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12:58 Uhr - 29.10.2019

Selbst das Rentenalter bestimmen

Überkapazitäten und der Handelskonflikt belasten Investitionstätigkeit. Doch könnte der Talboden erreicht sein.

 

Je länger der Abschwung bei Rieter (RIEN 130.4 -4.96%) anhält, desto reizvoller werden die Aktien des Spinnmaschinenherstellers. Denn die Nachfrage nach Spinnmaschinen ist zyklisch, das heisst: Mal boomt das Geschäft, mal darbt es. Diese Zyklen spiegeln sich auch im Aktienkurs.

Kaufen sollte man die Titel folglich dann, wenn es dem Unternehmen nicht gut geht, verkaufen, wenn das Geschäft brummt.

Maschinenaufträge gedrittelt

Nun brummt das Geschäft bei Rieter schon länger nicht mehr, die Aufträge sinken seit über einem Jahr. Im dritten Quartal noch etwas ausgeprägter. Es konnten bloss Bestellungen über 146 Mio. Fr. hereingeholt werden, 39% weniger als in der Vorjahresperiode. Auf eigentliche Spinnmaschinen entfallen etwa 60 Mio. Fr., was noch etwa dem Betrag entspricht, der in guten Zeiten pro Monat als Aufträge eingeschrieben werden konnte. Hoffnungen, die Ende Juni stattgefundene Branchenmesse ITMA würde einen Bestellschub auslösen, haben sich nicht erfüllt. Zwar konnte dort ein ausserordentlich hoher Auftrag über 180 Mio. Fr. aus Ägypten akquiriert werden. Doch insgesamt halten sich die Spinnereien mit Investitionen zurück. Rieter-CEO Norbert Klapper führt das auf Überkapazitäten in den wichtigen Märkten China und Indien zurück, auf den Handelskonflikt sowie auf wirtschaftliche und politische Unsicherheiten in wichtigen Kundenländern. Den Marktanteil konnte Rieter auf etwa 30% halten.

Der Ägypten-Auftrag wurde im Oktober verbucht. Er wird 2020 und 2021 umsatzwirksam. Inwieweit im vierten Quartal weitere Aufträge, die auf die ITMA zurückgehen, verbucht werden könnten, liess Klapper an einer Telefonkonferenz offen.

Wann bei Rieter der Wendepunkt erreicht sein wird, ist somit noch nicht abschätzbar. Doch das jetzt erreichte, niedrige Niveau, das selbst auf die eigentlich stabileren Geschäftsbereiche Komponenten und After Sales durchschlug – deren Aufträge gingen im dritten Quartal 14% resp. 19% zurück –, dürfte kaum stark unterboten werden. Ein Aufschwung könnte einsetzen, wenn der Handelskonflikt bald beendet werden kann oder wenn sich neue Lieferketten bilden und der US-Markt etwa stärker aus Südamerika beliefert würde. Dort ist Rieter gut positioniert. Wie auch immer: Selbst wenn die Geschäftsflaute anhält, ist Rieter gerüstet. Die Bilanz zeigt per Mitte Jahr eine Nettoliquidität von 100 Mio. Fr. Dazu kommt ein Mittelzufluss aus dem Landverkauf am deutschen Standort Ingolstadt, der im jetzt laufenden zweiten Halbjahr zu einem Buchgewinn von 60 Mio. Fr. führen wird.

Aktien dennoch reizvoll

Dank dieses Zusatzgewinns wird das Ergebnis von Rieter gut ausfallen, wenn auch operativ wohl ein Verlust resultieren dürfte. Ferner wurden seit Anfang Jahr 20% der Stellen reduziert, was den Kostenanteil in der Erfolgsrechnung stabilisiert.

Der Börsenwert von Rieter entspricht nun noch etwa dem 1,3-Fachen des Buchwerts und 75% des Umsatzes, was entsprechend der Lage, in der Rieter steckt, nicht billig, aber moderat erscheint. Für Antizykliker sind Rieter jetzt ein Kauf.

Die komplette Historie zu Rieter finden Sie hier. »

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