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19:14 Uhr - 04.09.2020

Diese Aktien haben das Sieger-Gen

Eine Analyse zeigt, welche Unternehmen Krisen systematisch besser meistern als andere. Ihre Titel sind in Börsenpanikphasen ein sicherer Kauf.

Langfristig geht es an der Börse aufwärts. Das jedenfalls suggerieren die Indizes. Über kurz oder lang werden krisenbedingte Einbrüche wettgemacht. Für die Bewältigung der Euroraumkrise, die Mitte 2011 ausgebrochen war, benötigte der marktbreite Swiss Performance Index (SPI (SXGE 12626.52 -0.81%)) beispielsweise gut ein Jahr. Bei der gravierenderen Finanzkrise dauerte es länger: Das Höchst vom Juni 2007 wurde erst im Mai 2013 wieder erreicht.

Doch der Indexverlauf gibt bloss einen Marktdurchschnitt wieder. Wer sein Depot nicht mit Indexanlagen bestückt hat, sondern mit Einzelaktien, kann in der Wertentwicklung davon stark abweichen, nach oben wie nach unten. Wer vor der ­Finanzkrise zum Beispiel ABB (ABBN 23.23 1.22%) gekauft hatte, ist bis heute im Minus. Noch aus­geprägter ist die Unterperformance in ­vielen Finanzwerten. Die richtige Aktienauswahl zu treffen, ist also zentral.

Winner bleibt oft Winner

Eine Orientierungshilfe dafür ist der Leistungsausweis der Unternehmen: Wer in der Vergangenheit gut abschnitt, dem gelingt dies, weil es quasi im Erbgut steckt, tendenziell auch in Zukunft. Einmal ein Winner, immer – oder zumindest lange –ein Winner. FuW hat deshalb nach Gesellschaften gesucht, die nach einem Krisenschlag rasch wieder hochkommen, im Kurs, aber auch im Ergebnis.

Als Test dient zum einen der Zeitraum 2007 bis 2013, der im Wesentlichen die ­Finanzkrise von 2008/09 und die Euroraumkrise 2011 umfasst. Am Anfang wie am Ende notierte der SPI gleich hoch. Hauptmessgrösse ist der Kurs­verlauf in dieser Periode, denn im Kurs steckt meist alles drin, vom Leistungs­vermögen über die Resistenz bis zur Bilanzstärke. Betrachtet werden auch die Umsatzentwicklung und die prozentuale Veränderung der Betriebsgewinnmarge (Ebit); sie sind Indikatoren dafür, wie schnell sich ein Unternehmen operativ vom ­Krisenrückschlag erholen kann.

Das Gleiche wird für die Periode 2013 bis 2019 gemacht. Sie wies keine ganz grossen Indexrückschläge auf, dafür viele kleinere Korrekturen, ausgelöst etwa Anfang 2015 durch den Frankenschock, später durch die Griechenlandkrise, eine Yuan­abwertung, die Brexit-Ängste oder den Handelskonflikt USA-China. Dazu kamen gute Phasen mit ansehnlichen Indexavancen. Der SPI zog in dieser Periode 70% an.

Die Analyse beschränkt sich auf Mid und Small Caps. Schwergewichte wie Schindler (SCHP 241.1 0.42%), Kühne + Nagel (KNIN 171.75 0.73%) oder Barry Callebaut (BARN 2024 -0.69%) wurden weggelassen, ebenso Immobilien- und Finanzwerte. Unberücksichtigt bleiben zudem Valoren, die erst nach 2007 an die Börse gekommen sind, Aktien mit wenig Streubesitz, Kleinsttitel und Papiere mit erratischen Bewegungen.

Das Muster wiederholt sich

Aktien mit besagten Qualitäten bergen bei Engagements nach einem Börsensturz oft am wenigsten Risiko. Sie sacken in der Krise allenfalls weniger ab, weil ihre Standfestigkeit vielen Anlegern schon aufgefallen ist. Das schmälert auf den ersten Blick den Reiz – stärker Gefallene locken mit vermeintlich mehr Erholungspotenzial. Dafür kommt die Erholung mit umso ­höherer Wahrscheinlichkeit.

