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16:48 Uhr - 15.02.2017

Bankiers warnen die Pensionskassen

Die Performance ist durch vorweggenommene Erträge aufgebläht. Der Bankenverband will eine Lockerung der Regeln und empfiehlt Umschichtungen.

Der Schweizer Bankenverband fordert die Pensionskassen auf, das kumuliert 800 Mrd. Fr. grosse Treuhandvermögen rascher als bisher auf renditeträchtigere Anlagesemente umzulagern. Verbandspräsident Herbert Scheidt warnte an einer Medienveranstaltung, die künftige Rendite der Pensionsvermögen werde ohne Gegensteuer nicht mehr genügen, die Garantieleistungen der Kassen zu decken: «Die Konzentration auf kotierte Obligationen und Aktien wird sich nicht mehr bewähren.»

zoomDie zuletzt üppigen Performancezahlen der Vorsorgeeinrichtungen «basieren wesentlich auf vorweggenommenen Erträgen», kritisierte Scheidt, der auch Präsident der Vontobel-Gruppe ist. Die Niedrigzinslage habe die Anleihekurse aufgewertet, doch bis Fälligkeit der Schuldpapiere würden solche Buchgewinne wieder wegfallen. Scheidt propagiert, Pensionskassen sollten in grösserem Stil illiquide Investments wie Private Equity (PEHN 70.8 0.43%), Private Debt und Infrastruktur nutzen.

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Vorwurf der Zögerlichkeit

Seiner Ansicht nach schichten die Pensionskassenchefs zu zögerlich zu ertragskräftigeren Investments um. Iwan Deplazes, Fachleiter Asset Management der Bankiervereinigung, erinnerte an der Veranstaltung daran, dass die Vorsorgeeinrichtungen das Gewicht der Zinsanlagen in ihren Portefeuilles trotz stetig geringerer Zinsperspektiven erst wenig vermindert haben, von durchschnittlich 36,7% im Jahr 2010 auf 33,3% im 2015.

Bankierspräsident Scheidt macht im Anlageregulativ der beruflichen Vorsorge eine bremsende Wirkung aus. Die Statik im Anlagevorgehen der Pensionskassen erinnere ihn an Vorgaben der einst in kommunistischen Regimes gebräuchlichen Fünfjahrespläne. Eine Lockerung sei nötig, um «eine Änderung des Anlageverhaltens» herbeizuführen.

Nach geltendem Regulativ dürfen Pensionskassen die Hälfte des Vermögens in Aktien halten. Das Gewicht von Immobilienanlagen ist auf 30% des Vermögens begrenzt. Alternativanlagen dürfen höchstens einen Anteil von 15% erreichen; dazu zählen u.a. Hedge Funds, Rohstoffinvestments sowie illiquide Unternehmensbeteiligungen (Private Equity) und Darlehensportfolios (Private Debt).

«Illiquidität ist nichts Böses»

Gemäss Deplazes sollten höhere Aktien- und Immobilienquoten erlaubt werden: «Die Pensionskassen sind durchaus fähig, im Sinne des umsichtigen Anlegers bzw. des Prudent Investors eigenverantwortlicher als heute zu agieren.» Die Bankiervereinigung empfiehlt, Aktienanlagen bis 75% des Vermögens zuzulassen, Realwertinvestments in Immobilien und Infrastruktur bis 50%.

In das jeweilige Maximum würden auch illiquide oder nur sporadisch handelbare Umsetzungsformen eingerechnet. Private Equity und die Beteiligung an privatwirtschaftlicher Infrastruktur beispielsweise sollten dabei je 15% des Vorsorgevermögens ausmachen dürfen.

Privatmarktliche Anlagen in Aktien (Private Equity) und Firmenfinanzierungen (Private Debt) binden die Investoren über zumeist zehn Jahre. Im Gegenzug würde ihnen jedoch eine Illiquiditätsprämie von jährlich bis zu 4 Prozentpunkten geboten, betonte Deplazes: «Illiquidität ist an sich nichts Böses oder Schlechtes.» Er wies darauf, dass Neuanlagen in börsengehandelte Obligationen kaum mehr rentieren. Hochprozentige Anleihen früherer Jahre würden bis Fälligkeit die aktuelle Aufwertung wieder einbüssen.

Resultat nach Kosten zählt

Jede der schweizweit knapp 2000 Pensionskassen muss für sich selbst entscheiden, welcher Anteil des Vermögens langfristig gebunden werden kann. Im Vorteil sind in dieser Hinsicht Vorsorgeeinrichtungen expandierender Arbeitgeber sowie Kassen, deren fixe Verpflichtungen an Rentenbeziehende erst einen geringen Teil des Gesamtvermögens blockieren.

Die Bankiervereinigung verfolgt mit der Propagierung privatmarktlicher Investments ein Stück weit eigene Interessen. Die hiesige Finanzbranche will im Asset Management an Statur gewinnen. Private Equity, Private Debt und weitere Alternativanlagen erlauben den Anbietern, happige Gebühren zu verrechnen.

Bankierspräsident Scheidt entgegnete am Informationsanlass auf diesen Einwand, die Investoren sollten die Vermögensverwaltungskosten mit dem Renditepotenzial vergleichen und auf das Nettoanlageresultat fokussieren. Pensionskassen-Manager sind somit gut beraten, die Leistung der Finanzproduktanbieter regelmässig zu vergleichen und Ungenügende auszumerzen.

Banken-Kassen sind sich uneinsIn der Anlagestrategie der Pensionskassen grosser Schweizer Banken sind erhebliche Differenzen auszumachen. Die Vorsorgeeinrichtung der Credit Suisse setzt dabei besonders deutliche Akzente. Sie hat Ende 2016 eine im Branchenvergleich wie auch im nationalen Kontext äusserst niedrige Exponierung zu Zinspapieren. Dafür ist sie substanziell in Alternativanlagen wie Hedge Funds, Private Equity und Private Debt investiert (vgl. Tabelle).

Diese wenig liquiden Investments machten Ende vergangenen Jahres 27% des Vermögens von 16 Mrd. Fr. aus. Damit ist das im Regulativ der beruflichen Vorsorge festgeschriebene 15%-Maximum für nichttraditionelle Anlagen überschritten. Finanziell starke Pensionskassen dürfen jedoch Ausnahmen beantragen.

Die Pensionskasse UBS dotiert lediglich 6% des 25 Mrd. Fr. grossen Vermögens für nichtbörsliche Anlagen in Aktien (Private Equity) und Infrastruktur. Erst geringfügig umgeschichtet hat die Pensionskasse der ZKB, wobei die Staatsbank auch auf Anfrage hin nur die Zahlen per Ende 2015 verfügbar macht. Sie und die Vorsorgeeinrichtung der UBS haben die im nebenstehenden Artikel dargelegten Empfehlungen der Bankiervereinigung noch ungenügend umgesetzt.
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