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17:16 Uhr - 02.09.2016

Bankrott am Boardwalk

Wie sich Donald Trump mit seinen Kasinos in der Glücksspielmetropole Atlantic City hoffnungslos verzockte und den Schaden auf andere abwälzte.

An diesem Abend Anfang April 1990 sind alle Kameras auf Donald Trump gerichtet. In einem Gewitter von Blitzlichtern streckt er siegessicher die Faust empor und zelebriert die Eröffnung des Trump Taj Mahal in Atlantic City. Es ist zu dieser Zeit das grösste Kasino der Welt und bereits das dritte, das er im Vergnügungsressort von New Jersey an der US-Ostküste betreibt.

Vom Kreischen Hunderter Fans verfolgt, führt er am nächsten Tag den Popstar Michael Jackson durch die kolossale Anlage, die er als «das achte Weltwunder» preist. Mit der Show ist es jedoch bald vorbei. Nur wenige Monate später fällt Trumps Immobilienkonglomerat wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die Riesenpleite treibt ihn auch persönlich fast in den Konkurs. Bis heute steht hinter seinem Leistungsausweis als Unternehmer ein grosses Fragezeichen.

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«Donald Trump hat sich kaum verändert. Auch heute ist alles, was er anrührt, das Grösste, Beste und Schönste», sagt Jim Whelan, damals Bürgermeister von Atlantic City. Er erinnere sich gut an all die fantastischen Versprechen, die Trump der Stadt gemacht hat, wie zum Beispiel eine Achterbahn vor dem Taj Mahal, die selbst Disneyland in den Schatten gestellt hätte. «Trump hat in seinen Kasinos zwar viele Leute beschäftigt, was gut war für Atlantic City», meint Whelan.

Wegen des Bankrotts hätten dann aber nicht nur die Banken Geld verloren, sondern auch viele Kleinanleger und mittelständische Unternehmen, die ihm beim Bau halfen. «Wenn sie überhaupt etwas erhielten, dann nur einen Bruchteil der vereinbarten Bezahlung», sagt Whelan.

Monopol am Atlantik

Atlantic City liegt Mitte der Siebzigerjahre am Boden. Um die einstige Topdestination für Sommertouristen im Süden von New Jersey neu zu beleben, wird 1976 das Glücksspiel legalisiert. Östlich des Mississippi gibt es zu jener Zeit keine Kasinos in den USA, was der Stadt ein Monopol unweit von Ballungszentren wie New York, Philadelphia und Baltimore sichert.

«Die Idee war, dieses Geld in die Infrastruktur zu investieren und Atlantic City wieder zu einem gefragten Ferienziel zu machen», sagt David Schwartz, Direktor des Center for Gaming Research an der Universität von Nevada. Am Boardwalk, der berühmten Strandpromenade, geht in den frühen Achtzigerjahren ein Kasino nach dem anderen auf. Die Spieleinnahmen sind bald grösser als in Las Vegas.

Chancen auf den Jackpot rechnet sich ein junger Hotshot aus New York aus: Donald Trump hat sich in Manhattan mit dem Umbau des Luxushotels Grand Hyatt und dem Trump Tower einen Namen gemacht. Zu verdanken hat er das primär der Finanzkraft und den Beziehungen seines Vaters, der zu den grössten Immobilienentwicklern in New Yorks Stadtteilen Brooklyn und Queens zählt.

Im Mai 1984 eröffnet Trump mit dem Trump Plaza sein erstes Kasino in Atlantic City. Das Projekt basiert auf einer Partnerschaft mit der damaligen Hotelkette Holiday Inns, wobei es rasch zum Streit kommt. Er übernimmt die Anlage ganz und macht ein Jahr später mit Trump Castle ein zweites Kasino auf, das er in der Bauphase der Hilton-Hotelgruppe abgeworben hat.

Während des Booms der späten Achtzigerjahre hält Trump nichts mehr auf. In New York kauft er sich das Plaza Hotel und will auf dem Baugelände West Side Yards den weltgrössten Wolkenkratzer bauen. Er erwirbt die Megajacht des saudischen Waffenhändlers Adnan Khashoggi, besitzt einen Football Club und dann sogar eine Airline.

Seine Autobiografie «The Art of the Deal» aus dem Jahr 1987 wird zum Bestseller, und er denkt erstmals laut über eine Präsidentschaftskandidatur nach. «Er ist das Phänomen des Jahres», schreibt das Magazin «People» Ende 1989. «Ein 41-jähriges Mitglied einer Spezies, die am Rand des Aussterbens steht: Er ist ein Tycoon.»

