Vor einem halben Jahr wollte Wences Casares noch die Schweiz verlassen. Jetzt wurde sein Bitcoin-Verwahrer Xapo von der Finma anerkannt. Im Interview erklärt er, wie es dazu kam.
Der Bitcoin-Verwahrer Xapo ist von der Finanzmarktaufsicht (Finma) als erstes Unternehmen seiner Art anerkannt worden. Das Start-up von Seriengründer Wences Casares darf sich als Finanzdienstleister einer Selbstregulierungsorganisation (SRO) anschliessen.
SRO werden von der Finma beaufsichtigt und kontrollieren ihre Mitglieder, sogenannte Finanzintermediäre, auf die Einhaltung der Gesetzgebung gegen Geldwäscherei.
In einem Blog-Beitrag bedankt sich Casares überschwänglich beim Regulator für die gute Zusammenarbeit, die insgesamt zwei Jahre gedauert hat.
Im Sommer 2016 war Casares allerdings noch stinksauer. «Heute hat uns die Finma gesagt, dass es keinen gangbaren Weg für Xapo gibt, um in der Schweiz zu operieren», schrieb er in einer E-Mail, die «Finanz und Wirtschaft» vorliegt. Betreff: Leaving Switzerland (die Schweiz verlassen).
Die Finma habe keine Ahnung von Bitcoin, schrieb Casares. Sie solle mal Regulatoren in den USA, Grossbritannien oder Luxemburg fragen. «Auf die Schweiz zu setzen, war ein teurer Fehler, wir werden jetzt in ein anderes Land gehen.» Wenn Xapo es in der Schweiz nicht schaffe, dann schaffe es keiner, so Casares.
Es kam dann doch anders. Xapo bleibt der Schweiz erhalten. Im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft» sagt Casares, was sich seither geändert hat.
Herr Casares, im Sommer 2016 waren Sie kurz davor, die Schweiz zu verlassen. Ist es richtig, dass die Finma Ihnen sagte, Sie könnten Ihr Geschäft hier nicht betreiben?
Das war ein Missverständnis. Die Finma meinte zuerst, wir könnten einen Teil unseres Geschäfts nicht in die Schweiz bringen. Wir dachten, der Regulator sagt uns damit, wir dürften grundsätzlich nicht in der Schweiz arbeiten. Das war aber nicht die Absicht der Finma. Wir haben uns zusammengesetzt, die Angelegenheit besprochen und ein Übereinkommen gefunden.
Warum hat dieser Prozess insgesamt zwei Jahre gedauert, was waren die Probleme?
Es gab einige. Zum einen mussten wir einen Weg finden, wie wir der Finma beweisen können, dass wir wirklich die Bitcoin verwahren, wie wir behaupten.
Wie haben Sie das Problem gelöst?
Software. Wir haben ein Tool entwickelt, mit dem Dritte nachprüfen können, ob wir wirklich die Bitcoin unserer Kunden halten.
War das alles?
Nein, vor allem ist Bitcoin etwas Neues und ist nicht unbedingt leicht zu erklären. Die Finma musste also zuerst Bitcoin verstehen und herausfinden, wie die Kryptowährung in das gegebene Schweizer Recht hineinpasst.
Aber das Schweizer Recht kennt doch gar keine digitalen Vermögenswerte.
Das stimmt. Und weder wir noch die Finma wussten genau, wie wir damit umgehen sollten. Darum haben beide Seiten Rechtsgutachten eingeholt. Diese Gutachten kamen auf folgenden Punkt: Obwohl das Schweizer Recht nicht spezifisch auf das Eigentum digitaler Vermögenswerte verweist, gibt es trotzdem viele Fälle, in denen geistiges Eigentum und andere nichtmaterielle Werte als Eigentum anerkannt werden.
Und so werden jetzt auch Bitcoin behandelt?
Ja, und von einem rechtlichen Standpunkt aus gesehen ist es sinnvoll, genau dies anzunehmen. Ansonsten schafft man ein Schlupfloch.
Im Sommer befasst sich das Schweizer Parlament mit speziellen Fintech-Gesetzen, unter anderem mit einer «Banklizenz light». Käme sie für Sie in Frage?
Durchaus. Für uns – wie für viele Fintech-Unternehmen, die Gelder nur verwahren – ist eine Banklizenz völlig übertrieben. Das ist, als würden Sie sich einen Ferrari kaufen, nur um damit zum Supermarkt zu fahren. Wenn die Fintech-Lizenz wie vorgeschlagen wirklich durchs Parlament kommt, wäre das ein Riesenfortschritt.
Wie würde die Schweiz dann im internationalen Vergleich dastehen?
Das Zentrum der Fintech-Revolution heute ist nicht das Silicon Valley, wo ich mein Büro habe, sondern London. Dort sind die innovativsten Unternehmen. Viele von uns in der Fintech-Industrie denken allerdings, dass die Schweiz besser in der Lage ist, Fintech zu fördern. Dass die Finma uns nun offiziell zulässt, ist ein gutes Zeichen. Jetzt braucht es einfach noch einen Gesetzesrahmen, der das Land wirklich wettbewerbsfähig mit London macht.
Und was sind die Pläne für Xapo?
Wir wollen unser Geschäft ausbauen. Im Moment haben wir 4 Mio. Kunden und rund 1 Mio. Transaktionen pro Tag. Wir sind der grösste Bitcoin-Verwahrer der Welt, und unser Geschäft läuft profitabel. Momentan sind wir in Gesprächen mit dem Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen, der SRO, in die wir aufgenommen werden wollen.
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