Seit einem Jahr warnen Immobilienstudien vor dem wachsenden Leerstand bei Schweizer Mietwohnungen. Doch Nachfrage und Angebot passen oft nicht zusammen.
Moderne Küche und Bad, ein Sofa, das sich zum Bett umfunktionieren lässt, ein kleiner Schreibtisch und sogar eine Abstellkammer: all das auf weniger als 30 Quadratmetern. In Grossstädten wie New York oder Berlin liegen solche Mikrowohnungen im Trend. In dieser Wohnbox hat der Mieter alles, was er braucht – an zentraler Lage. Das Modell könnte auch die Situation in Schweizer Städten verbessern.
Allein leben liegt im Trend
Gerade in den Zentren ziehen es immer mehr Menschen vor, allein zu leben. Seit den späten Sechzigerjahren steigt die Zahl der Einpersonenhaushalte. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in den Städten und den Agglomerationen, wo diese Wohnform bereits gegen 45 bzw. 35% ausmacht und damit die beliebteste überhaupt ist. Das geht aus den Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) hervor.
WohnungsgrössenDemgegenüber liegt der Anteil der Ein- bis Zweizimmerwohnung schweizweit bei 18%. Für Alleinlebende sind grössere Wohnungen kaum erschwinglich. Das führt dazu, dass bei den kleinen Wohnungen die Nachfrage das Angebot deutlich übertrifft. Was den Preisen weiteren Auftrieb verleiht.
Dennoch warnen Immobilienstudien seit einem Jahr vor dem wachsenden Leerstand. Das Beratungsunternehmen Wüest Partner schrieb Ende Oktober, der Schweizer Wohnungsmarkt werde zu einem Mietermarkt. Die Nachfrageseite werde bald die Preise bestimmen.
Die Immobilienspezialisten der Credit Suisse (CSGN 15.62 1.1%) (CS) kommen in ihrer neusten Studie zu einem ähnlichen Schluss. «Der Markt steht an einem Wendepunkt», sagt Fredy Hasenmaile, Leiter der Immobilienanalyse, mit Blick auf die jüngste Erhebung. Wie passt das mit den hohen Mieten in den Städten zusammen?
Leerstand liegt über dem Schnitt
NettozuwanderungGesamtschweizerisch betrachtet stützen die Zahlen die Aussagen der Experten. Vergangenes Jahr standen gut 1,4% der Wohnungen leer, das ist deutlich mehr als der historische Schnitt von 1,05%. Denn die ausgeprägte Neubautätigkeit in den vergangenen Jahren hat die Wohnungsnot gemildert. Seit 2012 sind die Baubewilligungen für Mietwohnungen nochmals deutlich gestiegen.
Gleichzeitig wird das Nachfragewachstum schwächer. Einen Grund dafür sehen die Analysten der CS bei der abnehmenden Nettoeinwanderung. Insbesondere aus der Europäischen Union sind in den vergangenen Jahren weniger Menschen in die Schweiz eingewandert. In manchen Regionen droht daher ein Überangebot.
Ausweitung Mietwohnungsbestand
Mieten nach SegmentDas wirkt sich auf die Mieten aus. Die ausgeschriebenen Mietzinse sind gemäss CS auf breiter Front rückläufig. Am deutlichsten zeigt sich der Abschwung bei den teuersten Angeboten. Bereits seit dem Jahr 2014 werden die teuersten 10% der Wohnungen (90%-Perzentil) im Schnitt günstiger. Bei den unteren 10 bzw. 30% macht sich dieser Trend aber erst allmählich bemerkbar.
Heterogener Markt
Der Schweizer Mietwohnungsmarkt ist sehr heterogen. Nachfrage und Angebot passen oft nicht zusammen. Das hat zur Folge, dass die Mietpreise schweizweit zwar weiter sinken könnten. Städtische Wohnungen im tiefen bis mittleren Preissegment bleiben dennoch Mangelware.
Erstellte Mikrowohnungen2016 stagnierten die durchschnittlichen Mieten in Zürich und Basel. Damit habe die Entspannung am Markt auch die Zentren erreicht, schreibt CS. Angesichts der tiefen Bauzonenreserven in den Städten ist es aber unwahrscheinlich, dass der Trend auch hier bald kehrt. Denn der Bau von Mikrowohnungen geht in der Schweiz nur langsam voran. Zwischen 2011 und 2015 betrug der Anteil der Wohnungen mit weniger als 30 Quadratmetern gemäss BFS nur 2,5% aller Neubauten.
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