11.785 -1.75%) zu einem Rückgang der irakischen Produktion um 0,12 Mio. Fass pro Tag.
Zurückhaltende Schieferölförderer
Andererseits hatten viele US-Schieferölförderer angesichts des sehr tiefen Preises im vergangenen Sommer ihre Bohraktivität nicht weiter ausgebaut. Im dritten Quartal ist die Zahl der Rigs erstmals seit Anfang 2016 mehrere Wochen hintereinander zurückgegangen. Das wirkt sich jetzt – mit einiger Verspätung – auf das Fördervolumen aus.
Einige Analysten wie Nitesh Shah vom ETF-Anbieter ETF-Securities betonen, dass bei einem Fasspreis von mehr als 50 $ für US-Leichtöl WTI (WTI 54.62 0.04%) die Förderung in den USA wieder profitabler wird. Sie gehen deshalb davon aus, dass die US-Produktion noch in diesem Jahr über 9,6 Mio. Fass pro Tag und damit auf ein neues Allzeithoch steigen wird. Damit dürfte die jüngste Rally übertrieben gewesen sein. Das Risiko eines weiteren Preisverfalls unter 50 $ je Fass für Brent ist dank der Opec-Massnahme aber deutlich gesunken.
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