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11:05 Uhr - 10.03.2017

Staatskrise in Südkorea – die wichtigsten Antworten

Koreas Präsidentin wird entmachtet. Anleger sollten sich dafür interessieren – allein schon weil koreanische Aktien 15% in Schwellenländer-ETF stellen.

In Südkorea stehen Neuwahlen an. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zur Staatskrise und was sie für Anleger bedeutet.

Was ist heute Freitag in Südkorea geschehen?
Das Verfassungsgericht hat die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye abgesetzt. Die offizielle Begründung: Park sei ihrer Pflicht nicht nachgekommen, die Nation zu schützen. Es ist ein einmaliger Vorgang für Südkorea. Im Anschluss an den Gerichtsentscheid gab es gewalttätige Demonstrationen von Anhängern von Park. Zwei Menschen sind dabei gestorben.

Worum geht es?
Park war seit Herbst vergangenen Jahres unter öffentlichem Druck. Die Präsidentin stand anscheinend unter dem Einfluss der dubiosen Tochter eines Sektengründers, Choi Soon-sil. Choi verfasste gemäss Medienberichten gar Reden von Park und hatte Zugang zu vertraulichen Informationen der Regierung. Sie soll durch ihre Beziehung zu Park persönliche Vorteile gewonnen haben. Und Choi soll koreanischen Grosskonzernen Zugang zur Präsidentin verkauft haben, gegen Spenden an ihre Stiftung.

Welche Grosskonzerne sind betroffen?
Mächtige koreanische Mischkonzerne – Chaebols – wie Samsung (SMSD 630 0.44%), LG und Hyundai (HYUD 38.55 0.03%) sollen bezahlt haben. Lee Jae-yong, Erbe der Familie, die Samsung beherrscht, wurde wegen Korruption verhaftet. Der faktische Chef der Samsung-Gruppe soll sich mit einer Zahlung von umgerechnet 36 Mio. Fr. an den Fonds von Choi Einfluss bei der Präsidentin erkauft haben. Für eine umstrittene Fusion innerhalb der Samsung-Gruppe war die Zustimmung des nationalen Pensionsfonds erforderlich.

Was geschieht nun?
In den nächsten sechzig Tagen müssen Neuwahlen stattfinden. Bisher haben die Parteien noch keine Kandidaten aufgestellt. Am populärsten ist der 64-jährige Moon Jae-in. In einer Umfrage vereinte er 34% der Wähler hinter sich. Moon wurde 2012 von Park bei den Präsidentschaftswahlen geschlagen. Er will gegen die Macht der Chaebols zum Wohl von kleineren Unternehmen vorgehen. Er will auch die Installation des amerikanischen Raketenabwehrsystems THAAD überprüfen. Das THAAD-System wurde von China unter anderem mit Boykottmassnahmen bekämpft. Moon will die Beziehungen mit Nordkorea verbessern.

Warum sollten Anleger sich für Korea interessieren?
Wer einen passiven Fonds (ETF) auf Schwellenländeraktien hält, der hat damit koreanische Aktien gekauft. Südkorea macht 15% des MSCI Emerging Markets Index aus. Samsung Electronics ist der grösste Titel innerhalb des Schwellenländerindex mit einem Anteil von 4%.

Wie reagieren die Märkte auf die Absetzung?
Die Finanzmärkte halten sich stabil. Der koreanische Leitindex Kospi (Kospi 2097.18 0.03%) und die Währung Won haben sich kaum verändert. Schon im Vorfeld des Gerichtsurteils hatten sie sich erholt. Der Aktienindex hat nun einen höheren Stand als zu Beginn der Staatskrise erreicht.

Ist die Absetzung von Park eine willkommene Entwicklung?
Die meisten Beobachter glauben, dass die Neuwahl dem Land Stabilität bringen wird. So erklärt Christy Tan von der National Australia Bank: «Alle möglichen Kandidaten haben sich darauf verpflichtet, die Chaebols zu reformieren.» Eine Restrukturierung der Mischkonzerne sei eine positive Entwicklung für den Aktienmarkt.

Chong Hoon Park von Standard Chartered hält einen kurzfristigen wirtschaftlichen Aufschwung dank der Neuwahlen für möglich. Die Währung bleibe aber wegen der Spannungen mit China und möglicher Unsicherheiten um die Wahl unter Druck.

Krystal Tan von Capital Economics ist gegenüber dem langfristigen Ausblick für die koreanische Wirtschaft kritisch eingestellt. Eine hohe Verschuldung der Privathaushalte, die nicht abgeschlossene Restrukturierung der darbenden Reedereien und der wachsende Protektionismus würden das Wachstum klein halten. Die neue Regierung müsse beweisen, dass sie mit Reformen die strukturellen Probleme angehen werde.

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