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14:11 Uhr - 09.07.2021

Banken müssen sich hinterfragen

Die FuW-Fintech-Konferenz lieferte spannende Einblicke, wie Finanzinstitute auf die neuen Konkurrenten reagieren können.

Banken und Versicherungen sind dabei, sich zu öffnen – auch in der Schweiz. Traten die traditionellen Player des Finanzplatzes früher vor allem auf eigene Faust mit den eigenen Produkten an die Kunden heran, geht der Trend heute in Richtung Plattformen mit einer Fülle von Angeboten verschiedenster Gesellschaften.

Zudem sind längst branchenfremde Unternehmen aus der Technologie- und Konsumindustrie in den Bereich der Finanzdienstleistungen vorgedrungen und betten diese in ihre Kundenprozesse mit ein. Die FuW-Konferenz «FinTech 2021 – The Future of Embedded Finance», die am Dienstag im Gottlieb-Duttweiler-Institut in Rüschlikon stattfand, gab hier spannende Einblicke.

«Die grossen US-Techunternehmen können ein besseres Kundenerlebnis bieten», sagte Cyrosch Kalateh, Managing Director beim schwedischen Fintech-Unternehmen Tink an seinem Vortrag. Tink ist eine Anwendung, die die verschiedenen Bankkonten eines Nutzers miteinander verbindet und zahlreiche Funktionen bietet. Die Gesellschaft wurde Ende Juni von Visa (V 236.61 -1.41%) für 1,8 Mrd. € übernommen. Die angesprochenen Techunternehmen bieten längst selbst Bankdienstleistungen an. Der Onlinehandelsriese Amazon (AMZN 3'731.41 +0.94%) vergibt Kredite, Google und Apple (AAPL 143.24 -0.92%) sind in den Zahlungsverkehr eingestiegen.

Belebung des Geschäfts

Wie sollen Banken darauf reagieren? Ebenfalls mit Öffnung und neuartigen Angeboten, meint Kalateh. So bietet beispielsweise die grosse schwedische Hypothekarbank SBAB eine App, in der der Kunde seine Hypothek bzw. Bank «challengen» und mit anderen Anbietern vergleichen kann.

Ein weiteres Beispiel ist die Open-Banking-Plattform Teo, über die sich die deutschen Sparda-Banken zusammengeschlossen haben, wie Stefan Bisterfeld, Geschäftsführer von Comeco, Entwickler von Teo erzählte. Partner können sich an die Plattform andocken und den Kunden hier Anwendungen wie Vertrags- und Versicherungsmanagement oder ein Gutschein- oder ein Sonderangebotsshop anbieten.

Eine interessante Form der Kooperation haben auch der Versicherer Baloise (BALN 144.90 +1.33%) und das Basler Start-up MyCamper lanciert. Letzteres, so erläuterte Mitgründerin Mirjam Affolter, bietet eine Plattform, über die Mieter und Vermieter privater Wohnwagen und -mobile zueinander finden. Baloise, vertreten durch Corsin Sulser, Manager von neuen Geschäften des Versicherers, entwickelte für die Plattform eine neue Versicherung, die sich für die Beteiligten einfach und ohne Reibungsverluste in das MyCamper-Angebot einfügt. Für eine traditionsreiche Institution wie Baloise sei das durchaus eine Herausforderung gewesen, so Sulser. Das habe aber auch für Belebung gesorgt, weil das Geschäft anders gedacht werden musste.

Neue Wege gehen

Der Versicherer Helvetia (HELN 100.40 +1.83%) holt sich eine ähnliche Frischzellenkur, indem er im Jahr rund 600 Start-ups prüft und in knapp 20 davon investiert, wie Martin Tschopp, Chief Customer Officer bei Helvetia, sagte. Eines davon ist die Plattform Moneypark, die Helvetia mehrheitlich übernommen hat. Diese stellt den Nutzern Hypotheken verschiedenster Anbieter zur Verfügung kombiniert mit Beratung. So erschliesst sich der Versicherer neue Kanäle und Geschäfte.

Die Hypothekarbank Lenzburg (HBLN 4'280.00 0%), vertreten durch CEO Marianne Wildi, kann zwar eine solche Menge an Start-ups nicht prüfen. Die Bank stellt aber ihre selbst entwickelte Software denjenigen Start-ups zur Verfügung, die sich eine eigene Banklizenz nicht leisten können, beispielsweise der Banking-App Neon. Banken müssen im Geschäft neue Wege gehen, sagt Wildi. «Jede muss ihre Daseinsberechtigung genau hinterfragen.»

Gewinner ausgezeichnet

Am Dienstagabend nach der Konferenz wurden im Beisein des Ehrengasts Bertrand (BDT 71.40 -13.77%) Piccard dann zum sechsten Mal die Swiss FinTech Awards verliehen. In der Kategorie Early Stage, für Fintech-Unternehmen, deren Produkte sich noch in der Entwicklung befinden, setzt sich FQX gegen DeepJudge durch. Dieser Preis ist mit 24’000 Fr. dotiert. In der Kategorie Growth Stage, für Gesellschaften, die bereits auf Wachstumskurs am Markt agieren, gewinnt Yokoy vor PriceHubble.

In einer dritten Kategorie wurde der Fintech Influencer of the Year ausgezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Person oder Organisation, die die Fintech-Szene im vergangenen Jahr positiv geprägt hat. Für ihr vielfältiges Engagement wurde Cornelia Stengel geehrt. Die Anwältin der Kanzlei Kellerhals Carrard ist zudem Co-Direktorin des Verbands Swiss FinTech Innovations. (Lesen Sie hier mehr zu den Gewinnern.)

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