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13:31 Uhr - 17.05.2016

«Manager können nicht mit Geld umgehen»

Peter Frech und Livio Arpagaus, Manager des Quantex Global Value Fund, setzen auf amerikanische und südeuropäische Finanztitel und meiden Öl- und Bergbauwerte.

Herr Frech, Herr Arpagaus, wo finden Sie noch günstige Aktien?
Frech: Zurzeit werden wir vor allem im Finanzsektor fündig. Banken und Fondsverwalter, die unter Abflüssen und unter der Konkurrenz durch Indexfonds leiden, werden von den Anlegern abgestraft. Im Technologiesektor finden wir Hardwarefirmen, die ausser Mode sind, aber üppigen freien Cashflow erzielen.

Arpagaus: Ende 2015 haben wir zudem begonnen, in US-Detailhändler wie Hibbett Sports zu investieren. Anfang Jahr eröffneten sich weitere Kaufgelegenheiten, beispielsweise im US-Biotech-Sektor.

Worauf schauen Sie bei der Aktienauswahl?
Frech: Unser Fokus liegt auf drei Kennzahlen: dem freien Cashflow relativ zum Unternehmenswert, dem Unternehmenswert relativ zum Gewinn vor Zinsen und Steuern – Ebit – und schliesslich dem Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit.

Peter Frech (links) und Livio Arpagaus suchen weltweit nach unterbewerteten Aktien. Ein wichtiges Auswahlkriterium ist der Cashflow relativ zum Unternehmenswert. Bild: ZVG, Andreas Soldan/Lithopool-Basel

Sie gehen also rein mechanisch vor?
Frech: Im ersten Schritt schon. Wir sortieren das Aktienuniversum gemäss den erwähnten Kriterien und konzentrieren uns dann auf die besten 10% der Unternehmen. Dann folgt die Qualitätskontrolle. Sind die Zahlen plausibel? Verzerren Sondereffekte das Bild? Danach analysieren wir das Geschäftsmodell.

Und wenn diese Hürden genommen sind?
Frech: Dann ermitteln wir den «fairen» Wert, indem wir den künftigen freien Cashflow schätzen und mit einem konservativen Zins von 10% abdiskontieren. Eine Aktie ist für uns interessant, wenn sie mindestens 30% unter diesem Wert handelt.

zoomAchten Sie auch auf das Management?
Frech: Absolut. Es ist zentral, was das Management mit den liquiden Mitteln macht. Uns ist wichtig, dass die Unternehmen aktionärsfreundlich handeln und  regelmässig Mittel an die Kapitalgeber ausschütten. In einer Studie haben wir gezeigt, dass in den vergangenen fünfzehn Jahren diejenigen US- und Schweizer Unternehmen die beste Gesamtrendite abwarfen, die netto möglichst viel an ihre Aktionäre und Gläubiger zurückzahlten.

Aktienrückkäufe auf Pump gehören aber nicht dazu.
Frech: Nein, wir haben explizit den Cashflow aus Finanzierungstätigkeit berücksichtigt. Wer Schulden macht, um eigene Aktien zurückzukaufen, betreibt diesbezüglich ein Nullsummenspiel.

Belasten hohe Ausschüttungen nicht das künftige Wachstum?
Frech: Theoretisch schon – die Praxis zeigt jedoch ein anderes Bild. Manager können nicht mit Geld umgehen. Oftmals werden «überschüssige» Mittel in wertvernichtende Übernahmen oder zweitklassige Projekte investiert. Schüttet ein Unternehmen regelmässig Mittel an die Kapitalgeber aus, hat das einen disziplinierenden Effekt.

Arpagaus: Darum bevorzugen wir Firmen in wenig kapitalintensiven Sektoren. Sie haben in der Regel einen grösseren Spielraum, Mittel auszuschütten. Zudem achten wir darauf, ob das Management opportunistisch eigene Aktien kauft.

Was heisst das?
Arpagaus: Oft kaufen Unternehmen im dümmsten Zeitpunkt Aktien zurück – wenn die Kurse nahe am Höchst notieren. Kauft die Führung jedoch vermehrt eigene Aktien, nachdem der Kurs stark gefallen ist – und ist sie umgekehrt zurückhaltend, wenn der Kurs hoch ist –, zeigt das, dass das Unternehmen preisbewusst ist und im Sinne der Eigentümer handelt.

Wie vermeiden Sie Bewertungsfallen?
Frech: Wir tappen immer wieder in solche Fallen. Das gehört zum Value-Investieren. Aber es hilft, dass wir den freien Cashflow relativ zum Unternehmenswert betrachten – damit haben wir immer auch ein Auge auf die Nettoverschuldung. Ist sie nicht allzu hoch, hält sich das Konkursrisiko in Grenzen. Zudem fordern wir einen positiven freien Cashflow, damit die Gesellschaften selbstfinanziert sind.

Aber eine Garantie ist es nicht.
Frech: Leider nein. Ein Beispiel ist der US-Harddiskhersteller Seagate, dessen Umsatz und Gewinn zuletzt kollabiert sind. Gleichzeitig ist der freie Cashflow eingebrochen – er ist aber immer noch positiv. Ist das nun bloss eine temporäre Flaute im PC-Markt, oder werden Harddisks langsam obsolet? Das ist schwierig zu sagen.

