Zurück zur Übersicht
13:02 Uhr - 23.05.2016

Bayer publiziert inoffizielles Angebot für Monsanto

Der deutsche Pharma- und (Agro-)Chemiekonzern will für die Übernahme 62 Mrd. $ aufwenden. Die Finanzierungsgespräche, unter anderem mit Credit Suisse, seien «fortgeschritten».

Bayer schafft Fakten. Vergangenen Donnerstag bestätigte das Management des deutschen Traditionskonzerns, an einer Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto (MON 101.52 0.96%) interessiert zu sein – an jener Gesellschaft, die Syngenta (SYNN 395.4 -0.15%) übernehmen wollte, jedoch mit ihrem Werben abblitzte.

Nun schiebt das Dax-Unternehmen aus Leverkusen auch noch den Inhalt des vertraulichen Angebots nach, das CEO Werner Baumann am 10. Mai an Monsanto-CEO Hugh Grant schickte. Die Veröffentlichung wird mit anhaltenden Marktspekulationen und Stakeholder-Anfragen begründet.

Stattlicher Preis

Die Offerte beläuft sich auf 122 $ pro Aktie in bar, was einer Gesamtbewertung von 62 Mrd. $ gleichkommt. Der Preis basiere auf der schriftlichen Offerte von Bayer an Monsanto vom 10. Mai.

Nachdem die Aktien Bayer in der vergangenen Woche 7% eingebüsst hatten, gaben sie bis Montagmittag weitere 3,2% nach.

Analystin Marietta Mimietz von Equinet schliesst gemäss Reuters nicht aus, dass das Angebot noch erhöht werde. Die durch den Deal entstehende Verschuldung könne Bayer zwar verkraften, sie schränke aber die weitere strategische Flexibilität des Konzerns ein. Zusammen mit den Imageproblemen des US-Konzerns sei dies der grösste Nachteil der Transaktion. Monsanto steht wegen aggressiver Geschäftspraktiken und seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik.

Die gebotenen 122 $ je Aktien entsprechen einer Prämie von 37% auf den Monsanto-Schlusskurs vom 9. Mai sowie einem Aufschlag von 36 und 33% auf den durchschnittlichen Aktienkurs der drei und sechs Monate davor.

Auf dieser Basis bietet Bayer den 15,8-fachen Ebitda (Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisation) von Monsanto, bezogen auf die zwölf Monate per Ende Februar 2016.

Finanzierung auf gutem Weg

Die insgesamt aufzubringenden 62 Mrd. $ – umgerechnet 56 Mrd. € – sind eine enorme Summe. Aufgrund fortgeschrittener Gespräche und der Unterstützung der finanzierenden Banken BofA Merrill Lynch und Credit Suisse (CSGN 13.52 -0.22%) ist Bayer-CEO Werner Baumann «sehr zuversichtlich, dass wir bereits vor Ankündigung einer Transaktion über die notwendigen Finanzierungszusagen verfügen werden», wie er im Schreiben an Monsanto-CEO Hugh Grant betont.

Geplant sei, die Transaktion durch eine Kombination aus Fremd- und Eigenkapital zu finanzieren, informieren die Leverkusener. Das Angebot stehe nicht unter Finanzierungsvorbehalt. Der Eigenkapitalanteil soll voraussichtlich rund 25% des zugrundeliegenden Unternehmenswerts abdecken, vornehmlich durch eine Bezugsrechtskapitalerhöhung.

Auf dieser Basis würden über die Ausgabe neuer Aktien rund 15 Mrd. € aufgenommen. Das entspricht gut einem Fünftel des aktuellen Börsenwerts von 71,6 Mrd. €.

Ausmass der Fremdfinanzierung noch offen

Wie viel Fremdmittel Bayer wird aufnehmen müssen, lässt sich heute noch nicht klar sagen. Während die Stärken der Bayer-Division Bayer CropScience klar im Pflanzenschutzbereich liegen, ist Monsanto im Saatgutgeschäft eine Macht. Deshalb ist gut vorstellbar, dass Bayer das Pflanzenschutzgeschäft von Monsanto abgeben wird.

Auch die Behörden könnten noch Einwände erheben, zum einen die Wettbewerbsbehörden, möglicherweise aber auch das amerikanische Committee on Foreign Investment (CFIUS). Dieses überprüft ausländische Übernahmen von US-Aktivitäten nach Sicherheitskriterien. Pflanzengentechnik wie die von Monsanto könnte unter diesem Gesichtspunkt ein Thema sein.