Zum Kronjuwel von Trumps bunt zusammengebasteltem Imperium soll das Taj Mahal in Atlantic City werden, das er 1987 als Bauprojekt von der Kasinogruppe Resorts übernimmt. Als der 1 Mrd. $ teure Spieltempel fertiggestellt ist, zählt er rund 3000 Automaten und 160 Spieltische auf einer Fläche von fast zwei Fussballfeldern. In Anlehnung an das historische Grabmal in Indien zieren siebzig Zwiebeltürme und Mini-Minarette die Anlage.

Die Zufahrt bewachen neun steinerne Elefanten von je zwei Tonnen Gewicht. «Niemand hätte gedacht, dass das je gebaut werden könnte – das war das grösste Risiko. Ich liebe es aber, wenn ich den Leuten das Gegenteil beweisen kann», sagt Trump der «New York Times» bei der Eröffnung.

Hier ein Eindruck des damaligen Ansturms

Wie wacklig das Fundament ist, erkennen nur wenige. Um seine Ausgaben zu finanzieren, nimmt Trump im grossen Stil Bankkredite auf und zapft den heiss laufenden Markt für Hochzinsanleihen an. Allein für das Taj Mahal sind es 675 Mio. $ an Junkbonds zu 14% Zins.

Bereits Ende 1987 mahnt das Anlegermagazin «Grant’s Interest Rate Observer» daher zu Vorsicht. «Man kann reich erscheinen, obwohl man kaum Cash hat», sagt Herausgeber Jim Grant. «Genau das vermutete ich damals bei Donald Trump: Dass er überschuldet und verletzlich ist.» Alarm schlägt auch der Finanzanalyst Marvin Roffman vom Broker Janney Montgomery Scott. Er warnt, dass das Taj zur Deckung der Kosten täglich 1 Mio. $ einspielen müsse, was so gut wie unmöglich sei. Als Trump davon erfährt, droht er mit Klagen, bis Roffman gefeuert wird.

Erste Probleme treten schon vor der Eröffnung auf. Auf dem Weg nach Atlantic City verunglücken die wichtigsten zwei Manager des Taj Mahal mit dem Helikopter. Zudem sind die Zeitungen voll von Schlagzeilen über Trumps Scheidung, die seine Frau Ivana wegen seiner Affäre mit der Schauspielerin Marla Maples einreicht. Und am ersten Tag fällt eine ganze Sektion von Spielautomaten aus.

Daddy muss zu Hilfe eilen

Nach dem ersten Rummel verliert das Taj rasch an Glanz. Die Dimensionen sind zwar riesig. Verglichen mit dem Mirage-Kasino, das Branchenpionier Steve Wynn ein halbes Jahr zuvor in Las Vegas eröffnet hatte, hat es jedoch kaum mehr Charme als ein vollgestopfter Hangar. Zu spät dämmert den Banken, dass Unheil droht. «Die Trump Organisation, und speziell Donald J. Trump, sahen sich im Frühling mit einem schwerwiegenden finanziellen Engpass konfrontiert», hält die Kasinokommission von New Jersey im August 1990 fest.

zoomEs wird klar, dass Trump die Zinsen auf seinen Krediten nicht zahlen kann. Als Ende Jahr ein grösserer Betrag fällig wird, ersucht er seinen Vater um Hilfe. Dieser schickt einen Anwalt in geheimer Mission nach Atlantic City und lässt ihn im Plaza für 3,5 Mio. $ Spielchips einlösen. Der Kollaps lässt sich aber nicht aufhalten. Am 16. Juli 1991 meldet das Taj Mahal Konkurs an. Das Plaza und das Castle folgen gut ein halbes Jahr später.

Im Zug der langwierigen Restrukturierung stellt sich heraus, dass Trump insgesamt 3,2 Mrd. $ Schulden angehäuft hat. Für 900 Mio. $ bürgt er persönlich. Für seine Gläubiger, darunter Chase Manhattan, Citibank, Bankers Trust und Manufacturers Hanover, macht ihn das Too-big-to-fail. Wegen des Einbruchs im Immobilienmarkt sitzen sie auf einem Berg fauler Kredite, weshalb Trump für sie mehr Wert ist, wenn er selbst nicht Pleite geht. Stattdessen wird sein Konzern Stück für Stück zerlegt und verscherbelt. Die Banken limitieren seine persönlichen Ausgaben. Es bleibt ihm nur die Kontrolle über die Kasinos, Trump Tower und das Golfressort Mar-a-Lago in Florida.