Ein weiteres Hardwareunternehmen in Ihrem Fonds ist Apple (AAPL 93.88 3.71%).
Frech: Apple ist sehr attraktiv bewertet und verfügt über einen riesigen Netto-Cash-Bestand – auch nach Abzug einer möglichen US-Steuer von rund 35%, sollte das Cash repatriiert werden. Selbst wenn sich der freie Cashflow halbiert, wäre der Titel noch günstig. Der Markt rechnet mit einem gewaltigen Gewinnrückgang. Das gibt uns die nötige Sicherheitsmarge.

Sie setzen stark auf Finanzwerte, die von vielen Value-Managern gemieden werden.
Frech: Banken sind wie eine Blackbox, bei der man nie genau weiss, was drinsteckt. Im Boom häufen sie oftmals Risiken an, die erst im Abschwung ersichtlich werden. Deshalb investieren wir nie in Aktien einer Bank, die in einem Boom steckt. Wir greifen erst nach einer Krise zu, wenn die in den Bilanzen versteckten Leichen zum Vorschein gekommen sind – und es sich abzeichnet, ob die Bank überlebt. Dann lohnt sich der Einstieg. Aus diesem Grund reizen uns US-Banken und solche aus Italien, Spanien und Zypern.

Arpagaus: Und deshalb meiden wir Schweizer, skandinavische und kanadische Banken, die einen langen Kredit- oder Immobilienboom hinter sich haben.

Was halten Sie von Investmentbanken?
Frech: Generell bevorzugen wir klassische Kreditinstitute. Allerdings mögen wir Goldman Sachs (GS 155.38 0.03%), da es sich dabei eigentlich um einen verkappten Asset-Manager handelt und die Aktien günstig sind.

Arpagaus: Es ist zwischen Finanzdienstleistern und Banken zu unterscheiden. Zu Ersteren zählen Börsenbetreiber und Fondsverwalter – das sind wahre Cashflow-Maschinen. Sie sind weder kapitalintensiv, noch bergen sie Kreditrisiken.

Sind bei den Fondsverwaltern nicht die Margen enorm unter Druck?
Arpagaus: Deshalb sind sie ja so günstig. Alle sagen, aktives Investieren sei out, die Zukunft gehöre den passiven Indexfonds. Aber schaut man sich die Unternehmen genauer an, zeigt sich, dass sie auch dann noch günstig sind, wenn 30 oder 50% des Cashflows wegbrechen. Das ist eine üppige Sicherheitsmarge.

Frech: Sowohl bei den Banken als auch bei den Fondsverwaltern sind die Erwartungen äusserst gering. Es ist nicht zwingend so, dass uns ihre Geschäftsmodelle immer überzeugen, aber ihre Aktienkurse spiegeln schon viele negative Nachrichten.

Rohstoffwerte sind ebenfalls unbeliebt.
Frech: Energiekonzerne generieren aber nach wie vor keinen freien Cashflow – selbst bei einem Ölpreis von 100 $ gelang es dem Gros der Energiekonzerne nicht. Sie investierten den Mittelfluss umgehend in neue Projekte. Der aktuell niedrige Ölpreis hat die Lage noch verschärft. Zwar kürzen die Ölmultis ihre Investitionen, beschneiden damit aber ihre künftige Produktion. Firmen wie Shell und BP müssen sich gar zusätzlich verschulden, um eine Dividende ausschütten zu können. Deshalb sind sie für uns uninteressant.

Schweizer Werte sucht man in Ihrem Fonds vergebens.
Frech: Ja, hiesige Titel fehlen seit geraumer Zeit. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie schlecht sind. Wir finden in anderen Regionen einfach attraktivere Aktien.

Arpagaus: Fallen Novartis (NOVN 73.9 0.82%) allerdings noch weiter, könnten sie schon bald auf unserem Radar auftauchen.

Japanische Aktien sind ebenfalls nicht vertreten. Weshalb?
Frech: Das Problem mit japanischen Unternehmen ist, dass sie kaum freie Mittel an ihre Anteilseigner ausschütten. Liquide Mittel werden oftmals gehortet oder für Übernahmen verwendet.

Arpagaus: Zudem stören uns die unternehmerischen Verflechtungen. Japanische Firmen sind oftmals eng mit Abnehmern, Zulieferern und Banken verbandelt, sodass die Interessen der Kleinanleger oft zu kurz kommen.

Sie investieren auch in Schwellenländer.
Frech: Genau, in Polen halten wir unter anderem Aktien der Warsaw Stock Exchange, des Betreibers der polnischen Börse. Dank eher geringen Fixkosten und niedrigem Kapitalbedarf erzielt die Warsaw Stock Exchange relativ konstanten freien Cashflow, der praktisch vollumfänglich als Dividende ausgeschüttet wird.

Wo sehen Sie aktuell die grössten Chancen?
Frech: Südeuropäische Banken bieten das grösste Kurspotenzial. Überleben UniCredit (UCG 2.87 -1.44%) oder Bank of Cyprus, notieren ihre Kurse in einigen Jahren massiv höher.

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