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11:10 Uhr - 17.02.2015

Transocean reagiert auf widriges Marktumfeld

Der CEO muss gehen, die Dividende wird gekürzt.

Der mit einem widrigen Marktumfeld kämpfende Tiefseebohrkonzern Transocean (RIG 17.15 -6.54%) entlässt den CEO: Steven Newman trat am Montag «im gegenseitigen Einvernehmen» per sofort zurück. Seinen Posten übernimmt vorläufig Verwaltungsratspräsident (VRP) Ian Strachan. Dieser gibt sein Amt als VRP an der Generalversammlung im Mai wegen Erreichen der Altersgrenze von 72 Jahren ab und soll gemäss Verwaltungsratsantrag durch Merrill «Pete» Miller Jr. ersetzt werden. Als Folge der gedämpften Ertragserwartungen will der Verwaltungsrat die Jahresdividende drastisch auf 0.60 $ kürzen.

Newman hatte den CEO-Posten seit fünf Jahren inne. Er war 1994 zu Transocean gestossen. In die Zeit Newmans als CEO fiel auch die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im April 2010, bei der eine Bohrplattform von Transocean unterging. Der Unfall forderte elf Todesopfer und verursachte die grösste Ölpest in der Geschichte der USA. Im vergangenen Jahr urteilte ein Gericht, Transocean habe «fahrlässig» gehandelt und sprach dem Unternehmen 30% der Schuld am Unfall zu. Eine Strafzahlung ist zurzeit noch Gegenstand von Verhandlungen.

Tiefer Ölpreis belastet

Seit Mitte vergangenen Jahres macht dem Konzern auch der massiv gesunkene Ölpreis zu schaffen. Weil die Ölunternehmen weniger einnehmen, fahren sie ihre Investitionen zurück. Daraus resultieren weniger Aufträge für Bohrgesellschaften – und das in einer Zeit, in der die Offshore-Bohrbranche sowieso schon von Überkapazitäten geplagt ist.

Im vergangenen November meldete Transocean für das dritte Quartal 2014 einen Verlust von 2,2 Mrd. $. Für die roten Zahlen verantwortlich waren Goodwillabschreibungen auf dem Vertragsbohrgeschäft sowie Wertberichtigungen auf den Tiefseebohrplattformen in der Höhe von insgesamt 2,6 Mrd. $. Der Umsatz reduzierte sich im Vergleich mit dem Vorjahresquartal 7% auf 2,3 Mrd. $. Der Rückgang sei enttäuschend gewesen, gestand Newman damals ein. Das Resultat für das vierte Quartal 2014 gibt Transocean am kommenden Mittwoch nach Börsenschluss in New York bekannt.

Weil eine Reduktion des Ertrags erwartet wird, beantragt der Verwaltungsrat von Transocean der Aktionärsversammlung vom 15. Mai 2015 eine Ausschüttung aus Kapitaleinlagereserven von 0.60 $ pro Aktie oder insgesamt rund 217 Mio. $. Die Generalversammlung hatte erst im vergangenen Mai auf Druck des Aktionärsaktivisten Carl Icahn einer Erhöhung der Dividende um 25% auf 3 $ pro Aktie zugestimmt. Mit der Kürzung der Ausschüttung um 80% geht Transocean nur leicht weniger weit als Konkurrent Seadrill, der die Dividende gleich suspendierte.

Disziplinierte Strategie

In der Medienmitteilung erklärte der Verwaltungsrat von Transocean, er halte an der Strategie einer «disziplinierten und ausgewogenen Kapitalzuweisung» fest. Zur Strategie gehörten eine starke, flexible Bilanz und ein Investment-Grade-Rating für die Schulden des Unternehmens, wertschaffende Investitionen ins Bohrgeschäft sowie eine kompetitive und nachhaltige Barausschüttung an die Aktionäre. «Das Niveau der vorgeschlagenen Dividende unterstützt diese Ziele», heisst es in der Medienmitteilung.

Die Wechsel an der Unternehmensspitze – sofort Strachan für Newman als CEO und demnächst Miller für Strachan als VRP – ändern vorerst nichts an den Problemen von Transocean. Eine neue Strategie, wie die Ertragskraft in widrigen Marktverhältnissen gehalten oder gar verbessert werden kann, liegt noch nicht vor. Anlegern ist von einem Engagement weiterhin abzuraten.

Dividendenpolitik divergiertÖlkonzerne benutzen unterschiedliche Rezepte.

Der Ölpreis hat sich von seinem Tief Mitte Januar zwar etwas erholt. Aber die Notierung für ein Fass der Referenzsorte Brent liegt mit zurzeit rund 61 $ immer noch 45% unter dem Zwölfmonatshoch vom Juni 2014. Das hat Folgen für die Ertragslage von Ölunternehmen – und für ihre Fähigkeit, die Ausschüttungen an die Aktionäre zu zahlen.

Als erster Konzern reagierte das norwegische Offshore-Bohrunternehmen Seadrill schon im vergangenen November und suspendierte nach einem 40%-Rückgang des Quartalsgewinns die Dividende. Konkurrent Transocean zieht jetzt mit einer drastischen Dividendenkürzung nach. Vor einer Woche sistierte auch die britische Tullow Oil, die in Afrika Öl sucht und fördert, die Dividende. Sie hatte zuvor den ersten Quartalsverlust in fünfzehn Jahren gemeldet.

Einen andern Weg, um einen limitierten Cashbestand zu schonen, geht der französische Öl- und Gasmulti Total. Er offeriert den Aktionären die Wahl, die Dividende auch in Form von Aktien zu beziehen – das erste Mal in seiner Geschichte. Andere Multis dagegen – Exxon Mobil und Chevron aus den USA sowie Royal Dutch Shell und BP aus Europa – zahlen trotz zuletzt meist erheblichen Gewinnrückgängen nach wie vor eine Bardividende – und erst noch eine leicht höhere.

Alle grossen kotierten Unternehmen der Welt – nicht nur solche aus der Ölbranche – sollen 2015 gemäss einer Schätzung von Henderson Global Investors nur 0,8% mehr Dividenden als 2014 auszahlen. Diese nur noch schwache Steigerung führt das Geldhaus auf Währungsschwankungen, einen langsamer als erwartet auf den Konsum abfärbenden tiefen Ölpreis und ein schwächeres Wirtschaftswachstum zurück.

Die komplette Historie zu Transocean finden Sie hier »

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