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23:26 Uhr - 12.10.2016

Der Zinsstreit im Fed verschärft sich

In der US-Notenbank machen die Zinsfalken immer mehr Druck. Es soll deshalb «relativ bald» zu einer geldpolitischen Straffung kommen. Das geht aus dem Protokoll zur letzten Sitzung der Währungshüter hervor.

Die Ungeduld im Vorsitz des Federal Reserve wächst. Gleich drei der zehn stimmberechtigten Mitglieder im Gremium haben an der vergangenen Sitzung für eine Zinserhöhung votiert. Die Auseinandersetzung um den Zeitpunkt einer weiteren Straffung der Geldpolitik hat sich damit weiter verschärft.

«Einige Teilnehmer glaubten, dass eine Erhöhung der Federal Funds Rate relativ bald angebracht ist, wenn sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter aufhellt und die Wirtschaft anzieht», heisst es im Protokoll zur letzten Sitzung der US-Notenbank von Mitte September.

Dieser Meinung waren jedoch nicht alle im Führungszirkel. «Andere Teilnehmer zogen es vor, noch mehr überzeugende Anzeichen abzuwarten, dass sich die Inflation auf das Ziel von 2% zubewegt», geht aus den am Mittwoch veröffentlichten Unterlagen hervor.

Yellen gerät zwischen die Fronten

Fed-Chefin Janet Yellen gerät dadurch in eine ungemütliche Situation. Interessant wird deshalb, was sie am Freitag während eines Auftritts am jährlichen Symposium der Fed-Distriktnotenbank Boston sagt. Das Thema ihres Referats lautet «Volkswirtschaftliche Forschungen nach der Krise».

Die US-Notenbank hat den Leitzins Ende 2015 erstmals seit der Rezession leicht auf 0,25 bis 0,55 erhöht. Dass sie ihn an der letzten Sitzung unverändert liess, sei ein «knapper Entscheid» gewesen, steht im Protokoll, das jeweils drei Wochen nach einem Fed-Treffen veröffentlicht wird.

«Die Sitzungsunterlagen machen deutlich, dass die Meinungen im Gremium zu diversen Themen weit auseinandergehen», denken die Ökonomen der Bank Barclays. «Das Hauptziel war nun, die Gründe für das Abwarten am letzten Treffen zu erläutern und zu signalisieren, dass eine baldige Zinserhöhung wahrscheinlich ist.»

Ihr nächstes Treffen halten die Währungshüter Anfang November ab. Die Befürworter einer Zinserhöhung dürften dann weiter Druck aufsetzen. Die Chancen sind jedoch gross, dass sie erneut in der Minderheit bleiben. Das nicht zuletzt deshalb, weil bereits eine Woche später die Präsidentschaftswahlen stattfinden und sich das Fed wohl kaum politisch exponieren will.

Ermüdungserscheinungen am Jobmarkt

Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt etwas an Dynamik verliert. So hat sich das Jobwachstum seit Anfang 2016 im Vergleich zu den letzten beiden Jahren verlangsamt und die Arbeitslosenrate ist im September leicht auf 5% gestiegen. Sie bewegt sich damit auf demselben Niveau wie im Dezember 2015.

Vorlaufindikatoren aus der Industrie und aus dem Dienstleistungssektor sind zuletzt zwar erfreulich ausgefallen. Dennoch bleibt die Grosswetterlage unübersichtlich. So signalisiert das Prognosemodell der Fed-Distriktnotenbank Atlanta für das dritte Quartal nur noch ein Wirtschaftswachstum von 2,1%, nachdem es Sommer eine Zunahme von 3,5% anzeigte.

«Das Fed war dieses Jahr bislang sehr vorsichtig, was seine Überlegungen zu einer weiteren Zinserhöhung betrifft», meint Joseph LaVorgna, US-Chefökonom der Deutschen Bank. «Wir bezweifeln deshalb stark, dass es schon nächsten Monat zu einem Schritt kommt», fügt er hinzu.

Wallstreet setzt auf Abwarten

Wenig überzeugend sind zudem die Nachrichten aus Corporate America. Der Aluminiumhersteller Alcoa, der am Dienstag die Saison der Unternehmensberichte zum dritten Quartal eröffnete, hat mit seinem Ausblick schwer enttäuscht. Auch haben die Industriekonzerne Honeywell und Dover ihre Gewinnprognose diese Woche gesenkt.

Wallstreet setzte am Mittwoch auf Abwarten. Der US-Leitindex S&P 500 ging zu 2139,17 wenig verändert aus dem Handel. Die Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen nahm 2 Basispunkte auf 1,78% zu. Auch der Dollar tendierte leicht fester. Der Goldpreis stagnierte auf 1256 $ pro Unze.

Die Ausgangslage ist nach der Publikation des Fed-Protokolls wenig verändert. An der Chicagoer Terminbörse CME stufen Investoren die Chance auf eine Zinserhöhung an der nächsten Fed-Sitzung auf lediglich 10% ein. Für das Treffen von Mitte Dezember sind es hingegen rund 70%.

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