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07:52 Uhr - 07.04.2016

Aktien fallen aus der Gunst

Die von «Finanz und Wirtschaft» befragten Anlageexperten ziehen Unternehmensanleihen mit Anlagequalität den Aktien vor.

Das erste Quartal hatte es für Anleger in sich. Der Swiss Market Index verlor über 11% und legte damit das schlechteste Jahresviertel seit der Finanzkrise hin. Am anderen Ende der Performancerangliste glänzte Gold (Gold 1229.01 0.32%) mit dem besten Quartal seit dreissig Jahren.

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Umfrage 1. Quartal 2016:
» Vorsichtigere Anlageexperten
Wie soll sich ein Anleger in diesem anspruchsvollen Umfeld positionieren? Das wollte «Finanz und Wirtschaft» von zehn Schweizer Vermögensverwaltern wissen. Gefragt wurden die Experten nach ihrer taktischen Positionierung. Zum ersten Mal wurde die vierteljährliche Umfrage Anfang Januar publiziert. Die damalige Positionierung ist ebenfalls vermerkt (kleines Dreieck links im Feld).

Aktien verlieren Gefolgschaft

Der schlechte Jahresstart hat nicht nur Anleger, sondern auch die Experten verunsichert. So haben mit J. Safra Sarasin, UBS (UBSG 14.57 0.97%), Vontobel (VONN 41.55 1.71%) und der Zürcher Kantonalbank gleich vier Institute ihr Aktienübergewicht reduziert oder sogar ganz abgebaut. «Wir sehen für Aktien nur noch wenig Aufwärtspotenzial», begründet Jan Bopp von J. Safra Sarasin den Abbau. Für kräftigere Avancen fehle die wichtige Unterstützung durch sich verbessernde Fundamentaldaten. Auch Alan Zlatar von Vontobel verweist auf die durchwachsenen Gewinnaussichten, die gegen ein hohes Aktienexposure sprächen.

Anders sehen das die Spezialisten von Pictet und Julius Bär (BAER 39.36 0.74%), die Dividendenpapiere aufgestockt haben. Allerdings betrachtet Pictet die gegenwärtige Erholung eher als Gegenbewegung auf die vorhergehende Korrektur denn als Beginn einer nachhaltigen Hausse, was das Aufwärtspotenzial deckelt.

Unter dem Strich verbleiben nur drei Institute, die ein deutliches Aktienübergewicht fahren. Neben Pictet und Julius Bär ist das die Bank Reichmuth, die weiterhin das höchste Aktienexposure aller teilnehmenden Institute aufweist.

Zu grösseren Verschiebungen kam es auch innerhalb der Aktienquote. Die Begeisterung für Titel aus Europa und Japan, zu Beginn des Jahres noch die mit Abstand beliebtesten Börsenplätze, hat sich abgekühlt. So haben UBS, Vontobel und ZKB ihr Übergewicht in europäischen Valoren reduziert. Ebenfalls drei Institute – J. Safra Sarasin, Notenstein La Roche (ROG 241.9 2.59%) und Vontobel – haben ihre Positionierung an der Börse Tokio zurückgestutzt. Vontobel bleibt jedoch mit Verweis auf die sich verbessernde Corporate Governance wie Reichmuth übergewichtet.

Trotz des teilweisen Liebesentzugs bleibt Europa die bevorzugte Anlageregion, setzen doch immer noch sieben Institute auf den Alten Kontinent. Neu hinzugekommen ist die CS, die ihr Exposure von neutral auf stark übergewichtet angehoben hat. Als Begründung führt die Grossbank die weiter gelockerte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ins Feld, die der Wirtschaftsaktivität Auftrieb geben und das Gewinnwachstum weiter unterstützen sollte.

Weitere Argumente für Europa sind die vergleichsweise günstige Bewertung, der schwache Euro und die tiefen Finanzierungskosten.

Trotz vergleichsweise gutem Abschneiden der Schwellenländerbörsen haben nur gerade Julius Bär und Vontobel deren Quote angehoben. Übergewichtet ist weiterhin keines der teilnehmenden Institute. Aquila glaubt nicht an eine nachhaltige Wende zum Besseren in den Emerging Markets. Immerhin sieht Fabian Dori von Notenstein weiteres Aufholpotenzial, sollte der Auftrieb im Dollar nachlassen. Für Silvan Ebnöther von der ZKB sind die Schwellenländer Profiteur des Gesinnungswandels bei der US-Notenbank, die nach den Börsenturbulenzen zu Jahresbeginn einen gemächlicheren Zinserhöhungspfad eingeschlagen hat.

Begrenzte Heimatliebe

Weiterhin nicht in der Gunst der Experten stehen US-Aktien, die einzig von Julius Bär übergewichtet werden. Die CS hat ihr Untergewicht mit Verweis auf den verschärften Margendruck durch Lohnsteigerungen erhöht. Auch Reichmuth plant, US-Valoren weiter abzubauen.

