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09:17 Uhr - 01.02.2016

Die Männer der «Diva»

Die Zurich-Chefs der letzten 20 Jahre und ihre Handschrift.

Die Zurich-Aktien stehen auf nur halbem Wert ihres Höchst, wenn der zwanzig­jährige Zeitraum ab 1995 betrachtet wird. Die «Zürich»-Versicherung mit Gründungsjahr 1872 galt schon als «Diva» der Assekuranz und als sichere Festung, als in den Neunzigerjahren Rolf Hüppi als Unternehmenschef (und ab 1995 zugleich VR-Präsident) den Konzern hebelte. 1998 drückte er mit dem Kauf des Finanzteils der britischen BAT eine Konzernverdoppelung durch. Gewichtige Geschäftsteile in Grossbritannien und Nordamerika kamen hinzu – die Aktien haussierten.

Rolf Hüppi 

Der gewagte Sprung verursachte bald Folgeprobleme. 2001 und 2002 musste der Konzern mehrfach das Gewinnziel kappen. Hüppi leitete noch Korrekturen ein: die Abspaltung des Rückversicherungsbereichs (Converium, später mit Scor (SCR 32.27 0.45%) fusioniert) und den Verkauf des Vermögensverwaltungsgeschäfts Scudder an die Deutsche Bank (DBK 16.335 -0.4%). Mitte 2002 wurde sein etappenweiser Rücktritt dennoch unausweichlich.

James Schiro 

Die Sanierung wurde James Schiro übertragen, der zuvor globaler Chef des Beraters PwC war. Er tat, was er tun musste: ordnen, Kapital beschaffen, Unnötiges wegschneiden oder verkaufen und die vielen gesunden Teile mit bewährten Rezepten weiterführen. Ende 2009 – die Aktien waren wieder gesucht – übergab Schiro das Zepter an Martin Senn, der nach einer Karriere in der UBS (UBSG 16.82 -0.06%) (bzw. Bankverein) erst als Investmentchef von Swiss Life (SLHN 261.6 0.77%) und ab 2006 in gleicher Funktion für Zurich aktiv war.

Martin Senn

Unter Martin Senn hat der Konzern mehrere strategische Transaktionen in Schwellenländern realisiert – 2010 in Indonesien und 2011 in Malaysia. Bedeutsam ist die im gleichen Jahr für 1,7 Mrd. $ geschlossene Teilakquisition der lateinamerikanischen Santander-Versicherung.

Trotz niedriger Anlagerenditen und des intensiveren Preiswettbewerbs der Schadenversicherung fiel das Ergebnis der Jahre 2010 bis 2014 stabil hoch aus. Senn beschloss 2014, wenig rentable Geschäftsteile abzustossen, wenn sie sich nicht zeitnah sanieren liessen. Aufgegeben wurde etwa das Retailgeschäft in Russland.

Im zurückliegenden Jahr haben zuerst eine Häufung von Grossschäden und dann Rückstellungen unter anderem
für das US-Autoversicherungsgeschäft belastet. Der Neunmonatsüberschuss schrumpfte fast 30%. Die sich weiter ­akzentuierende Ertragserosion und das Floppen des Plans zur Übernahme der britischen RSA Insurance entzogen ihm zunehmend die Basis für weiteres Wirken. Im Dezember trat Senn zurück.

Mario Greco 

Mit Mario Greco steht ab Mai der Mann an der Zurich-Spitze, der von 2008 bis 2012 in kurzer Folge beide Versicherungssparten des Konzerns geleitet hatte: zuerst das Lebengeschäft, anschliessend die nach Gewinnbeiträgen lange dominierende Schadenversicherung. In jenen Zeiten wirkte er an öffentlichen Auftritten oft wie ein Getriebener – und auch wie ein Treibender. In den Aussagen kurz und konzis, in der Körpersprache angestrengt, nervös. Manchmal verströmte der Manager gar den Eindruck, vor lauter Ungeduld und ganz zappelig kaum mehr auf seinen Auftritt warten zu können.

Spannungsgeladen dürfte der 56-jährige Assekuranzspezialist heute schon auf seine künftige Aufgabe hinarbeiten. Wenn er im Mai das Kommando übernimmt, wird seine Kurssetzung für den Zurich-Konzern bereits mit dem Verwaltungsrat abgestimmt sein.

Nach dem Wechsel an die Spitze des italienischen Versicherers Generali (G 13.79 2.99%) hat er durch die Veräusserung von Nebenaktivitäten – so der Schweizer Bank BSI – rasch rund 4 Mrd. € gelöst.

Die Mittel steckte er in die Vollübernahme lukrativer zentraleuropäischer Versicherungsunternehmen. Die operative Rendite der Gruppe verbesserte sich seit 2011 von 9,6 auf 13,2%. Dennoch bezieht Generali noch immer 75% der Prämien der Lebenversicherung und knapp 60% der Einnahmen der kleineren Schadensparte aus den Hauptländern Italien, Deutschland und Frankreich.

Die Neupositionierung des italienischen Versicherers ist nicht abgeschlossen. Die Investoren sind vorsichtig geblieben. Die Generali-Aktien haben sich seit Grecos Ernennung 2012 unter dem Branchenschnitt entwickelt. Sie fielen nach der Meldung des CEO-Abgangs deutlich zurück. Die eigentliche Bewährung steht dem Assekuranzkonzern – unter einer neuen, noch zu bestimmenden Führung – erst bevor.

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