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11:48 Uhr - 21.03.2017

«Vielen Anleihenfonds blühen Verluste»

Star-Fondsmanager Michael Hasenstab von Franklin Templeton erklärt im Interview, wie er auch in besseren wirtschaftlichen Zeiten mit Anleihen Gewinne einstreichen will.

Es ist eine Herausforderung: ein globaler Anleihenfonds, der auch bei steigenden Zinsen nicht an Wert verlieren soll. Mit diesem Ziel verwaltet Star-Fondsmanager Michael Hasenstab über verschiedene Fonds 120 Mrd. $ an Anlagen für den Asset-Manager Franklin Templeton. Eine hohe Rendite erhofft er sich von Wetten auf Schwellenländer, in denen die Regierung einen wirtschaftsfreundlichen Kurs eingeschlagen hat.

Zur PersonMichael Hasenstab hat kein Problem damit, Positionen gegen den Mainstream einzugehen. So besteht die grösste Länderallokation seines Templeton Global Bond Fund mit über 22% aus mexikanischen Staatsanleihen – trotz dem Wertverfall des mexikanischen Pesos und den Sorgen um einen Handelskrieg mit den USA. Regelmässig wird der Amerikaner für seine grossen Wetten auf einzelne Länder kritisiert. Etwa als er während der Eurokrise irische Anleihen kaufte. Oder als er 2013 ungefähr ein Drittel aller ausstehenden ukrainischen Staatsanleihen erwarb.

Der 43-jährige Hasenstab begann seine Karriere 1995 bei Franklin Templeton als Kreditanalyst. Elf Jahre später wurde er als bester globaler Fondsmanager ausgezeichnet. Sein Anleihenfonds konnte zwar im vergangenen Jahr den Index wieder schlagen. Doch zeitweise musste er Rückschläge einstecken. Seit dem Höhepunkt im Jahr 2013 wurden über 70 Mrd. $ aus seinen Fonds abgezogen. Hasenstab studierte am Carleton College internationale Beziehungen und politische Ökonomie. Sein Doktoratsstudium in Volkswirtschaftslehre absolvierte er an der Australian National University in Canberra. Sein Büro liegt im kalifornischen San Mateo.
Herr Hasenstab, Ihr Templeton Global Bond Fund konnte vergangenes Jahr den globalen Anleihenindex schlagen. Woher soll dieses Jahr die Outperformance kommen?
Am wichtigsten ist es, kein Geld zu verlieren. Und das blüht vielen Anleihenfonds, wenn die Zinsen in den USA weiter steigen. Dabei kommt unserem Fonds zugute, dass er dank Absicherungsgeschäften negativ mit dem Kurs von US-Staatsanleihen korreliert. Die zweite Performancequelle wird der positive, strukturelle Wandel von einzelnen Schwellenländern sein.

An welche Länder denken Sie dabei?
Wir haben Positionen in Mexiko, Brasilien, Kolumbien und zuletzt Argentinien aufgebaut. In kolumbianischen Anleihen sind wir nun gar der grösste ausländische Investor. Ich hätte es früher kaum für möglich gehalten, aber in Südamerika gibt es Regierungen, die eine wirtschaftsfreundlichere Politik verfolgen als die entwickelten Länder.

Profitieren diese Länder im Moment nicht nur von der weltwirtschaftlichen Erholung?
Nein, in Argentinien ist es allein die Regierung unter Präsident Mauricio Macri, die in der Wirtschaft für frischen Wind sorgt. Die weitere positive Entwicklung in den südamerikanischen Ländern hängt also nicht an den steigenden Rohstoffpreisen oder an der Erholung des chinesischen Wachstums, sondern daran, ob die Politik den eingeschlagen Reformkurs fortsetzt.

Sie setzen auf einzelne Schwellenländer, obwohl Sie steigende US-Zinsen erwarten. Kommt es dann nicht zum willkürlichen Ausverkauf bei Schwellenländeranlagen?
Dieser willkürliche Ausverkauf ist doch schon über die vergangenen Jahre geschehen. Schwellenländeranleihen in Lokalwährung waren bis auf letztes Jahr eine der schlechtesten Anlageklassen. Jetzt sind einzelne Länder deutlich attraktiver und können auch bei steigenden US-Zinsen Kapital anziehen. Selbst wenn die US-Notenbank die Zinsen um 2 Prozentpunkte erhöht, bleiben brasilianische Renditen von um die 10% attraktiv.

Wie weit können die Renditen in den USA noch steigen?
Wenn die Politik der Zentralbanken nicht den Anleihenmarkt verzerrt hätte, wäre bei einem Wirtschaftswachstum von 3% und einer Inflation von 3% eine langfristige Rendite von 6% angebracht. Doch da diese Verzerrung weiterhin besteht, wird die Rendite wohl nicht auf ein solch hohes Niveau steigen – aber sich in diese Richtung bewegen.

