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16:42 Uhr - 27.02.2015

Vincenz: «Von Barbezugsgebühren wären wir betroffen»

Falls die Nationalbank den Bezug von Bargeld tatsächlich mit Gebühren einschränken will, wird Raiffeisen mitziehen müssen. «In welcher Form, hängt jedoch von den Bedingungen der Nationalbank ab», schränkt CEO Pierin Vincenz ein.

Herr Vincenz, es ist die Rede davon, dass die Nationalbank den Bezug von Bargeld mit Gebühren oder anderen Massnahmen einschränken will. Wie wird Raiffeisen damit umgehen? Wird sie für den Bargeldbezug Gebühren verrechnen?
Wenn mit Blick auf die Negativzinsen vermehrt Bargeld einzig für die Lagerung im Tresor bezogen wird und die Nationalbank deshalb Massnahmen ergreift, werden wir davon selbstverständlich ebenfalls betroffen sein. In welcher Form, hängt jedoch von den Bedingungen der Nationalbank ab. Heute ist es so, dass die Raiffeisenbanken keine Negativzinsen verrechnen.

Wann wird das Thema aktuell? Ist das eine Frage von Tagen oder Wochen?
Es wird wohl eine Frage von Wochen sein. Es muss sich zeigen, ob die Barbezüge, die die Bankenwelt nun sieht, lediglich eine erste Welle darstellen oder ob sie nachhaltig sind. Letztlich hängt das vom Verhalten der grossen Geschäftsbanken ab.

Wie sonst ist Raiffeisen vom Negativzinsregime der Nationalbank betroffen? Welche Auswirkungen wird die Massnahme für den Hypo- und den Immobilienmarkt haben?
Viele Banken haben auf die Negativzinsen zuerst mit einer Senkung der Hypothekarzinsen reagiert – bis sie realisiert haben, dass sich die Absicherungskosten erhöhen. Wir haben das nicht gemacht. Die Negativzinsen haben tendenziell steigende Hypozinsen zur Folge. Ich glaube jedoch nicht, dass es deswegen zu einer grossen Korrektur am Immobilienmarkt kommt. Wegen der Diskussion über die Einwanderungsinitiative und des starken Frankens ist die Attraktivität der Schweiz eher gesunken. Dazu kommt, dass der Markt für Wohneigentum irgendwann gesättigt ist. Und schliesslich beginnen die Selbstregulierungsmassnahmen der Banken bezüglich Eigenmittelanforderung zu wirken. Das alles wird zu einer Verlangsamung des Wachstums führen. Auf der Kreditseite sind die Auswirkungen dieser jüngsten Massnahme beschränkt. Bezüglich Pensionskassen sieht es allerdings anders aus. Es wurde so etwas wie ein Anlagenotstand kreiert, und das wird zweifellos Auswirkungen haben.

Ihre Beteiligung Leonteq kann mit innovativen derivativen Produkten in diese Lücke springen.
Das ist richtig: Mit speziell für dieses Szenario entwickelten Produkten kann man viel erreichen.

Wo bestehen noch Lücken im Portfolio der Raiffeisen-Gruppe?
Wir sind heute breit aufgestellt. Nachholbedarf besteht in der Unternehmensfinanzierung. Hier bauen wir mit dem Raiffeisen-Unternehmerzentrum RUZ etwas Grosses auf, das dann mit der bestehenden Raiffeisen-Struktur verzahnt werden muss.

Zukaufen wollen Sie unter Privatbanken. In Zürich scheint noch eine Lücke zu bestehen. Würden Sie die Zürcher Privatbank Rahn & Bodmer erwerben, wären die Eigner verkaufswillig?
Ich kann mich nicht zu einzelnen Namen äussern und weiss auch nicht, ob Rahn & Bodmer zum Verkauf steht. Aber es ist richtig, dass wir im Private Banking weiter zulegen wollen. Nach der Übernahme der Basler Privatbank La Roche (ROG 256.7 -0.19%) werden wir mit Notenstein La Roche eine schöne und attraktive Plattform haben, die sich weiter ausbauen lässt.

Alles spricht von Fintech. Ist das ein Hype oder mehr? Und welche Strategie hat Raiffeisen hier?
Die Automatisierung in der Bankenwelt wird weitergehen. Das allein stellt jedoch noch keine Digitalisierung dar. Die Digitalisierung kommt dann zum Tragen, wenn die Schnittstelle zwischen Kunde und Bank wirklich das Mobile ist. Das erlaubt neue Dienstleistungen und eine neue Qualität der Dienstleistungen. Hier sehen wird durchaus einen Quantensprung, denn die Qualität und die Kapazität der Mobiles erlauben ganz andere Möglichkeiten. Welche Dienstleistungen letztlich erbracht werden, gilt es noch zu definieren. Das ist noch nicht abschliessend entschieden. Das ist die innovativ-technische Seite, das andere ist die Kultur im Unternehmen. Hier gibt es ebenfalls noch viel zu tun. Raiffeisen muss von einem Follower wenn nicht zu einem Leader werden, so doch in die Nähe der Führung kommen. Dass wir nach unserem grossen Wachstum sehr viele junge Leute beschäftigen, sollte in dieser Hinsicht hilfreich sein. Und wir haben mit 4 Mio. Kunden und 2 Mio. Genossenschaftern eine riesige Community, die wir nun auf dem digitalen Weg abholen müssen.

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