«In Atlantic City Geld zu verdienen, war damals recht einfach. Trump hat jedoch nie gelernt, wie man ein Kasino richtig führt. Er gehört damit zu den wenigen in der Branche, die nie Erfolg hatten», sagt Tim O’Brien, der Trumps Karriere im Buch «TrumpNation» nachgeht. «Er ist zwar ein guter Selbstdarsteller und vermarktet sich hervorragend», räumt O’Brien ein. «Trump ist jedoch ein miserabler Geschäftsmann und versteht weder etwas von Finanzen noch von operativer Führung», sagt er. «Die Idee, dass Trump mit der US-Regierung einen der grössten Behördenapparate der Welt leiten könne, ist reine Fantasie, wie sein Leistungsausweis in Atlantic City zeigt.»

Trumps Pleiten Mai 1978 Erstes Kasino in Atlantic City geht auf Februar 1983 Trump Tower in New York wird eröffnet Mai 1984 Trump Plaza in Atlantic City nimmt Betrieb auf Juni 1985 Trump Castle wird eröffnet April 1990 Trump Taj Mahal geht auf Juli 1991 Taj Mahal geht in Konkurs März 1992 Trump Castle und Trump Plaza melden Konkurs an Juni 1995 Trump Hotels and Casino Resorts geht an die Börse Januar 2004 Erste Folge von «The Apprentice» wird ausgestrahlt November 2004 Trump Hotels & Casino Resorts meldet Konkurs an, wird zu Trump Entertainment Resorts umfirmiert Februar 2009 Trump Entertainment Resorts geht in Konkurs, Trump steigt weitgehend aus Juli 2010 Hedge Fund Avenue Capital übernimmt Trump Entertainment Resorts Februar 2011 Trump Castle wird an Landry’s Restaurants verkauft und in Golden Nugget umbenannt September 2014 Trump Entertainment Resorts meldet Konkurs an, Plaza wird geschlossen Februar 2016 Carl Icahn übernimmt Taj Mahal August 2016 Icahn kündigt an, Taj Mahal am 10. Oktober zu schliessen

Desaster an Wallstreet

Die erste Hälfte der Neunzigerjahre wird für Trump zur schwierigsten Phase seines Lebens. Sein Glück ist, dass die Hausse am Aktienmarkt beginnt. Im Sommer 1995 bringt er die Kasinos an die Börse und wälzt seine Schulden so auf die Aktionäre ab. zoomzoomFür sie endet das Engagement im Desaster. Die Gesellschaft, die unter dem Namen Trump Hotels & Casino Resorts firmiert, ächzt dermassen unter der Last der Zinsen, dass sie nie Gewinn erwirtschaftet. Derweil lässt sich Trump als Hauptaktionär und Chairman Millionen auszahlen. Kaum zehn Jahre später haben die Titel 90% ihres Werts verloren.

Trumps Image schadet das wenig. Als Anfang 2004 die erste Staffel der Reality-TV-Show «The Apprentice» mit ihm ausgestrahlt wird, präsentiert er sich als smarter Baulöwe. Seit dem Grounding in Atlantic City investiert er selbst aber kaum noch in seine Immobilienprojekte. Er baut für andere, die ihm einen Anteil dafür geben, dass sie den Namen Trump nutzen dürfen. Seine Präsenz am Fernsehen treibt seine Lizenzierungsmaschine erst recht an. Als seine Kasinogruppe im Spätherbst 2004 erneut in Konkurs geht, stellt er das als Lappalie dar. «Meiner Meinung nach ist das kein Fehlschlag, sondern ein Erfolg. Eigentlich ist es lediglich ein technisches Detail», sagt er der Nachrichtenagentur «Associated Press».

Heute prahlt Präsidentschaftskandidat Trump damit, wie viel Geld er mit seinen Kasinos verdient und wie clever er die Gläubiger ausgespielt habe. Mit Atlantic City hat er nichts mehr zu tun. Sein Kasinokonzern meldet 2009 abermals Konkurs an, worauf seine Beteiligung weitgehend ausgelöscht wird. Das Trump Castle gehört inzwischen dem Unterhaltungskonzern Landry’s und nennt sich Golden Nugget. Das Plaza ist seit 2014 geschlossen.

Aussenbeschriftungen, die an Trump erinnern könnten, sind abmontiert. Das Trump Taj Mahal ist seit Februar 2016 im Besitz des Hedge Fund Managers Carl Icahn. Wegen eines Konflikts mit den Gewerkschaften hat er vor wenigen Wochen angekündigt, die Anlage am 10. Oktober zu schliessen. Auch im letzten Kasino, das in Atlantic City den Namen Trump trägt, würden damit bald die Lichter ausgehen.

Das Wichtigste» Kasinos in Atlantic City sind Ende der Achtzigerjahre ein Hauptpfeiler von Trumps Unternehmensgruppe.

» Die massive Überschuldung führt wiederholt zum Konkurs. Trumps Kasinos sind nie profitabel.

» Sein Leistungsausweis in Atlantic City widerspricht seiner Behauptung, er sei ein «ausgezeichneter Unternehmer».

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