Denkbar ist zudem, dass der Leverkusener Traditionskonzern die Abnabelung seiner Kunststoff-Tochter Covestro beschleunigen wird. Covestro (Börsenwert knapp 7 Mrd. €) wurde 2015 an die Börse gebracht. Noch hält Bayer aber 69%. Wegen dieser Befürchtung gab der MDax-Wert Covestro bis Montagmittag weitere 3,4% nach.

Hoher Cashflow erleichtert Schuldenabbau

Bayer wird aber auf jeden Fall viel Fremdkapital aufnehmen müssen. Die Last wird erheblich sein, zumal sowohl Bayer als auch Monansto bereits eine zwar unkritische, aber doch spürbare Nettoverschuldung aufweisen. Die von Bayer belief sich per Ende Dezember auf 17,4 Mrd. €; das entspricht dem 1,7-fachen Ebitda (10,3 Mrd. €). Bei Monsanto waren es zum Ende des Geschäftsjahrs per 31. August 5,3 Mrd. $, was dem 1,8-fachen Ebitda (2,9 Mrd. $) gleichkommt.

Nichtsdestotrotz verströmt Bayer Zuversicht. Der hohe Cashflow des zusammengeführten Geschäfts und die bewährte Entschuldungsdisziplin erlaube wie bei vergangenen Grossübernahmen eine zügige Rückführung von Verbindlichkeiten.

Die Beispiele Aventis CropScience, Schering und Merck (MRK 55.11 0.97%) Consumer Care belegen das. Sowohl Bayer als auch Monsanto sind in der Lage, ansehnliche freie Cashflows zu generieren, um die Verschuldung zu senken. Bayer erreichte im vergangenen Geschäftsjahr gut 4,1 Mrd. €, Monsanto umgerechnet 1,9 Mrd. €. Das sind 9 respektive 14% des jeweiligen Umsatzes.

Bayer strebt nach Vollzug der Übernahme ein Investment-Grade-Rating an. Langfristig ist ein «A»-Rating das Ziel.

Führungsposition im Agrogeschäft

zoomDurch die Übernahme von Monsanto würde Bayer zum weltweit grössten Pflanzenschutz- und Saatgutanbieter aufsteigen, noch vor dem geplanten Verbund aus Dow Chemical (DOW 51.36 1.16%) und DuPont (vgl. Grafik). Die beiden Jahresumsätze addieren sich auf knapp 24 Mrd. € (Bayer CropScience: 10,4 Mrd. € per 31. Dezember, Monsanto: 15 Mrd. $ per 31. August).

Die Bislang grösste Konzerndivision, Bayer HealthCare (Pharma und rezeptfreie Mittel), setzte 2015 knapp 23 Mrd. € um, was rund der Hälfte des Gruppenumsatzes entspricht. Bayer CropScience kam auf besagte 10,4 Mrd. €, Covestro auf 12,0 Mrd. €.

Die Aktivitäten der beiden Häuser würden sich gut ergänzen. Führende Plattformen in den Bereichen Saatgut und Pflanzeneigenschaften, Pflanzenschutz, Biologika und digitale Landwirtschaft würden zusammengeführt, heisst es im Schreiben von Bayer.  Da wie dort sind die Aktivitäten mit einer guten Forschungspipeline untermauert. Auch unter geografischen Gesichtspunkten verspricht sich Bayer Vorteile.

Synergien von 1,5 Mrd. $ – zunächst

Monsanto passe strategisch gut zu Bayer, bestätigt gemäss Reuters auch die DZ Bank. Der Dax-Konzern ergreife eine einmalige Chance. Allerdings müsse im Fall einer Übernahme unter anderem eine Lösung gefunden werden für das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein.

Der Zusammenschluss soll bereits im ersten vollen Jahr nach dem Abschluss der Transaktion für die Bayer-Aktionäre einen positiven Beitrag zum bereinigten Gewinn je Aktie im mittleren einstelligen Prozentbereich leisten und im zweistelligen Prozentbereich danach, schreibt der Konzern.

Zunächst werden jährliche Ergebnisbeiträge aus Synergien von insgesamt rund 1,5 Mrd. $ nach drei Jahren erwartet. In den Folgejahren sollen weitere positive Effekte durch das integrierte Produktangebot dazukommen.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.