Und ab wann lohnt sich der Einstieg in US-Staatsanleihen?
Das kommt nicht nur auf das Niveau der Renditen, sondern auch auf die Position im Konjunkturzyklus an. Die Politik von Donald Trump wird der Wirtschaft mit höheren Infrastrukturausgaben, Deregulierung und Steuersenkungen einen neuen Adrenalinschub verabreichen. Und das, obwohl die Wirtschaft schon nahe der Vollauslastung operiert. Dies wird zu mehr Investitionen und mehr Krediten führen. Zwangsläufig wird es aber ab einem bestimmten Punkt zu einer übermässigen Kreditvergabe kommen. Dann ist es Zeit, mit einer Position in amerikanischen Staatsanleihen auf sinkende Zinsen zu setzen.

Wird nicht der sich aufwertende Dollar für ein vorzeitiges Ende der steigenden Zinsen sorgen?
Über die Aufwertung des Dollars wird zwar viel geredet, aber die Währungsstärke wird die amerikanische Konjunktur nicht schwächen. Die US-Wirtschaft ist faktisch ziemlich abgeschottet vom Rest der Welt. Auch höhere Zinsen werden keinen Wachstumseinbruch in den USA bringen. Die Konjunktur kann es verkraften, wenn die Zinsen um 2 Prozentpunkte erhöht werden.

Profitieren Sie mit Ihrer Strategie der negativen Korrelation mit US-Staatsanleihen nicht vom kurzfristigen Hype um Donald Trump – von der Trumpflation?
Nein, unsere grösste Outperformance im vergangenen Jahr hatten wir im Oktober. Also (ALSN 129.6 0.47%) zu einer Zeit, als noch niemand mit der Wahl von Donald Trump gerechnet hat. Trump hat nur einen schon zuvor bestehenden Trend der wirtschaftlichen Erholung befeuert. Damit unsere Strategie funktioniert, braucht es nur ein leicht positives Wachstumsszenario. Natürlich sind wir aber nicht auf eine neue Rezession ausgerichtet.

Grosse Aufmerksamkeit brachte Ihnen der Kauf von ukrainischen Staatsanleihen ein. Behalten Sie die Position, obwohl der Konflikt im Osten der Ukraine nicht gelöst ist?
Nach der Umstrukturierung der Staatsanleihen ist das Land auf einem guten Weg. Die Anleihen bringen weiterhin eine hohe laufende Rendite. Die Bedingungen des Internationalen Währungsfonds werden von der Regierung eingehalten. Damit fliesst auch neues ausländisches Kapital zu. Die Anleihen lohnen sich damit, auch wenn man annimmt, dass sich die Ostukraine endgültig abspalten wird.

Eine hohe Rendite zahlen auch türkische Anleihen. Ist das nicht eine Gelegenheit?
Wir werden zwar oft als Contrarians bezeichnet. Aber das bedeutet nicht, dass wir etwas kaufen, nur weil es an Wert verloren hat. Viele Anlagen verlieren berechtigterweise an Wert. Wir werden trotz hoher Rendite weder Anleihen der Türkei noch Nigerias kaufen, solange die Fundamentaldaten dort schlecht sind und keine politischen Massnahmen zur Verbesserung der Lage ergriffen werden.

Mit Ihrer Positionierung in Schwellenländern und einer negativen Korrelation mit US-Staatsanleihen führen Sie keinen klassischen Anlagefonds. Warum sollten Investoren bei Ihnen einsteigen?
Wir bieten keinen Ersatz für ein sicheres Bankkonto. Aber bei steigenden Zinsen werden im Portfolio der Anleger nicht nur Anleihen, sondern auch Aktien unter Druck geraten. Von den lange sinkenden Zinsen konnten ja die Aktien ebenso profitieren. Wir bieten mit unserem Produkt eine Anlage zur Diversifizierung: Unser Fonds ist negativ mit Staatsanleihen korreliert und hat wenig Korrelation mit Aktien.

Sehen Sie Chancen in Europa?
Nein, wir halten keine Positionen in europäischen Anleihen. Auf den Euro halten wir sogar eine Short-Position, setzen also auf eine schwächere Währung. Das ist unsere Absicherung gegen den Wahlsieg einer nationalistischen Partei in den anstehenden Wahlen in Europa – oder zumindest die Entwicklung, dass sich die gemässigten Parteien von den Populisten beeinflussen lassen. Diese Entwicklung ist ja in Deutschland bereits zu beobachten.

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