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16:23 Uhr - 07.07.2014

Offener Wahlausgang in Indonesien verunsichert Anleger

Das Ende des Rohstoffbooms und des billigen Geldes stellt neuen Präsidenten vor enorme Herausforderungen. Die Frage ist, ob Susilos Nachfolger ein klares Mandat für dringende Reformen erhält.

Die indonesische Volkswirtschaft, die Mitte des Vorjahres angesichts eines markant gestiegenen Zahlungsbilanzdefizits gefährlich nahe an den Rand einer Zahlungsbilanzkrise gerückt war, hat sich dank verbesserten makroökonomischen Eckdaten mittlerweile merkbar von ihrem Schwächezustand erholt. Das Hauptthema am Aktienmarkt der mit Abstand grössten südostasiatischen Volkwirtschaft waren in den vergangenen Monaten denn auch nicht aktuelle Wirtschaftsdaten, sondern die am 9. Juli anstehenden Präsidentschaftswahlen.

Rückkehr der Suharto-Dynastie?

Dabei schien der Wahlsieg von Joko Widodo, dem als wirtschaftsfreundlich geltenden Gouverneur der Hauptstadt Jakarta, dank einem Vorsprung von 30% der Stimmen lange Zeit gegeben. Nicht zuletzt deshalb stieg der Jakarta-Composite-Index (JKI) in den ersten vier Monaten 2014 über 20%. Doch nach einer beispiellosen Aufholjagd des pensionierten Dreisternegenerals Prabowo Subianto ist der Ausgang des Rennens weit offen. Prabowo ist der ehemalige Schwiegersohn des 1997 gestürzten langjährigen indonesischen Diktators Suharto. Die Aussicht, dass die Suharto-Dynastie mit Prabowos Gerindra-Partei an die  Spitze des 250 Mio. Einwohner zählenden Staates zurückkehren wird, löste an der Börse Jakarta in den vergangenen Tagen eine erhöhte Volatilität aus.

Während der 31-jährigen Amtszeit Suhartos legte die Wirtschaft dank einer äusserst lockeren Kreditvergabe an regimenahe Unternehmer zwar ein rasantes Wachstum an den Tag, doch mündeten Misswirtschaft und weit verbreitete Korruption in einer Finanzkrise und blutigen sozialen Unruhen. Prabowo, der 1998 aus der Armee ausgeschlossen wurde, werden die Entführung und die Folterung von Oppositionsmitgliedern vorgeworfen.

Reform des Energie- und des Lebensmittelmarktes

Der seit 2004 regierende Präsident Susilo Bambang Yudhoiono kann wegen einer Amtszeitbeschränkung nicht mehr zur Wahl antreten. Seine möglichen Nachfolger an der Spitze des bevölkerungsmässig grössten islamischen Landes haben den Kampf gegen die weit verbreitete Korruption, den Ausbau der Infrastruktur und die Bekämpfung der Armut ins Zentrum ihres Wahlkampfs gestellt. In einer abschliessenden Fernsehdebatte versprachen Widodo wie auch Prabowo eine umfassende Reform des Energie- und des Lebensmittelmarktes. Damit sollen unter anderem das Budgetdefizit wie auch die Inflationsrate gesenkt werden.

Weit offen bleibt, wie diese Versprechen umgesetzt werden sollen. Das vor allem auch deshalb, weil keine der Parteien der beiden Spitzenkandidaten im Parlament über eine Mehrheit verfügt. Widodos Demokratische Partei des Kampfes (PDI-K) schloss in den drei Monate zurückliegenden Parlamentswahlen zwar am besten ab, doch erhielt sie dabei weniger als 20% der Stimmen. Der zukünftige Präsident ist, ebenso wie sein Vorgänger, im Parlament auf Koalitionspartner angewiesen. Die Reformen dürften damit auch in den kommenden Jahren eher stockend vorankommen.

Susilos durchzogene Bilanz

Die Wirtschaft des rohstoffreichen Landes wuchs seit 2004 zwar jährlich im Durchschnitt 5,4%, doch war dieses beachtliche Resultat weniger das Verdienst von Präsident Susilo, sondern war der weltweit grossen Liquidität wie auch den hohen Gas-, Kupfer- und Kohlepreisen zu verdanken. Angesichts des sich abzeichnenden Endes des billigen Geldes wie auch des zyklischen Tiefs auf dem Rohstoffmarkt dürften diese Sonderfaktoren der Wirtschaft in den kommenden Jahren weniger Rückenwind geben. Entsprechend wichtig ist deshalb eine nachhaltige Verbesserung der makroökonomischen Eckdaten. Dafür benötigt der neue Präsident ein klares Mandat der Wähler.

Umso gespannter warten die Anleger am indonesischen Finanzmarkt auf das offizielle Wahlresultat. Ein hauchdünner Entscheid würde vom unterlegenen Kandidaten mit grosser Wahrscheinlichkeit angefochten. Eine sich lange hinziehende Neuauszählung könnte an der Börse eine Verkaufswelle auslösen und einen Kapitalabfluss ins Ausland nach sich ziehen. Damit könnte das Zahlungsbilanzdefizit wie bereits Mitte 2014 erneut an Schärfe gewinnen. Sollte das für den 21. Juli erwartete Wahlresultat klar ausfallen, würde das dem zukünftigen Präsidenten Vorschusslorbeeren bescheren. Die Börse Jakarta würde das wohl unabhängig von der Person des Siegers mit Kursgewinnen belohnen. Doch auch damit steht der neue indonesische Präsident mittel- und langfristig vor enormen Herausforderungen.

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