Kühne + Nagel schlägt sich besser. Die Marktlage für die Frachtspediteure wird sich frühestens im Sommer entspannen.
Solche Wachstumsraten waren seit dem Beginn der Finanzkrise nicht mehr zu sehen. Das transportierte Warenvolumen in der Seefracht ist im ersten Quartal global 4% gewachsen, in der Luftfracht – die rascher auf eine steigende Nachfrage der Konsumenten reagiert – gar 6 bis 7%. Der Unterschied zum Vorjahresquartal ist frappant. In den ersten drei Monaten 2016 waren die Frachttonnagen noch geschrumpft.
Unterdessen hat sich weltweit betrachtet die Konsumentenstimmung spürbar verbessert, was sich in einem höheren Konsum niederschlägt. Gleichzeitig sind die Lager niedrig und müssen aufgestockt werden.
Den beiden Schweizer Transportlogistikern Panalpina (PWTN 129.8 7.01%) und Kühne + Nagel (KNIN 146 -0.27%) gelang es wie schon im Vorjahr, Marktanteile zu gewinnen. Panalpina erhöhte die Tonnage in der Seefracht 7% und in der Luftfracht 8%. Der deutlich grössere Konkurrent kam auf Wachstumsraten von 9 und 15,5%. Die Geschäftsfelder Pharma, verderbliche Güter und der Online-Handel (E-Commerce) expandierten besonders markant.
Raue See
Doch das Wachstum hatte seinen Preis. Das florierende Geschäft beanspruchte mehr Betriebskapital, sodass sich der freie Cashflow von Panalpina im Vergleich zum Vorjahresquartal von 45 auf 10 Mio. Fr. reduzierte. Kühne + Nagel wies gar zum ersten Mal seit vielen Quartalen einen negativen freien Cashflow (von 4 Mio. Fr.) aus. Die Nettoliquidität blieb indessen bei beiden Unternehmen sehr komfortabel (vgl. Zahlentabellen).
Hinzu kommt, dass sich das Ratengefüge innerhalb eines Jahres erheblich verändert hat. Besonders in der Seefracht ist der Margendruck gestiegen. Nachdem die Frachtraten in diesem Geschäft im Verlauf des zweiten Quartals einen historischen Tiefpunkt markiert hatten, zogen sie nach der Pleite der südkoreanischen Reederei Hanjing im Herbst deutlich an.
Kühne + Nagel und Panalpina mussten Frachtkapazität auf dem Spotmarkt teurer als geplant einkaufen, um Kundenaufträge auszuführen. Es gelang ihnen nicht, die höheren Preise binnen nützlicher Frist an die Kunden weiterzureichen.
Panalpina stärker unter Margendruck
Als Folge verdienten beide Unternehmen im Seefrachtgeschäft weniger. Panalpina schrieb gar einen Betriebsverlust auf Stufe Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von rund 3 Mio. Fr. Immerhin fiel er geringer aus als im Schlussquartal 2016 mit 5 Mio. Fr. Kühne + Nagel, globale Nummer eins in der Seefracht, verdiente immer noch gutes Geld. Doch gemessen am Rohertrag fiel der Ebit auf 27,6%; zuvor lag dieses in der Branche viel beachtete Verhältnis (genannt Konversionsmarge) während sieben Quartalen regelmässig über 30%.
In der Luftfracht sank der Ertrag je transportierte Einheit im knapp zweistelligen Prozentbereich binnen Jahresfrist. Die beiden Transportlogistikunternehmen konnten den Margendruck aber besser abfedern als in der Seefracht. Die Konversionsmarge glitt nur leicht zurück. Auch hier trennen Panalpina und Kühne + Nagel Welten (knapp 12 zu 30%).
Insgesamt schnitt Kühne + Nagel dank Grössenvorteilen und ausgewogenerem Produktportfolio klar besser ab. Wird der ausgewiesene Gewinn um einen ungünstigen Währungseffekt und einen Immobiliengewinn aus dem Vorjahr berichtigt, resultierte ein etwas höherer Gewinn als im Vorjahresquartal. Bei Panalpina hingegen spielte ein stark negativer Hebeleffekt: Der Betriebsgewinn schrumpfte ein Drittel.
Den Tiefpunkt überwunden
Schliesslich unterscheidet sich auch der Ausblick. Kühne + Nagel ist zuversichtlich, dass sich die Margen gegen Ende des zweiten Quartals zu stabilisieren beginnen. In den Monaten Mai und Juni würden neue Kundenverträge – zu höheren Preisen – ausgehandelt. Das Profitabilitätsziel des Konzerns von mehr als 5% Ebit-Marge steht nicht zur Diskussion. Panalpina hingegen rechnet mit einer «herausfordernden Marktdynamik» für das ganze Jahr.
Trotzdem stiegen die Panalpina-Aktien am Freitag zeitweise fast 7%. Offenbar setzen Investoren darauf, dass das Basler Unternehmen das Ärgste hinter sich hat und sich die Margen weiter erholen. Aber schon vor der Kurshausse am Freitag waren die Papiere mit Blick auf 2017 und 2018 hoch bewertet gewesen. Nunmehr beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 31 bzw. 25.
Risikofähige Anleger mögen die Turnaround-Story von Panalpina als spannend empfinden. Auf diesem Niveau ist ein Einstieg jedoch nicht mehr zu empfehlen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass der Aktienkurs der Entwicklung des Unternehmens – wie mehrmals in den vergangenen Jahren – zu weit vorausgeeilt ist.
Kühne + Nagel sind mit einem KGV von 23 bzw. 21 günstiger zu haben. Sie sprechen ein deutlich konservativeres Anlageprofil an. Die Dividendenrendite von 3,7% (Panalpina knapp 3%) ist überdurchschnittlich, das Niveau der Ausschüttung auch auf längere Sicht gesichert.
Die komplette Historie zu Panalpina finden Sie hier. »
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