Die Stromnetzsparte soll in ein Gemeinschaftsunternehmen eingebracht und stufenweise abgestossen werden.
Jetzt ist es raus. Am Mittwoch hat ABB (ABBN 19.61 -0.81%) in einer Stellungnahme bestätigt, dass sie mit dem japanischen Technologiekonzern Hitachi in Verhandlungen steht, um die bestehende strategische Partnerschaft im Bereich Stromnetze «auszuweiten» bzw. «neu zu definieren». Die Zusammenarbeit der Unternehmen geht auf 2014 zurück. Ob und wann es zu einer Transaktion kommen wird, lässt ABB offen, ebenso die Struktur, die ein solcher Deal annehmen könnte.
ABB reagiert damit auf einen Bericht des japanischen Wirtschaftsblatts «Nikkei», der gleichentags publiziert wurde. «Nikkei» berichtete, Hitachi stehe mit ABB in der letzten Phase von Gesprächen, um die Stromnetzdivision von ABB zu übernehmen. Es war von einem Transaktionsvolumen zwischen 600 und 800 Mrd. Yen die Rede, also 5,2 bis 7 Mrd. Fr.
Stufenweise Devestition
Die ABB-Aktien wurden am Mittwochmorgen vorübergehend vom Handel suspendiert, gewannen danach aber über 4%. Seither haben sie einen Teil der Gewinne abgegeben. Der Verwaltungsrat von Hitachi soll am Mittwoch grünes Licht gegeben haben, um mit den Gesprächen fortzufahren. Käme die Transaktion zustande, wäre es die grösste Akquisition in der Geschichte Hitachis.
Geplant sein soll ein Spin-off der Stromnetzdivision von ABB in eine separate Gesellschaft. Hitachi will dabei ihren Anteil am Gemeinschaftsunternehmen stufenweise ausbauen, um es über die Jahre schliesslich vollständig in eine eigene Tochtergesellschaft zu überführen. Durch eine solche Übernahme würde Hitachi das Strominfrastrukturgeschäft und die internationale Marktpräsenz massiv ausbauen und zu führenden Anbietern auf dem Gebiet wie GE oder Siemens (SIE 100.22 -0.22%) aufschliessen. Hitachis Stromnetzaktivitäten sind bisher hauptsächlich auf den inländischen Markt ausgerichtet.
ABB käme eine Transaktion mit Hitachi ebenfalls gelegen. Einerseits kennt man die Japaner aus einem Joint Venture, das Ende 2014 ins Leben gerufen wurde. Das Gemeinschaftsunternehmen ist auf die Entwicklung und den Vertrieb von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsanlagen für den japanischen Markt spezialisiert. Das Joint Venture, an dem Hitachi 51% und ABB 49% hält, hat das Geschäft im Oktober 2015 aufgenommen.
Andererseits würde das Zustandekommen einer Transaktion vorübergehend Druck von ABB und CEO Ulrich Spiesshofer nehmen. Die im Vergleich zu den anderen drei ABB-Divisionen weniger profitable Stromnetzsparte ist seit 2015 Gegenstand von Diskussionen über eine Devestition, die von aktivistischen Investoren wie dem schwedischen Cevian-Fonds befeuert wird. Wie wertstiftend eine (stufenweise) Veräusserung der Division für ABB tatsächlich sein würde, lässt sich indes noch nicht feststellen.
Tiefe Bewertung?
Unklar ist ebenfalls, worauf sich das angebliche Transaktionsvolumen von 5,2 bis 7 Mrd. Fr. bezieht. Geht es um die gesamte Division, erscheint die Bewertung eher tief. Wahrscheinlicher ist, dass die Zahl nur einem Anteil der Division zuzuordnen ist.
UBS-Analysten gehen für die gesamte Sparte von einem geschätzten Wert von 11,8 Mrd. Fr. aus. Die Bank Vontobel (VONN 54.8 -1.08%) sieht das Neun- bis Zehnfache des für das kommende Geschäftsjahr geschätzten Ebitda als fairen Wert. Die Analysten kommen so auf einen Betrag zwischen 10,7 und 12,3 Mrd. Fr. Ob diese Beträge realistisch sind und ABB einen entsprechenden Geldfluss erwarten kann, muss sich weisen.
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