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15:48 Uhr - 03.09.2014

EZB dürfte den Markt enttäuschen

EZB-Präsident Mario Draghi hat im Vorfeld der Zinssitzung am Donnerstag hohe Erwartungen geschürt. Für konkrete Massnahmen scheint es zu früh.

An der Pressekonferenz nach der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag wird Mario Draghi einmal mehr sein rhetorisches Talent unter Beweis stellen können.

Die Erwartungen der Finanzmärkte an den EZB-Präsidenten sind hoch und es gäbe genügend Gründe, in die geldpolitische Trickkiste zu greifen: Die Wirtschaftsflaute in der Eurozone schürt bereits Ängste vor einer erneuten Rezession und die Entwicklung der Teuerung verschärft die Deflationssorgen. Dennoch dürfte die EZB im September höchstens kosmetische Massnahmen beschliessen und etwa die Leitzinsen leicht senken.

Draghi stellt die Weichen neu

Positive Wirtschaftsdaten aus der Eurozone sind derzeit Mangelware. Die zaghafte Erholung, die sich Anfang des Jahres noch abzeichnete, hat sich in Luft aufgelöst. Die Wirtschaft wuchs im ersten Quartal 0,2% verglichen zum Schlussquartal 2013, von April bis Juni stagnierte sie. Dem Euroraum droht erneut ein Abrutschen in die Rezession. Es wäre die dritte innerhalb von sechs Jahren – ein sogenannter Triple Dip. Das trübe Bild unterstreichen die finalen Einkaufsmanagerindizes zoomDie Weltkonjunktur hängt am Tropf der USADie Konjunkturaussichten in Europa und China verdüstern sich. Derweil klettert der Einkaufsmanagerindex der US-Industrie auf den höchsten Stand seit März 2011. Lesen Sie hier die Analyse von FuW-Redaktor Peter Rohner.(Purchase Manager Index, PMI): Sie wurden im August nach unten korrigiert. Die Analysten von Société Générale erwarten denn auch, dass die EZB ihre Wachstumsprognose für 2014 (+1%) und 2015 (+1,7%) deutlich drosseln wird.

Kopfzerbrechen dürfte den Währungshütern zudem die Preisentwicklung im Euroraum bereiten. Die August-Daten sind zum wiederholten Mal schwächer ausgefallen als erwartet: Noch 0,3% sind die Konsumentenpreise gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Der Zielwert von knapp unter 2%, bei dem die EZB die Preisstabilität als gewährleistet erachtet, liegt in weiter Ferne. Bislang sah sie dennoch keine Veranlassung, auf die disinflationären Tendenzen zu reagieren. «Die Inflationserwartungen sind fest verankert», betonte Draghi stets.

In seiner Rede in Jackson Hole hat der EZB-Präsident die Weichen allerdings neu gestellt, als er erklärte, die Inflationserwartungen seien im August leicht gefallen. Mit seinen Aussagen befeuerte er Spekulationen um die Lancierung eines Anleihenkaufprogramms (Quantitative Easing, QE). Die Renditen von Peripherieanleihen sind seither auf rekordtiefe Werte gesunken, während die globalen Aktienmärkte Kursgewinne verzeichnen. Der Euro ist am Dienstag bis auf 1.3113 $ gefallen und notierte damit so niedrig wie zuletzt im Juli 2013.

Doch die Finanzmärkte müssen sich auf eine Enttäuschung einstellen. Laut den Ökonomen von Société Générale und UniCredit wird die EZB im September keine neuen Massnahmen ergreifen. Die Analysten von Nomura halten ein QE seit der Rede in Jackson Hole zwar für wahrscheinlicher, doch setzten sie eher auf  2015. Eine Senkung des Refinanzierungssatzes erwartet eine Minderheit der von Bloomberg befragten Analysten.

Startschuss für TLTRO

Abwarten, dürfte Draghis Devise vorerst heissen. Mit Blick auf die Inflation könnte er auf die volatilen Energiepreise verweisen, die die Teuerung im August massgeblich beeinflusst haben.

Gegen weitere Massnahmen spricht zudem, dass Mitte September der Startschuss zum neu aufgelegten Langfristtender (TLTRO) fällt. Mit dem Programm soll  die Kreditvergabe der Banken angekurbelt werden und die EZB dürfte zuerst den Effekt dieser Massnahme abschätzen wollen. Inzwischen laufen die Vorbereitungen zum Aufkauf mit Unternehmenskrediten besicherter Wertschriften (Asset Backed Securities, ABS). Die Analysten von Société Générale erwarten, dass die EZB erst im Herbst ein ABS-Programm im Umfang von 100 Mrd. € lancieren wird.

Der Drift, den Draghi fürchtetDie Inflationserwartungen könnten aus dem Ruder laufen. Lesen Sie hier den Bericht von FuW-Ressortleiter Tommaso Manzin.zoom

Die Weltkonjunktur hängt am Tropf der USADie Konjunkturaussichten in Europa und China verdüstern sich. Derweil klettert der Einkaufsmanagerindex der US-Industrie auf den höchsten Stand seit März 2011. Lesen Sie hier die Analyse von FuW-Redaktor Peter Rohner.

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