Aktionärsberater bemängeln auch bei UBS viele Rechtsfälle und hohe Spitzensaläre.
Die Teppichetage der Schweizer Grossbanken atmet auf. In diesem Jahr entgehen sie der traditionellen öffentlichen Standpauke von Kleinanlegern und Aktionärsberatern. Denn auch UBS (UBSG 9.064 0.78%) und Credit Suisse (Credit Suisse 7.6 -0.42%) (CS) sind durch die Coronakrise gezwungen, ihre Generalsversammlungen (GV) am 29. und 30. April ohne Publikum abzuhalten. Dass die Veranstaltungen reibungslos ablaufen, ist damit aber nicht gesagt. In diesem Jahr muss insbesondere die CS-Spitze zittern.
Der grosse internationale Stimmrechtsvertreter, Glass Lewis, empfiehlt, die Zustimmung zur Vergütung 2019 sowie die Décharge zu verweigern. Mit Letzterem verzichten Aktionäre auf ein sechsmonatiges Klagerecht gegen das Management. Décharge zu verweigern hat aber vor allem symbolischen Charakter. Die Konzernspitze wird so öffentlich abgestraft. Das blüht CS wegen der Beschattungsaffäre um die Ex-Geschäftsleitungsmitglieder Iqbal Khan und Peter Goerke.
Schwerer Schaden
Der geschasste Ex-COO der Bank, Pierre-Olivier Bouée, soll eigenmächtig die Bespitzelungen in Auftrag gegeben haben. Er galt als engster Vertrauter von Ex-CEO Tidjane Thiam, der im Zuge der Affäre vom Verwaltungsrat (VR) zum Rücktritt gezwungen wurde. Das Vertrauen in die Bank sei durch den Skandal schwer beschädigt, schreibt Glass Lewis. Unterstützung kommt von den Schweizer Aktionärsberatern und Stimmrechtsvertretern Inrate und Ethos. Sie sind gegenüber den Grossbanken stets kritischer eingestellt.
Ob die Décharge durchfällt, bleibt allerdings abzuwarten. Gemäss Informationen von FuW orientieren sich zwar gut 40% des CS-Aktionariats an den Empfehlungen von Glass Lewis. Der Einfluss der Schweizer Berater ist dagegen gering. Die Aktionariate der Grossbanken bestehen schwergewichtig aus US-domizilierten Asset-Managern. Und der grösste Stimmrechtsberater der Welt, ISS, an dem sich die Mehrheit orientiert, empfiehlt alle kritischen GV-Traktanden der Grossbanken zur Annahme.
Das war 2019 noch anders. Damals verweigerten die Aktionäre auf Empfehlung von ISS und Glass Lewis der UBS-Spitze um Präsident Axel Weber und CEO Sergio Ermotti die Décharge. Grund war der Gerichtsfall in Frankreich. Anfang 2019 wurde die Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung dort zu einer Rekordbusse von 4,5 Mrd. € verurteilt. Dieses Jahr hat UBS den Frankreichfall explizit herausgenommen. Auch wenn die französischen Gerichte bis auf Ausnahmefälle wegen der Pandemie geschlossen sind, soll der Berufungsprozess weiterhin vom 2. bis 29. Juni stattfinden, wie aus der Bank zu hören ist.
Grundsätzlich kritisieren alle Berater die Fülle an Rechtsfällen, in die UBS und CS seit Jahren verstrickt sind, sowie die resultierenden Milliardensummen an Bussen und den Schaden des Aktionärswerts. Regelmässig werden auch die Saläre beanstandet. So lehnt Glass Lewis ebenfalls wegen der Beschattungsaffäre die CS-Vergütung für 2019 ab. Die Bank sei bezüglich Boueés Lohn zu wenig transparent.
Zudem sei die Vergütung von Ex-CEO Thiam zu grosszügig. Er erhielt für 2019 10,7 Mio. Fr. und ist damit einer der bestbezahlten Manager in Europa. Getoppt wird er von UBS-Kollege Ermotti mit 12,5 Mio. Fr. Doch, wenn es für CS auch bei diesem Traktandum knapp werden könnte, Konsequenzen muss sie aus einer Ablehnung nicht ziehen. Es handelt sich um eine nicht bindende Abstimmung.
Die Schweizer Berater lehnen seit Jahren die Spitzenvergütungen der Grossbanken als zu kompliziert und überrissen ab. Und selbst ISS und Glass Lewis, die grundsätzlich oft ihr Okay geben und Verbesserungen loben, kritisieren, dass die hohen Saläre nicht im Einklang mit der Performance und der Aktionärsrendite der vergangenen Jahre stehen. Beide Banken äussern sich nur oberflächlich zu den Empfehlungen. Man nehme sie zur Kenntnis, stehe im Austausch und respektiere die Aktionärsdemokratie, heisst es aus den Geldhäusern.
Rohner-Wahl scheint sicher
Die Wiederwahl von CS-Präsident Urs Rohner scheint derweil kaum in Gefahr. Die Schweizer Berater fordern zwar seit Jahren vergeblich dessen Abwahl. ISS und Glass Lewis stützten ihn dagegen stets. Und auch einer der grossen CS-Aktionäre, die US-Investmentgesellschaft Harris Associates hat seine Opposition aufgegeben. Harris drohte zu Jahresbeginn noch mit einer Abwahlkampagne gegen Rohner, sollte CEO Thiam gegangen werden. Danach zog er die Drohung allerdings zurück. Besänftigend soll Rohners Versprechen gewirkt haben, an der GV 2021 einem Nachfolger Platz zu machen und keine Verlängerung seiner Amtszeit mehr anzustreben.
Kaum Opposition wird auch gegen die Planung der Banken erwartet, wegen der Coronakrise die Dividende in zwei Tranchen ausschütten zu wollen. Einzig Ethos rät, die Dividende angesichts der Unsicherheiten komplett einzubehalten. Nach dem Willen der Banken soll die zweite Hälfte im vierten Quartal von einer ausserordentlichen GV genehmigt werden. Vielleicht bietet sich dann für die Aktionäre doch noch Gelegenheit zu öffentlichen Wortmeldungen in diesem Jahr.
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