Europas grösster Motorradbauer will die Eigentümerstruktur entwirren. Partner Bajaj Auto soll über eine Sacheinlage Aktionär von KTM Industries werden.
«Eure Struktur ist viel zu kompliziert», hat die Sportmotorradgruppe KTM Industries (KTMI 60.2 4.15%) auf Roadshows von Investoren immer wieder zu hören bekommen. Die Verantwortlichen hörten zu und haben einiges vereinfacht. Beteiligungen wurden ganz übernommen, Geschäftsfelder verkauft oder in andere Teile integriert.
Nun wird ein nächster Schritt erwogen. Die Beteiligungsstruktur soll übersichtlicher werden – zum Vorteil aller Aktionäre. Zu dem Zweck führen Pierer Industrie, das Beteiligungsvehikel von CEO und Grossaktionär Stefan Pierer, und Bajaj Auto Gespräche über eine Beteiligung von Bajaj an KTM Industries.
Der indische Motorrad- und Kleinstfahrzeughersteller Bajaj Auto, der auch als strategischer Partner wirkt, hält heute rund 48% am Hauptgeschäft von KTM Industries: an den in KTM gebündelten Motorradaktivitäten. Anders gesagt: Die österreichische Gesellschaft mit Hauptbörse SIX Swiss Exchange kontrolliert nur knapp 52% ihres Kerngebiets (vgl. Diagramm).
Gemäss Meldung von heute Donnerstag wird nun geprüft, den von Bajaj gehaltenen Anteil an KTM als Sacheinlage in KTM Industries einzubringen. Kommt es dazu, wird Bajaj Mitaktionär von KTM Industries, während KTM Industries selbst nahezu in Vollbesitz von KTM kommt.
Keine Verwässerung
Im Gegenzug für die Sacheinlage in Form der KTM-Beteiligung soll Bajaj neue Aktien aus dem bestehenden genehmigten Kapital von KTM Industries erhalten. Wie viele, ist noch zu bestimmen. Das genehmigte Kapital erlaubt eine Kapitalerhöhung von maximal 50% des jetzigen Grundkapitals.
Gemäss Unternehmen soll Pierer Industrie auch nach einer solchen Transaktion eine kontrollierende Mehrheit an KTM Industries halten. Ein Entscheid soll im zweiten Quartal fallen.
Kapitalerhöhung gleich verwässerter Gewinn je Aktie? Nicht in der erwogenen Transaktion. Der springende Punkt liegt in den Minderheitsanteilen.
KTM wird vom Mutterhaus voll konsolidiert. Als Minderheitsaktionär steht Bajaj jedoch ein der Beteiligung entsprechender Teil des Gewinns zu. Dieser Minderheitsanteil wird in der Erfolgsrechnung von KTM Industries nach dem Gewinn ausgeschieden. Der Rest steht den Aktionären von KTM Industries zu (vgl. Geschäftszahlen in der Grafik).
2018 machten die Minderheitsanteile gemäss vorläufigen Zahlen rund 44% des Gesamtgewinns aus (der vollständige Jahresbericht der Gesellschaft folgt nächsten Dienstag). Mehr oder weniger alles davon dürfte auf Bajaj entfallen sein.
Nach der angedachten Transaktion würde sich der auf die Aktionäre von KTM Industries entfallende Gewinn signifikant von 56 in Richtung 100% erhöhen, also um rund drei Viertel. Die Anzahl Aktien dagegen wird maximal die Hälfte steigen. Somit ergibt sich nach dieser Rechnung im Aktionärsgewinn je Titel sogar eine Verdichtung.
Sinnvolles Vorhaben
Warum aber soll Bajaj einen Minderheitengewinnanteil von geschätzt gut 40% gegen einen Aktienanteil an KTM Industries von maximal einem Drittel tauschen wollen?
Panagiotis Spiliopoulos, Leiter Research Bank Vontobel (VONN 54.55 0.37%) und Analyst von KTM Industries, nennt zwei Gründe. Zum einen seien die Möglichkeiten limitiert, was Bajaj mit dem KTM-Anteil machen kann. Die Beteiligung ist illiquid. Zu einer liquideren Beteiligung an der kotierten KTM Industries rechtfertige das einen Abschlag.
Zum andern sind gemäss Spiliopoulos die sonstigen Beteiligungen von KTM Industries zu berücksichtigen. Zu nennen ist namentlich Pexco, ein aussichtsreiches Joint Venture für E-Bikes, das 2019 bereits mehr als 75 Mio. € umsetzen soll. Noch hält KTM Industries einen Minderheitsanteil. Wegen des raschen Wachstums ist die Vollkonsolidierung aber bereits geplant, für nächstes oder übernächstes Jahr.
Nun würden die beiden Seiten die Überlegungen im Detail prüfen, schreibt KTM Industries. Dabei geht es im Wesentlichen um Bewertungsfragen. Noch ist kein Entscheid zugunsten der Transaktion gefallen, und auch eine genauere Beurteilung ist noch nicht möglich.
In den Grundzügen ergibt das Ganze jedenfalls Sinn, zumal sich strategisch nichts ändern dürfte, solange Pierer Industrie die Mehrheit hält und beide Seiten in diese Richtung gehen wollen. Stand heute sind die Aktien KTM Industries zumindest haltenswert.
Die komplette Historie zur KTM finden Sie hier. »
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