Die vergangenen Monate belegen das: Viele der untersuchten Titel, die schon früher positiv aufgefallen sind, haben sich auch nach dem jüngsten Einbruch gut ­erholt. Das gilt für Belimo (BEAN 7130 -4.04%), Lem (LEHN 1644 -1.32%), Comet (COTN 132 -3.93%) und Emmi (EMMN 920 -0.81%) ebenso wie für Ems-Chemie (EMSN 811 0.19%), Inficon (IFCN 743 -3.13%), Bossard (BOSN 163.6 -0.49%), Temenos (TEMN 136.35 -4.11%) oder Interroll (INRN 2405 -1.23%). Ihre Performance in den beiden betrachteten Zeiträumen ist Spitze, und sie alle haben das Vor-Covid-Niveau bereits wieder erreicht oder übertroffen. Die meisten von ihnen gelten auch als gute Dividendenzahler.

Dass die Umsatz- und die Margenentwicklung dem Kurs zuweilen noch hinterherlaufen, ist normal, momentan da und dort allerdings besonders ausgeprägt. Das liegt unter anderem daran, dass viele der in der Auswertung vorne rangierenden Aktien wegen ihrer Krisenfestigkeit und ihrer meist guten Geschäftsaussichten derzeit als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten dienen. Noch weiter aufgebläht werden die Bewertungen durch die expansive Geldpolitik der Notenbanken.

Dementsprechend ist bereits seit der Finanzkrise vor allen in Qualitätstiteln ein mehr oder weniger auffälliges Aus­einanderlaufen der Kursentwicklung sowie der Umsatz- und der Ertragsentwicklung festzustellen.

Belimo ist ein Beispiel. Die Aktien sind schon lange ein Börsenrenner. Mit elek­trischen Antrieben für energieeffiziente Lüftungen und andere Gebäudetechnikanwendungen kann die Gesellschaft ihre (geografische) Präsenz ständig ausbauen. Das überzeugt die Investoren, sodass der Kurs merklich schneller gestiegen ist als Umsatz und Marge. Entsprechend hoch ist die Bewertung. Doch weil das Wachstumspotenzial des noch kleinen Unternehmens mit rund 700 Mio. Fr. Umsatz absehbar viele weitere Jahre hoch bleibt und es nie enttäuscht hat, haben die Papiere nach dem Coronarückschlag schnell wieder ein neues Hoch erreicht – aber auch ein stattliches Kurs-Gewinn-Verhältnis 2021 von mehr als 40. Ein ähnliches Muster zeigen Ems-Chemie, Lem, ­Inficon und Emmi. Für den Kauf dieser Valoren sollte aus Bewertungsgründen eine Korrektur abgewartet werden.

Noch ist es nicht zu spät

Flughafen Zürich (FHZN 140 0.29%) und vor allem Jungfraubahnen (JFN 126 0%) schneiden in der Analyse von ­insgesamt 59 kleinen und mittelgrossen Unternehmen ebenfalls recht gut ab, haben also einen ansprechenden Leistungsausweis in Sachen Krisenbewältigung. Beide wurden nun jedoch von der Pandemie stärker getroffen als viele andere Unternehmen. Die Kurse notieren deutlich unter dem jeweiligen Niveau von Anfang Jahr. Ihr Leistungsausweis ist aber ein Indiz dafür, dass beide auf mittlere Sicht ein reelles Erholungspotenzial haben.

Auch der Bodenbelagsspezialist Forbo (FORN 1470 -1.47%) hat sich vergleichsweise gut geschlagen, der rückläufige Umsatz in der ersten ­Periode (2007 bis 2013) hängt mit einem Bereichsverkauf zusammen. Der Kurs scheint seit einigen Jahren allerdings an eine gläserne Decke zu stossen. Der Coronarückschlag ist noch nicht ganz aufgeholt. Mittelfristig bieten die Papiere mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger 20 durchaus noch Potenzial.

Bei Gesellschaften wie Bossard und Schweiter (SWTQ 1236 -0.16%) sind Kurs und Umsatz vergleichsweise moderat auseinandergelaufen, was auf eine massvolle Bewertungsentwicklung hindeutet. Angesichts grundsätzlich guter Geschäftsaussichten spricht das ebenfalls für einen Kauf.

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