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07:05 Uhr - 26.11.2014

Noch sind Frauen untervertreten

Deutschland hat sich laut Medienberichten für eine Frauenquote von 30% in Verwaltungsräten entschieden. Hiesige Unternehmen haben im weltweiten Vergleich meist noch Aufholpotenzial in Sachen Frauenanteil.

Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga möchte eine Frauenquote von 30% bei Verwaltungsräten von in der Schweiz kotierten Unternehmen einführen. Doch sie stösst auf Widerstand. Gemäss Medienberichten gibt es im Bundesrat Opposition gegen ihren Versuch, die Quote in die Vorlage zur Revision des Aktienrechts einzubauen. Jetzt muss Sommaruga nochmals über die Bücher.

Frauenanteil in Verwaltungsräten nach IndizeszoomDie opponierende Mehrheit im Bundesrat wird von Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann angeführt. Er brachte die Regelung ins Spiel, die der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse in seinem eben revidierten «Swiss code of best practice for corporate governance» festhält. In diesem breit akzeptierten Werk, das Empfehlungen für gute Unternehmensführung enthält, steht nur, dass dem Verwaltungsrat einer Gesellschaft «weibliche und männliche Mitglieder» angehören sollen. Auf eine bestimmte, verbindliche Frauenquote für Verwaltungsräte verzichtet Economiesuisse. Der Verband will jede nicht zwingende Verschärfung des Unternehmensrechts vermeiden. Nach dem ebenfalls im Swiss code enthaltenen Grundsatz «comply or explain» müssen kotierte Gesellschaften aber ihren Aktionären eine Begründung abgeben, wenn sie nicht mindestens eine Frau im Verwaltungsrat haben.

Ziellosigkeit herrscht vor

Silvan Felder beurteilt die im Swiss code der Economiesuisse festgehaltene Regelung als einen «sehr guten Weg». Felder ist Inhaber der Verwaltungsrat Management in Luzern, die Unternehmen unter anderem auch bei der Suche nach Verwaltungsräten berät. Die Regelung übe einen «sanften Druck» aus, «ohne Gesetzescharakter zu haben». Eine fixe, verbindliche Quote wäre «ein Eingriff ins freie Unternehmertum». Felder befürwortet aber die Präsenz von Frauen im Verwaltungsräten aus Diversitätsgründen; sie brächten andere Hintergründe, andere Verhaltensweisen und andere Denkmuster als Männer mit.

Gregor Greber, Verwaltungsratspräsident des Aktionärsberaters zRating, ist dagegen «enttäuscht, dass der Swiss code nicht wenigstens einen Zielwert für den Frauenanteil in Verwaltungsräten enthält». In einer Untersuchung hat Greber nämlich festgestellt, dass bei Schweizer Unternehmen diesbezüglich «Ziellosigkeit» herrscht. Über 90% von 150 befragten Publikumsgesellschaften hätten keine Zielquote für Frauen. Die Ziellosigkeit zeige sich zudem auch bei der Frage, wann die Unternehmen gedenken, die Frauenquote zu erhöhen. Über die Hälfte schiebe die Entscheidung hinaus, gebe sich mehr als vier bis sechs Jahre Zeit dafür bzw. habe gar keinen Zeitplan.

Frauenanteil bei Neuwahlen nach Indizeszoom Verbindliche Frauenquoten für Verwaltungsräte, wie sie Sommaruga vorgeschlagen hat, gibt es andernorts bereits. Spanien, Frankreich und Norwegen (alle 40%), Italien und Belgien (beide 33%) sowie die Niederlande (30%) haben solche bereits beschlossen. Aber nur in Norwegen ist die Umsetzung – seit 2008 – bereits abgeschlossen. Auch in Deutschland wird die Einführung einer Frauenquote – von 30% – für Verwaltungsräte diskutiert. Die EU-Kommission, das Verwaltungsorgan der Europäischen Union, und das EU-Parlament wollen eine Frauenquote – von 40% – unionsweit verbindlich machen. Im EU-Ministerrat, dem Organ der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, gibt es allerdings Standpunkte, das Thema auf nationaler Ebene anzugehen.

Frauenanteil in VerwaltungsrätenzoomViele müssten nachbessern

Würde die Schweiz eine Frauenquote von 30% einführen, stiege sie in die Reihe der Länder mit den höchsten Frauenanteilen in den Verwaltungsräten auf (vgl. Tabelle). Ende 2013 gab es gemäss einer Studie der Grossbank Credit Suisse (CSGN 26.14 0.08%) jedoch nur 11,3% Frauen in den Verwaltungsräten von schweizerischen kotierten Unternehmen. zRating kommt in einer Analyse der im marktbreiten Swiss Performance Index (SPI (SXGE 8919.19 0.22%)) der Schweizer Börse erfassten Gesellschaften auf einen Anteil von 10,8% per Mai 2014 (vgl. Grafik).

Erliesse die Schweiz eine Frauenquote von 30% für Verwaltungsräte, müssten die meisten hiesigen Unternehmen nachbessern. Von den zwanzig im Swiss Market Index (SMI (SMI 9065.81 0.26%)) erfassten Unternehmen mit dem grössten Börsenwert haben nur gerade Zurich, Nestlé (NESN 71.7 0.14%) und Syngenta (SYNN 321.2 0.03%) 30%  oder mehr Frauen in ihren Verwaltungsräten sitzen (vgl. Tabelle). Und im SPI Extra, der die an der Schweizer Börse gehandelten kleineren und mittleren Unternehmen erfasst, wiesen nur Bossard (BOSN 104 -0.76%), Ascom (ASCN 15.15 0%), Bachem (BANB 48.2 -0.62%), Ems-Chemie (EMSN 361.25 1.47%) und Lindt & Sprüngli einen Frauenanteil von über 30% aus.

Der Trend geht in der Schweiz allerdings schon in Richtung mehr Frauen. Ihr Anteil im Verwaltungsrat hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. Das zeigt auch die Steigerung des Frauenanteils bei Neuwahlen in die Verwaltungsräte. Betrug dieser Anteil in der Generalversammlungssaison 2011 bei SPI-Gesellschaften noch 11%, stand er in der Generalversammlungssaison 2014 schon bei 23% (vgl. Grafik).

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