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16:15 Uhr - 18.08.2016

Siegfried muss transparenter werden

Der Pharmazulieferer liefert auf den ersten Blick starke Halbjahreszahlen. Ein Grossteil ist jedoch auf Akquisitionseffekte zurückzuführen. Beim organischen Wachstum bleibt er Antworten schuldig.

Vordergründig glänzt Siegfried (SFZN 211.3 4.09%) mit ausgezeichneten Zahlen. Beim Umsatz wie auch bei den Gewinnzahlen hat der Pharmazulieferer die Erwartungen am Markt überschritten. Den Umsatz konnte er 76% auf 353 Mio. Fr. steigern. Das ist deutlich mehr als von Analysten erwartet.

Schätzungen für Siegfried gestalten sich wegen Sondereffekten jedoch schwierig. Das hohe Wachstum kam zum Grossteil durch den Kauf dreier Wirkstoff-Produktionsanlagen von BASF (BAS 72.53 0.62%) im Jahr 2015 zustande. Wie hoch das organische Plus war, dazu wollte CEO Rudolf Hanko auf Frage von «Finanz und Wirtschaft» keine Stellung nehmen. Durchblicken liess das Unternehmen in der Medienmitteilung lediglich, dass wegen der «guten Auftragslage» alte Produktionsanlagen am Hauptsitz in Zofingen später als geplant abgelöst werden könnten.

Siegfried entschloss sich zum Kauf der BASF-Anlagen, um mehr Aufträge zur besseren Diversifikation ihres Kundenportfolios annehmen zu können. Der Schock von 2003, als ein Kunde wegsprang und der Umsatz innert zwei Jahren um 20% einbrach, sitzt noch tief in den Knochen. Mittlerweile gehört die Gesellschaft zusammen mit Lonza (LONN 185.5 -0.05%) und Evonik zu den grössten Auftragsfertigern von Wirkstoffen auf der Welt.

Übernahme der BASF-Standorte drückt auf Marge

Vorerst verwässert die BASF-Transaktion jedoch die Profitabilität. Die Werke sind etwas weniger rentabel als jene von Siegfried. Zudem hat Siegfried eine neue Anlage in China errichtet. Deren Betrieb läuft erst gerade an und dürfte nicht vor 2018 ausgelastet sein.

Trotz Zunahme des operativen Gewinns auf Stufe Ebitda von 26% auf 43,7 Mio. Fr. resultierte auf Konzernebene nur noch eine Marge von 12,4%. Das sind fast vier Prozentpunkte weniger als noch vor einem Jahr. Rund ein Prozentpunkt ist dabei auf Sonderkosten für die BASF-Integration zurückzuführen. Unter dem Strich resultierte wegen deutlich höheren Abschreibungen und Amortisationen – im Zusammenhang mit den Übernahmen – sowie erhöhten Steuerzahlungen letztlich ein Gewinnrückgang von rund 31% auf 14 Mio. Fr.

Sinnvolle Strategie-Änderung

Für ein Engagement in Siegfried spricht, dass das Management in den vergangenen Jahren die richtigen Weichen gestellt hat. Die Gesellschaft zählt heute zu den führenden Anbietern in einem gegenwärtig wachstumskräftigen Markt. Die Pharmaindustrie hat in der Forschung & Entwicklung nach Jahren vorsichtiger Budgetierung in den letzten Jahren wieder einen Gang zugelegt. Heute bieten etliche Arzneimittelhersteller wieder innovative Produktportfolios mit vielen erst kürzlich zugelassenen Medikamenten. Davon profitieren auch deren Auftragshersteller.

Ausserdem bieten die potenziellen Synergien von BASF Raum für positive Überraschungen. Redundanzen bei verschiedenen zentralen Dienstleistungen wie IT, Verwaltung sowie Geschäftsentwicklung und Verkauf sollen so rasch wie möglich beseitigt werden. Beim Einkauf entsteht durch das nahezu doppelt so grosse Einkaufsvolumen mehr Verhandlungsmacht. Ab 2017 rechnet Siegfried mit positiven Ergebnisbeiträgen aus diesen Aktivitäten.

Auch ist das Interesse der Kunden an der neuen Betriebsstätte in China offenbar gross. Mit ihr kann Siegfried generische Wirkstoffe und Zwischenprodukte, die einem scharfen Wettbewerb unterliegen, deutlich kostengünstiger produzieren. Die Anlage hält dennoch das von der US-Gesundheitsbehörde FDA erteilte Qualitätssiegel. Bis anhin kam der grösste Teil der generischen Wirkstoffe wegen des hohen Kostendrucks aus Billiglohnländern wie Indien. Allerdings wurden in den letzten Jahren vermehrt Qualitätsmängel publik. Siegfried kann nun zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren und hat dennoch das Image als Qualitätsanbieter.

Fragen zur Transparenz

Das Unternehmen lässt jedoch Investoren mit Fragezeichen in Bezug zum organischen Wachstum zurück. Es erwartet für das laufende Geschäftsjahr einen Umsatz von 700 Mio. Fr.  BASF hat mit der Produktion von Wirkstoffen in den von Siegfried übernommenen Anlagen 2014 einen Umsatz von 280 Mio. Fr. erzielt. Folglich müsste der Umsatz rund 26% gegenüber dem im Vorjahr erzielten vergleichbaren Resultat von 334 Mio. Fr. zulegen. Entweder muss Siegfried im zweiten Halbjahr einen ganzen Zacken zulegen, oder die Gesellschaft übt sich in Understatement. Beides wirft zumindest Fragen zur Transparenz auf.

Die Valoren bieten durchaus Chancen. Kurzfristige Impulse sind möglich. Ganz zu überzeugen weiss Siegfried wegen der geringen Transparenz auf längere Sicht dennoch nicht. Sie sind für 2016 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21 bewertet, sind also etwas günstiger als ihr Branchennachbar Bachem (BANB 73.45 -1.87%) (KGV von 25).

Die komplette Historie zu Siegfried finden Sie hier. »

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