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09:56 Uhr - 23.06.2016

Asiatische Millionäre übernehmen die Spitze

Millionäre setzen vermehrt auf alternative Anlagen, wünschen sich ein erfolgsbasiertes Gebührenmodell und bessere digitale Möglichkeiten.

Die Anzahl Dollarmillionäre hat im vergangenen Jahr weltweit 4,9% zugelegt. Mit einem Vermögen von über 10 Bio. $ besitzen die Asiaten erstmals die meisten Vermögen. Global verfügen 15,4 Mio. Haushalte über ein liquidierbares Vermögen von mindestens 1 Mio. $ (High Net Worth Individuals, HNWI). Wichtig ist, dass die Anlagen rasch in Bargeld umgewandelt werden können. Der Hauptwohnsitz und illiquide Sammlungen beispielsweise sind nicht in der Statistik enthalten.

Seit zwanzig Jahren analysiert das Beratungsunternehmen Capgemini (CAP 83.1 -6.26%) in seinem «World Wealth Report» die globale Wohlstandsentwicklung. Neben einem Einblick in die aktuelle Situation und einem Ausblick auf die Vermögensverteilung gibt der Report Einsicht in die Vermögensallokation der Reichen und beleuchtet die digitale Entwicklung aus Kunden- und aus Vermögensverwaltersicht.

Asiaten sind am wohlhabendsten

Weltweit ist die Zahl der Dollarmillionäre im vergangenen Jahr 4,9% gestiegen. Damit hat sich die Zuwachsrate verlangsamt. 2010 bis 2014 betrug das Wachstum durchschnittlich 7,7%. Allerdings hat die Zahl der Dollarmillionäre im asiatisch-pazifischen Raum letztes Jahr mit 9,4% überdurchschnittlich zugenommen. Mit diesen Wachstumsraten haben auch die verfügbaren Vermögen im asiatischen Raum diejenigen in den USA zum ersten Mal überholt. Die meisten Vermögen stammen somit aus dem asiatischen Raum.

HNWI 2010-2015 nach Regionzoom

Mit 61,2% sind die meisten HNWI in den USA, Japan, Deutschland und China beheimatet. Aus diesen Märkten stammen denn auch 81% der neuen Millionäre. Rückläufig war die Entwicklung in Kanada, Russland und Brasilien, was mit schwachen Rohstoffnotierungen zusammenhängt.

Die Schweiz zählte Ende 2015 358’400 Millionäre, das ist ein Zuwachs von 4,5% gegenüber 2014. Treiber waren hauptsächlich gestiegene Immobilienpreise und eine höhere Sparquote.

Capgemini wagt auch einen Blick in die Zukunft. Der asiatische Raum wird weiter am stärksten wachsen. Mit einem Zuwachs von 142% bis zum Jahr 2025 legt die Region etwa dreimal so stark zu wie Europa oder die USA. Zu den Wachstumsmotoren gehören China und Indien. Unter diesen Annahmen stammen 2025 rund 44% der Vermögen aus Asien. Industrien, die den Wohlstand am stärksten antreiben, sind der Finanz-, der Technologie- und der Gesundheitssektor. Das gesamte Vermögen der Dollarmillionäre sollte bis dann die 100-Bio.-$-Grenze übersteigen.

HNWI-Wohlstand nach Regionzoom

Reiche investieren in alternative Anlagen

Die Veränderungen in der Vermögensallokation sind weltweit ähnlich. Dabei haben alternative Anlagen (strukturierte Produkte, Hedge Funds, Derivate, Fremdwährungen, Rohstoffe und Private Equity (PEHN 67 0%)) und festverzinsliche Investitionen zugelegt, die Bargeldbestände abgenommen. Das durchschnittliche Vermögen ist zu je einem Viertel in Aktien und Liquidität investiert. Der Rest verteilt sich beinahe gleichmässig auf Immobilien, Anleihen und alternative Anlagen.

Interessant ist auch das Verhalten der Anleger bei aktiv und passiv verwalteten ETF. Der Anteil passiver ETF ist bei unter vierzigjährigen HNWI mit 20,2% doppelt so hoch wie bei über sechzigjährigen Anlegern (9,8%). Die Analysten von Capgemini gehen davon aus, dass dies mit der Zeit die Strategie der Banken beeinflussen und verändern werde.

In der Schweiz ist die Entwicklung besonders ausgeprägt. «Der Anteil der Liquidität wurde aufgrund des Marktumfelds deutlich reduziert», sagt Tobias Wolf, Leiter des Bankenteams bei Capgemini in der Schweiz, an einer Medieninformation in Zürich. Zudem hat die Gewichtung von alternativen Anlagen, festverzinslichen Investitionen und Immobilien zulasten der Liquidität deutlich zugenommen.

Bei der Befragung wurden auch die Gebührenmodelle unter die Lupe genommen. Aktuell werden bei 30% der befragten Kunden die Gebühren in Abhängigkeit der Vermögen entrichtet. Das entspricht nicht dem Wunsch der Kunden. Sie bevorzugen erfolgsbasierte Gebührenmodelle. Auch das sei eine der künftigen Herausforderungen für die Banken.

Unterschätzte Kunden

Interessante Ergebnisse liefert der Report auch zum Thema Digitalisierung. Zwar verfügen die meisten Unternehmen in der Finanzindustrie über eine klare Vision, wie sie die neuen Technologien einsetzen möchten. «Bei der konkreten Umsetzung indes hapert es», sagt Wolf.

Eine klare Lücke besteht darin, wie sich das Unternehmen selbst wahrnimmt und wie es von aussen eingeschätzt wird. Oft werden die eigenen digitalen Fähigkeiten deutlich überschätzt.

«Befragt man die Kundenberater direkt, wird viel reklamiert», sagt Wolf. Den grössten Mangel sehen sie in der Kundeninteraktion über digitale Medien und der Möglichkeit, potenzielle Kunden auf diesem Weg anzusprechen. Generell unterschätzen die Kundenbetreuer ihre Kunden im Umgang mit digitalen Möglichkeiten. Während sich zwei Drittel der Kunden eine automatisierte Vermögensverwaltung vorstellen können, glauben nur 30% der Kundenberater, dass dies für ihre Kunden ein gangbarer Weg ist.

Dass die Kunden in Asien und Lateinamerika viel stärker von den digitalen Möglichkeiten Gebrauch machen und sich auch selbst informieren, liegt an der Altersstruktur und der digitalen Affinität der jeweiligen Bevölkerung. In diesen Regionen geben 60 bis 70% der befragten Kunden an, sich mindestens einmal pro Woche auf Anlageplattformen im Internet zu informieren. «Die Banken werden die Tiefe ihres Angebots ausbauen. Um mit Fintech-Unternehmen mitzuhalten, werden sie beispielsweise eine Plattform anbieten müssen, auf der der Kunde seine verschiedenen Bankbeziehungen aggregieren kann», sagt Wolf. Auch die Öffnung gegenüber externen Anbietern sei unumgänglich.

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