Nach schwierigen Wochen hat der Bitcoin die psychologisch wichtige Schwelle von 50'000 $ überschritten – das verspricht für die nächsten Monate viel.
Die zunehmende institutionelle Nachfrage sowie eine gewisse Klarheit in regulatorischer Hinsicht wirken kursstützend für Bitcoin (Bitcoin 50'272.00 +1.87%). Lange hatten aktuell investierte und potenzielle Anleger wohl geglaubt, sie könnten sich zu tieferen Preisen eindecken. Nun scheinen sie realisiert zu haben, dass das nicht der Fall ist – und greifen zu. Hält sich der Bitcoinpreis über 50’000 $, stehen die Chancen gut, dass bis zum Jahresende neue Höchstkurse verzeichnet werden.
Wells Fargo und JPMorgan wollen eigene Bitcoin Trusts lancieren. Zu erfolgreich ist der Grayscale Bitcoin Trust, als dass Banken nicht auch ihren Teil davon haben wollten. VanEck und ProShares beantragen Ethereum-ETF mit synthetischer Replikation über regulierte Futures. Galaxy Digital lanciert einen neuen institutionellen Fonds mit Fokus auf DeFi – ein Zeichen, dass Investoren ihr Exposure im Kryptosektor weiter ausbauen.
Coinbase lanciert eine Partnerschaft mit Mitsubishi UFJ (MUFG 5.42 +0.93%) Financial Group (MUFG), um die Handelsplattform nach Japan zu bringen. Dies waren nicht die einzigen positiven News, die den Bitcoinpreis die letzten Tagen beflügelten. Der CEO von Coinbase, Brian Armstrong, twittert: «Wir haben vor kurzem die Genehmigung des Verwaltungsrats erhalten, Kryptowährungen im Wert von über 500 Mio. $ für unsere Bilanz zu kaufen, um unsere bestehenden Bestände zu ergänzen. Und wir werden in Zukunft 10% aller Gewinne in Kryptowährungen investieren. Ich erwarte, dass dieser Anteil im Laufe der Zeit weiter steigen wird, wenn die Kryptoindustrie reift.»
Hedge Funds stürzen sich auf DeFi-Renditen mit der institutionellen Lösung MetaMasks. Coinbase nimmt das DeFi-Exposure auf die eigene Bilanz, und Bloomberg lanciert in Zusammenarbeit mit Galaxy Digital einen DeFi-Index – den Bloomberg Galaxy DeFi Index (DEFI).
SEC-Chef Gary Gensler erinnerte die Kryptoindustrie daran, dass DeFi-Projekte nicht immun gegen Regulierungen sind. Die Kryptoindustrie weiss, dass Regulierung positiv für die Adaption ist. Sie wird denn auch begrüsst, da es so mehr Rechtssicherheit gibt. Das zeigt sich auch in der Preisentwicklung von Bitcoin und weiteren Kryptos während der Verhandlungen über die amerikanische Infrastrukturgesetzgebung.
Stablecoins sind digitale Währungen, deren Wert an den eines anderen Vermögenswerts, meist des Dollars, gebunden ist. Stablecoins offerieren einen effizienten Zugang zu Kryptomärkten, erleichtern den Handel und den Betrieb dezentraler Anwendungen, ermöglichen Kreditaufnahme und -vergabe, erlauben Zahlungen und Abwicklung und bieten viele Vorteile gegenüber Fiat-Währungen wie Geschwindigkeit, Kosteneffizienz, Transparenz und Programmierbarkeit.
Die Emittenten verdienen an den Transaktionsgebühren und dem Zinsertrag auf den Vermögenswerten. Daher versuchen sie sowohl das ausstehende Volumen als auch die Renditen des Vermögens zu steigern.
Letzteres ist ein Anreiz die Stablecoins mit renditestarken und risikoreichen Vermögenswerten zu unterlegen statt mit Bargeld. Zu Beginn handelte es sich um Dollar auf Bankkonti, doch jüngste Enthüllungen zeigen, dass dies nicht mehr der Fall ist.
So veröffentlicht beispielsweise Tether, der mit Abstand grösste Emittent, inzwischen vierteljährliche Berichte, aus denen hervorgeht, dass sein Stablecoin mit dem Kürzel USDT hauptsächlich durch Schuldverschreibungen von Unternehmen (Commercial Papers) (49%) und US-Schatzpapieren (Treasury Bills) (24%) besichert ist.
Dies hat bei einigen Nutzern angesichts des hohen Anteils an Commercial Papers mit relativ niedrigem Rating und langer Laufzeit im Vergleich zu erstklassigen Geldmarktfonds für Beunruhigung gesorgt. Ähnlich verhält es sich mit weiteren Emittenten wie Circle und Paxos, wobei deren Deckungsgrad höher ausfällt als bei USDT.
Ursprünglich behauptete Tether, den Stablecoin eins zu eins durch herkömmliche, in Reserven gehaltene Währungen gedeckt zu haben, erweiterte diese Beschreibung jedoch später auf Darlehen an Dritte und verbundene Unternehmen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates New York ermittelte gegen Tether und Bitfinex wegen des Vorwurfs, Hunderte von Millionen Dollar verschoben zu haben, um einen Verlust von 850 Mio. $ an Kunden- und Unternehmensgeldern zu vertuschen. Während der Ermittlungen wurde bekannt, dass der Stablecoin zu diesem Zeitpunkt zu nur 74% durch Reserven gedeckt war.
Tether einigte sich auf die Einstellung der Geschäftstätigkeit in New York, die Veröffentlichung vierteljährlicher Berichte über die Reserven während der folgenden zwei Jahre sowie zur Zahlung einer Geldstrafe von 18 Mio. $, ohne das Fehlverhalten zuzugeben oder zu leugnen. Die Kontroverse hat den USDT-Marktanteil von 84% vor einem Jahr auf heute 58% sinken lassen.
In drei Vierteln aller Kryptotransaktionen ist ein Stablecoin involviert, weshalb der Run auf einen Emittenten katastrophale Auswirkungen auf das Ökosystem hätte. Aus verschiedenen Gründen ist dieses Szenario als unwahrscheinlich einzuschätzen.
Banken unterliegen in den meisten Ländern einer strengen Regulierung, können direkt bei ihrer Zentralbank Kredite aufnehmen und bieten Konten mit staatlicher Einlagensicherung an. Gleichzeit entspricht das moderne Bankensystem aber einem Mindestreservesystem (Fractional Reserve Banking), dessen Basis viel riskantere Vermögenswerte als bei Tether sind. Dadurch erscheinen die Bilanzen der Stablecoin-Emittenten unter diesen Aspekten sicherer.
Dass alle Inhaber eines bestimmten Stablecoins ihn gleichzeitig einlösen, ist unwahrscheinlich. Selbst in diesem Fall gibt es einige Absicherungen wie die Nutzungsbedingungen von Tether, die es dem Unternehmen erlauben, Abhebungen zu verzögern und in Vermögenswerten statt Bargeld auszuzahlen.
Darüber hinaus versuchen die Emittenten, das Vertrauen zu stärken: Circle möchte eine von der US-Notenbank regulierte nationale Bank für digitale Währungen werden. Tether hat in der jüngsten Bescheinigung über die Reserven den Grad der Offenlegung erhöht.
Zudem wurden strengere Vorschriften vorgeschlagen, wie der Stable Act in den USA und die Mica-Verordnung in der EU. Die Regulierungsbehörden scheinen sich nun auf Stablecoins zu konzentrieren, insbesondere in den USA.
Die Meinung des Autors muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.
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