Durch den Exportüberschuss wächst das Auslandsvermögen Deutschlands rasant. Doch das Vermögen bringt nur wenig Rendite.
Es passiert nicht oft, dass ein wissenschaftlicher Aufsatz mit einem Filmzitat anfängt. In einer Szene von «The Big Short», einem Film über die globale Finanzkrise 2008/2009, fragen sich Investoren an der Wallstreet, wer denn noch so blöd sei und die Subprime-Papiere kaufe. Die Antwort: «Düsseldorf».
Denn die Industriekreditbank (IKB) in Düsseldorf ist begeisterte Käuferin der scheinbar so rentablen verbrieften Hypotheken. Als das Subprime-Schlamassel im Juli 2007 offensichtlich wird, muss sie vom deutschen Staat gerettet werden.
Der Film wird in einer neuen Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IFW) in Kiel zitiert – als eine Anekdote, die ein schlechtes Licht auf die Deutschen als Investoren wirft.
Schlechte Investitionsentscheidungen
Das Bild des schlechten Anlegerverhaltens der Deutschen im Ausland kann aber auch mit Daten belegt werden. Gemäss Berechnungen des IFW haben die Deutschen auf ihren riesigen Netto-Auslandsvermögen sowohl langfristig als auch seit der Finanzkrise unterdurchschnittlich niedrige Renditen erzielt.
Nur Finnland hat im gleichen Zeitraum noch schlechtere Renditen erwirtschaftet als Deutschland.
Dabei ist Deutschland der grösste Sparer der Welt. Denn als stolzer Weltmeister im Exportüberschuss – die Ausfuhren übersteigen in keinem anderen Land der Welt die Einnahmen in solch einem Ausmass – werden gleichzeitig Forderungen im Ausland angehäuft. Nur wenn wieder mehr Güter im Ausland gekauft werden, lassen sich die sparenden Deutschen diesen Kredit an den Rest der Welt auch zurückzahlen.
300 Mrd. € jährlich angespart
Das Auslandsvermögen der Deutschen steigt jährlich um mehr als 300 Mrd. €. Sinnvollerweise sollte dieses Kapital auch Rendite einbringen. Dann könnte es als Reserve für schlechte Zeiten und die Alterung der Bevölkerung begründet werden. Sonst wäre man wohl besser beraten, das Geld im Inland anzulegen oder gleich auszugeben.
Doch während die USA, Grossbritannien und Kanada auf ihr Auslandsvermögen eine reale Rendite von um die 10% pro Jahr erwirtschaftet haben, sind es im Falle von Deutschland nicht einmal die Hälfte.
Und das liegt gemäss den Kieler Forschern nicht daran, dass die deutschen Anleger weniger Risiken genommen hätten als die Investoren anderer Länder.
Ungleichheit und Exportüberschuss
Die meisten Deutschen haben wenig vom riesigen Auslandsvermögen. Wie der Internationale Währungsfonds in seiner neuen Länderstudie zu Deutschland feststellt, ist die Vermögensungleichheit eine der höchsten in Europa.
Der Währungsfonds vermutet, dass das auch mit der hohen Ersparnisquote und dem grossen Überschuss in der Leistungsbilanz zusammenhängt. Denn wer viel Vermögen hat, der spart davon auch mehr. Gemäss Währungsfonds ist in Deutschland ein grosser Teil des Vermögens in mittelständischen Firmen gebunden. Die seien steuerlich bevorteilt und würden viel ihres Einkommens sparen.
Die am besten verdienenden Haushalte haben in Deutschland in den vergangenen Jahren einen höheren Anteil am Gesamteinkommen bekommen. Im Gleichklang ist auch der Leistungsbilanzüberschuss gestiegen.
Die implizite Kritik des Währungsfonds lautet: Weil die Politik zu wenig gegen die zunehmende Ungleichheit getan hat, sei die Sparquote zu hoch und der Konsum zu niedrig ausgefallen. Der Exportweltmeister sollte also mehr im Inland ausgeben und weniger in schlechte Anlagen im Ausland stecken.
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