Die Lockerung der Coronamassnahmen gibt vor allem dem Dienstleistungssektor Auftrieb. Gleichzeitig schüren Versorgungsprobleme die Inflationsängste.
Die europäische Konjunktur brummt. Das stellen die vorläufig ermittelten Einkaufsmanagerindizes (Flash PMI) für den Monat Juli deutlich unter Beweis. Der Composite-Index für die Eurozone, der die Industrie- und Dienstleistungsunternehmen kombiniert, hat gegenüber dem Vormonat erneut zugelegt und notiert mit 60,6 inzwischen auf dem höchsten Wert seit über zwanzig Jahren.
Dieser Rekord ist dabei vor allem dem Servicesektor und Branchen wie dem Gastgewerbe und dem Tourismus zu verdanken, die von den schrittweisen Lockerungen der Coronarestriktionen und steigenden Impfraten profitieren. Mit einem Niveau von 60,4 markiert der Service-Index ein Fünfzehnjahreshoch.
Innerhalb der Währungsunion läuft es auf Länderebene vor allem in Deutschland rund: Der deutsche Composite-Index ist gegenüber dem Vormonat um 2,4 auf 62,5 gestiegen, was einem Rekord seit Beginn der Datenerhebung 1998 entspricht. Wie in der gesamten Eurozone gingen die Wachstumsimpulse hier ebenfalls vom Servicesektor aus, wo die Geschäfte aufgrund reduzierter Covid-19-Einschränkungen und steigender Nachfrage so gut liefen wie nie zuvor seit Beginn der Datenerhebung 1997.
In den am Freitag publizierten Flash PMI werden allerdings auch die Schattenseiten des Booms sichtbar: Wegen den weiterhin ungelösten Schwierigkeiten in den globalen Versorgungsketten haben sich die Lieferzeiten ein weiteres Mal erhöht. Gleichzeitig sind die Preise für Güter und Dienstleistungen mit der zweithöchsten Rate seit Umfragebeginn geklettert.
Das dürfte sich laut den Analysten von IHS Markit, die die Flash PMI erheben, in den kommenden Monaten in höheren Verbraucherpreisen niederschlagen. Die Sorgen vor einer nachhaltig steigenden Inflation haben die jüngsten Umfrageergebnisse also nicht zerstreut.
Hinzu kommt, dass mit der grösseren Verbreitung der Deltavariante bereits die nächste Verschlechterung des Marktumfelds befürchtet wird. Entsprechend haben sich die längerfristigen Geschäftsaussichten eingetrübt und sind auf den niedrigsten Stand seit Februar gefallen. Am deutlichsten sanken die Prognosen im französischen Servicesektor.
Dass die Situation fragil bleibt, unterstreichen die Ergebnisse aus Grossbritannien: Hier ist der Flash PMI gegenüber dem Vormonat deutlich auf 57,7 gesunken. Laut IHS Markit hätte hier vor allem die steigende Zahl an Virusinfektionen die Konsumnachfrage beeinträchtigt, während die Geschäftsaktivität auch unter einem Personalmangel gelitten habe.
Relativ erfreulich präsentiert sich die konjunkturelle Situation derweil in den USA. Gegenüber dem Vormonat ist der Composite-Index zwar um 4 Punkte gesunken, bewegt sich mit 59,7 aber weiterhin klar im Expansionsterrain.
Im Gegensatz zur Eurozone sind es in den Vereinigten Staaten allerdings hauptsächlich die Serviceunternehmen, die im Juli für den Rückgang des PMI verantwortlich waren. Viele Dienstleister gaben als Grund für die Wachstumsverlangsamung einen Mangel an Arbeitskräften an (vgl. Text oben). «Inflationsdruck und Engpässe bei Materiallieferungen und der Stellenbesetzung bleiben grosse Unsicherheitsquellen», gaben die Analysten von IHS Markit zu Protokoll.
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