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09:44 Uhr - 20.07.2016

Monika Ribar: Alles andere als Quotenfrau

Die neue SBB-Präsidentin geht ihr neues Amt mit dem nötigen Respekt an.

Seit dem 15. Juni haben die SBB eine Präsidentin: Die Generalversammlung, faktisch der Bundesrat, wählte Monika Ribar (Jahrgang 1959) an die Spitze des Verwaltungsrats. Sie folgt auf Ulrich Gygi, der in Pension geht. Ausser der Post, die von Susanne Ruoff operativ geführt wird, hat nun auch der zweite grosse, reine Bundesbetrieb eine Frau in einer der zentralen Führungspositionen. Wer daraus schliesst, Monika Ribar sei eine typische Quotenfrau, täuscht sich. Dies schon nur deshalb, weil sie selbst wenig bis nichts von Frauenquoten in Verwaltungsräten hält. Nach ihrer Erfahrung ist «deren Einführung selten zielführend».

Ribar verfügt über einen vollgepackten Schulsack und lange Erfahrung in Führungspositionen. Sie studierte in St. Gallen Finanzwirtschaft und Controlling. Die berufliche Karriere startete sie 1984 bei BASF (BAS 71.47 0.17%) Österreich in Wien im Controlling. Nach einer Tätigkeit in der Fides-Gruppe (heute KPMG Schweiz) folgte 1991 der Eintritt in die global aktive Logistik-Gruppe Panalpina (PWTN 116.6 1.04%). Sie kletterte die Hierarchieleiter empor und avancierte 2006 zum CEO des inzwischen kotierten Konzerns. Ihr Abgang 2013 ging, vorab wegen IT-Projekten, nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne.

Die neue Präsidentin wirkt seit 2014 im VR der SBB. Zudem ist sie VR-Mitglied der Lufthansa (LHA 10.94 -1.49%) und von Sika (SIK 4297 0.54%). Im Zusammenhang mit dem Übernahmestreit zwischen Sika und der französischen Saint-Gobain (SGO 36.055 -0.25%) ist eine Verantwortlichkeitsklage gegen sie hängig.

In der neuen Funktion reizt sie die Möglichkeit, die Mobilität der Zukunft mitzugestalten. Dabei ist sie sich bewusst, dass die SBB im öffentlichen Interesse und auch unter politischem Einfluss stehen – davor hat Ribar «gewissen Respekt». Sie empfindet es als höchst interessant, in diesem Umfeld, das für sie «teilweise Neuland» ist, zu arbeiten.

Neuland dürfte auch der Umstand sein, dass sie den VR eines genau genommen notleidenden Unternehmens führt. Mit einem Betriebsertrag von knapp 8,8 Mrd. Fr. und einem Aufwand von 8,5 Mrd. Fr. wiesen die SBB 2015 einen Gewinn von 246 Mio. Fr. aus. Die Zahl allerdings täuscht: Im Betriebsertrag sind 2,3 Mrd. Fr. Leistungen der öffentlichen Hand enthalten, sprich Subventionen. Rechnet man die Darlehen der öffentlichen Hand hinzu, belaufen sich deren Leistungen auf total knapp 3,4 Mrd. Fr.

Die neue SBB-Präsidentin wird zudem mit Diskussionen zum schillernden Begriff des Service public konfrontiert; Tarifdebatten sind ein ewiges Thema, und auch der Schuldenberg der SBB. Ribar hat Recht, wenn sie festhält, dass «die strategischen Themen der SBB vielfältiger sind, als man vielleicht vermuten» könnte. Um diesen Problemen gerecht zu werden, wird sie ihre Stärken gut gebrauchen können. Sie sieht sie in der Kommunikation, Offenheit und Professionalität.

Monika Ribar, die verheiratet ist, betätigt sich gerne jeden Tag sportlich. Sie kocht zudem mit Begeisterung und liebt es, sich bei der Lektüre eines guten Buches zu entspannen. Und sie reist gerne – vielleicht kommt sie schon bald mit wertvollen Erkenntnissen über Bahnsysteme fremder Länder zurück an die SBB-Zentrale.

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