Auf wenig Begeisterung stösst zudem  die Schweizer Börse. Nur Reichmuth fährt ein deutliches Übergewicht in heimischen Valoren mit Fokus auf Nebenwerte. «Schweizer Aktien sind tendenziell stolz bewertet», gibt ZKB-Experte Silvan Ebnöther zu bedenken.

Noch weniger Heimatliebe ist auf der Anleihenseite auszumachen. Sieben Institute fahren ein Untergewicht in Frankenobligationen. Daniel Knuchel von Julius Bär begründet dies mit dem asymmetrischem Risiko- und Ertragsprofil.

Ebenso einig sind sich die Vermögensverwalter bei der Vorliebe für Unternehmens- gegenüber Staatsanleihen. Die Renditen für Corporate Bonds mit Anlagequalität (Rating BBB und höher) seien zwar nicht berauschend, aber wenigstens nicht negativ, schreibt Pictet. Während die ZKB auf qualitativ hochwertige Titel setzt, zieht Julius Bär Papiere mit einem Rating am unteren Ende des Anlagequalitätsspektrums mit Verweis auf die attraktiven Kreditrisikoprämien vor.

Vier Umfrageteilnehmer setzen ferner auf Hochzinsanleihen. «Mit einem Risikoaufschlag von rund 7% zu US-Treasuries preisen Hochverzinsliche Ausfallraten ein, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht realisieren werden», begründet Jan Bopp von J. Safra Sarasin das starke Übergewicht. Auf Basis der erwarteten risikoadjustierten Rendite seien High Yield Bonds im Vergleich zu Aktien attraktiv.

Auf Hochverzinsliche in Euro setzt Daniel Kalt von der UBS. Das Anleihenkaufprogramm der EZB wirke unterstützend. Zudem «bieten Unternehmensanleihen wegen rückläufiger Spreads einen gewissen Schutz vor steigenden Zinsen».

Alternative Anlagen fristen trotz dem Upgrade von Vontobel weiterhin ein Mauerblümchendasein. Einzig J. Safra Sarasin fährt schon länger ein deutliches Übergewicht mit Fokus auf Long-Short-Strategien, die wenig mit anderen Anlageklassen korrelieren. Vontobel traut Gold wieder etwas mehr zu. Die ZKB und Notenstein haben schon im ersten Quartal auf dessen Vorzüge hingewiesen und bleiben bei ihrer Einschätzung, auch wenn Notenstein einschränkt, das Aufwärtspotenzial beim Gold sei nach der starken Avance kurzfristig ausgereizt.

Glossar und LesebeispielAusgangspunkt jeder Vermögensberatung ist das Abklären der Risikofähigkeit und der Renditeerwartung des Investors. Sie definieren die Höhe des optimalen Aktien- und Anleihenanteils. Banken unterscheiden in der Regel zwischen defensiven, ausgewogenen und aggressiven Anlagestrategien. Wie der Name schon suggeriert, halten sich die beiden Anlageklassen in einem ausgewogenen Mandat ungefähr die Waage.

Das typische Balanced-Mandat enthält je nach Bank 0 bis 5% liquide Mittel, 30 bis 40% Anleihen, 40 bis 50% Aktien und 10 bis 20% alternative Anlagen wie Hedge Funds oder Private Equity. Diese Vermögensaufteilung wird auch als strategische Allokation bezeichnet. Sie wird dem Namen entsprechend selten und meist nur marginal angepasst.

Hat der Kunde der Bank ein aktives Vermögensverwaltungsmandat erteilt, versucht sie, die Performance der strategischen Allokation durch gezielte Abweichungen zu übertreffen. Schätzt sie beispielsweise die Aussichten für Aktien für die nächsten Monate besser ein als für Anleihen, wird sie ein Übergewicht in Aktien und ein Untergewicht in Anleihen fahren. Diese Abweichungen werden als taktische Vermögensaufteilung bezeichnet.

Um diese taktischen Abweichungen geht es bei der Umfrage der FuW. Sie zeigt die Überzeugungen der Vermögensverwalter auf einen Blick, denn je stärker die Überzeugung, desto grösser die Abweichung. Je höher das Ertragspotenzial einer Anlageklasse eingeschätzt wird, desto grösser fällt auch das Übergewicht aus – und umgekehrt.

In der obigen Tabelle äussern sich die Überzeugungen in der Farbcodierung. Beträgt die strategische Quote für Aktien beispielsweise 45%, gewichtet der Vermögensverwalter Dividendenpapiere aber mit 50% oder mehr, resultiert in der Tabelle ein dunkelblaues Feld. Beträgt die Aktienquote indes 40% oder weniger, wird ein dunkelrotes Feld gezeigt. Ein hellblaues Feld zeigt ein Übergewicht zwischen 2,5 und 5% an, ein hellrotes ein ebenso grosses Untergewicht. Grau ist der Bereich dazwischen.

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