Das Geschäft läuft überall rund. Die jetzt erreichte Gewinnkraft lässt sich nun kaum mehr stark steigern. Aktien nur in Schwächen kaufen.
OC Oerlikon (OERL 16.35 8.78%) strotzt vor Saft und Kraft. Das durch den Verkauf des Getriebegeschäftes auf zwei Segmente verkleinerte Unternehmen kann sowohl im grösseren der beiden, Surface Solutions, als auch im kleineren (und hochzyklischen), Manmade Fibers, hohen Umsatz- und Gewinnanstieg vorweisen.
Dass Manmade Fibers, der Anlagenbau für die Kunstfaserherstellung, nochmals eine starke Umsatzzunahme von 108% auf 514 Mio. Fr. zeigen würde, war aufgrund des vorangegangenen Verlaufs des Bestellungseingangs zu erahnen. Manmade Fibers konnte allein im ersten Quartal für 373 Mio. Fr. Aufträge entgegennehmen – ein Rekord und ein gewaltiger Turnaround. Noch zwei Jahre zuvor, im ersten Quartal 2016, waren bloss Bestellungen für 124 Mio. Fr. hereingekommen. Das zeigt die hohe Zyklizität des Textilmaschinengeschäfts. Die rasante Umsatzexpansion liess den Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda) von 3 auf 59 Mio. Fr. steigen.
Dynamisch entwickelte sich auch das viel konstantere Surface-Solutions-Geschäft. Es wies einen Umsatzzuwachs von 13% auf 755 Mio. Fr. aus. Der Ebitda nahm leicht unterproportional um 5,7% auf 149 Mio. Fr. zu, wodurch die Marge leicht auf 19,7% sank. Im zweiten Quartal war die Marge allerdings über 20% und zeigt auf Quartalsbasis zum zweiten Mal hintereinander einen höheren Wert. Die Marge dieses Segments wird derzeit durch den Aufbau des Geschäfts mit Additiver Fertigung (3-D-Druck) belastet (vgl. Artikel oben).
Ende Juli hat Oerlikon den Verkauf des Segments Drive Systems bekannt gegeben. Dieses Geschäftsfeld ist nicht mehr in den jetzt präsentierten Zahlen enthalten. Die Vorjahreswerte wurden entsprechend angepasst. Bis zum Vollzug des Verkaufs wird Drive Systems als nicht weitergeführtes Geschäft behandelt, in der Erfolgsrechnung wird bloss noch dessen Reingewinn einbezogen. Durch den Verkauf fällt zwar Umsatz weg, doch steigt die Ebitda-Marge, weil Drive Systems unterdurchschnittlich rentierte.
Marge bald ausgereizt
Für das Gesamtjahr rechnet Oerlikon mit einem Umsatz von über 2,6 Mrd. Fr. und einer Ebitda-Marge von mehr als 15,5%. Das Umsatzziel suggeriert ein stärkeres zweites Halbjahr, die Marge jedoch ein schwächeres. Denn die Ebitda-Marge betrug per Ende Juni 16,4%. Darin sind allerdings knapp 10 Mio. Fr. oder 0,8 Prozentpunkte auf nicht näher bezeichnete Sondererträge aus dem Drive-Systems-Verkauf enthalten.
Damit dürfte Oerlikon den weitaus grössten Teil der Margensteigerung in diesem Zyklus hinter sich haben. Das Manmade-Geschäft, das in früheren Zyklen auch einmal 16 oder 18% Marge abgeworfen hat, soll in diesem Zyklus solche Werte nicht mehr erreichen können, sagte Oerlikon-CEO Roland Fischer an einer Telefonkonferenz. Andererseits sind hier die Kapazitäten bis weit ins 2021 hinein gefüllt, was gute Gewinne verspricht, aber kaum mehr Wachstum, denn Oerlikon baut die Kapazitäten hier nur vorsichtig aus. Der Bestellungseingang im zweiten Quartal ist denn auch mit 282 Mio. Fr. rund 90 Mio. Fr. niedriger als im ersten Quartal.
Die Dynamik nimmt ab
Basierend auf diesen Perspektiven scheint ein Gewinn pro Aktie von 55 Rp. für 2018 (ohne Drive Systems) und 65 Rp. für 2019 erreichbar. Damit sind die Aktien Oerlikon mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis bezogen auf 2019 von 25 bewertet. Bereinigt um die hohe Nettoliquidität von um 1 Mrd. Fr. nach dem Verkauf von Drive Systems beträgt das KGV noch 21.
Das ist für ein Unternehmen mit einem Geschäftsteil, der stark schwanken kann und zudem dem Zyklushoch zustrebt, nicht mehr günstig. Kommt dazu, dass Manmade Fibers gerade dann in einen neuen Abschwung gerät, wenn der neue Bereich Additive Fertigung allmählich an Statur gewinnt. Nach den Kursavancen vom Dienstag sollten für Käufe niedrigere Kurse abgewartet werden.
Die komplette Historie zu OC Oerlikon finden Sie hier. »
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