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07:41 Uhr - 23.07.2019

Lindt & Sprüngli nimmt Fahrt auf

Der Schokoladehersteller wächst in den USA wieder deutlich. Umsatz- und Margenziel werden bestätigt. Die Aktien sind hoch bewertet.

Die Durststrecke in den USA ist überwunden. Alle drei Marken – Lindt, Ghirardelli und Russell Stover – haben zum Wachstum des wichtigsten Absatzmarkts von Lindt & Sprüngli beigetragen. Auf Konzernebene resultierte ein organisches Wachstum von 6,2%. Weltweit setzte der Schokoladeproduzent in den ersten sechs Monaten 1,76 Mrd. Fr. um. Mit der besten Entwicklung seit 2016 hat er die Basis für ein solides Gesamtjahr gelegt. Die Aktien profitierten vom Drive in den USA.

Auf 7,2% organisches Wachstum kam Lindt & Sprüngli in Nordamerika. Dabei entwickelte sich das Geschäft in den USA sogar noch etwas rascher als in Kanada, wie Finanzchef Martin Hug an einer Telefonkonferenz ausführt. Das Marktumfeld in den USA habe sich nach schwierigen Jahren leicht erholt.

Auch das Sorgenkind Russell Stover, das seit der Übernahme im Sommer 2014 in einer permanenten Umstrukturierung stand, kehrte zu Wachstum zurück. Getrieben wurde die Entwicklung von der neuen zuckerfreien Stevia-Produktlinie und der Pralinenlinie Bow Line.

Warten auf mehr Ertrag

Im zweiten Halbjahr lasse sich das Tempo in Nordamerika nicht halten, schätzt Hug. «Wir rechnen mit einem organischen Wachstum in der Region von 4 bis 5% im Gesamtjahr», sagt er. Er sei mit der vorsichtigen Haltung Realist, nicht Pessimist. Allein, dass der positive Effekt der späten Ostern fehle, werde zu einer Verlangsamung führen. Unklarheit besteht zudem darüber, wie sich der Vertriebskanal Drogerieketten entwickelt, da ein prominenter Abnehmer in Schwierigkeiten steckt.

Eine leichte Verbesserung erwartet Hug bis Ende Jahr in der Profitabilität, wo Nordamerika nicht mit dem Konzern mithalten kann. Im ersten Halbjahr weitete sich der operative Verlust in der Region sogar noch leicht aus. Der Finanzchef macht dafür Investitionen in die Logistik geltend. Lindt will die Logistik der drei erwähnten Marken auf eine Plattform bringen. Die Einsparungen sollen 2020 voll wirksam werden. Vorerst dürften sich gemäss Hug der bessere Produktmix und die jüngsten Preiserhöhungen bezahlt machen.

Mittelfristig will Lindt seine Position in Nordamerika weiter ausbauen. Dazu investiert der Konzern in den nächsten Jahren 200 Mio. Fr. in die Erweiterung der Produktionsanlagen in Stratham im Bundesstaat New Hampshire.

Neben dem überraschend starken Wachstum in den USA verzeichnete Lindt auch in den anderen Weltregionen solide Zuwachsraten. In Europa stieg der Umsatz aus eigener Kraft in den ersten sechs Monaten 5%, zweistellig nach oben ging es unter anderem in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Russland. Die Schweiz verzeichnete eine Zunahme im mittleren einstelligen Bereich. Der Rest der Welt meldete ein Plus von 8,3%, wobei Japan und Brasilien herausragten. Für das ganze Jahr geht Hug von 5 bis 6% organischem Wachstum in Europa und einem Plus von 8 bis 10% (bisher 9 bis 11%) im Rest der Welt aus. Die Zurückhaltung für den kleinen Bereich ist auf Australiens schwächere Entwicklung zurückzuführen.

Kleiner Margenfortschritt

Während Lindt mit der Umsatzentwicklung überzeugte, blieb der grosse Margenfortschritt aus. Hug ist denn auch mit der Entwicklung im ersten Halbjahr nur mässig zufrieden. «Die Ebit-Marge ist nicht da, wo wir sie haben wollten», sagt er. Die ­Zunahme um 20 Basispunkte fiel zwar in die angestrebte Bandbreite (plus 20 bis 40 Basispunkte p. a.). Doch kamen neue Rechnungslegungsvorschriften (IFRS 16) zu Hilfe, denen die Hälfte des Profitabilitätsgewinns zu verdanken war. Auf Stufe Gewinn kosteten die neuen Normen dagegen 4 Mio. Fr., sodass die Zunahme bis Ende Juni unterdurchschnittlich ausfiel.

Hug bestätigt die Prognose einer Margensteigerung um 20 bis 40 Basispunkte in diesem Jahr, wie dies dem Mittelfristziel entspricht. 2018 betrug die Ebit-Marge 14,8%. Der höhere Kakaopreis sollte mit Lindts Preismacht zu kompensieren sein, schätzt der CFO. Dadurch dürften die Rohwarenkosten gemessen am Umsatz leicht geringer ausfallen als 2018. Dazu kommen die Verbesserungen in den USA.

Insgesamt publizierte Lindt & Sprüngli einen sehr soliden Semesterausweis. Sowohl Umsatzwachstum als auch Margenausweitung lagen in der angestrebten Bandbreite. Auf dieser Basis ist die Zuversicht des Managements, dass die Mittelfristziele auch im laufenden Jahr erreicht werden, gerechtfertigt.

Den Papieren von Lindt & Sprüngli ist das höhere Tempo besonders in den USA gut bekommen. Sie verteuerten sich am Dienstag erneut, nachdem sie seit Anfang Juni bereits 8% gewonnen hatten. Wie in den letzten Jahren üblich sind die Valoren hoch bewertet. Auf der Basis der Gewinnschätzung 2019 von 220 Fr. je PS respektive 2200 Fr. je Namenaktie beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis 33 bzw. 37. Teuer, aber gut lautet das Fazit für Lindt nicht zum ersten Mal.

 

Die komplette Historie zu Lindt & Sprüngli finden Sie hier. »

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