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11:14 Uhr - 26.09.2014

«Keine Schnäppchen in Asien»

Robert Horrocks, CIO des Fondshauses Matthews Asia, will nicht auf Stimulusprogramme in China warten. Er setzt auf steigende Margen der asiatischen Unternehmen, erklärt er im Interview mit «Finanz und Wirtschaft».

Herr Horrocks, in den USA dürften bald die Zinsen steigen. Kapital könnte dann vermehrt nach Amerika fliessen. Das verheisst nichts Gutes für Aktien und andere Anlagen in Asien, oder?
Zur PersonBevor Robert Horrocks im Jahr 2008 zum US-Fondshaus Matthews Asia stiess, arbeitete er als Head of Research bei Mirae Asset Management in Hongkong. Horrocks doktorierte in chinesischer Wirtschaftsgeschichte an der Leeds-Universität in Grossbritannien. Bei Matthews ist er verantwortlich für den Asian Growth and Income Fund und den Asia Dividend Fund. Matthews Asia ist der grösste spezialisierte Anbieter für asiatische Investments in den USA mit einem verwalteten Vermögen von 28 Mrd. $. Bei den aktiv gemanagten asiatischen US-Aktienfonds hält das Fondshaus einen Marktanteil von mehr als 50%.
Die Zinsen werden wohl nur steigen, wenn sich auch das Wirtschaftswachstum beschleunigt. Das Wachstum in Asien ist nach der Finanzkrise um rund zwei Prozentpunkte pro Jahr geringer ausgefallen als zuvor, wegen der schleppenden Exportnachfrage aus dem Westen. Die Ebit-Marge der Unternehmen ist dadurch auf ein zyklisches Tiefst gesunken, aber nun beginnen sich die Margen von asiatischen Firmen zu verbessern. Würde die US-Wirtschaft nun wieder besser laufen, wäre das positiv für die asiatischen Unternehmen: Die Marge würde sich ausweiten. Würden die Zinsen aber ohne eine gleichzeitige Wachstumsbeschleunigung steigen, wäre das ein monetärer Schock. Das halte ich jedoch für unwahrscheinlich. Historisch betrachtet gibt es keinen klaren Zusammenhang zwischen der Performance von asiatischen Aktien und US-Zinsen.

Sind asiatische Aktien im Moment günstig?
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des geschätzten Gewinns über ganz Asien beträgt nur 11. Das erscheint als grosser Abschlag zur Bewertung westlicher Titel. Aber der Hauptgrund dafür liegt in der niedrigen Bewertung von chinesischen Banken und Immobilienunternehmen. Dagegen sind konsumorientierte Valoren in Asien, auf die wir fokussiert sind, ähnlich bewertet wie westliche Unternehmen – haben jedoch ein höheres Gewinnwachstum. Aber es sind keine Schnäppchenpreise.

Warum sind die chinesischen Banken denn so günstig?
Ich glaube, es ist nicht wegen der Unsicherheit um das Finanzsystem, sondern wegen der Wettbewerbsposition der chinesischen Banken. Wie in Korea und Japan ist auch Chinas Regierung bemüht, den Finanzsektor und damit die Allokation von Kapital zu liberalisieren. Die Banken sollen nicht einfach nur Geld in staatlich gewollte Projekte stecken, sondern in Unternehmungen, welche die Wirtschaft effizienter machen. Die Banken müssen dann auch kleine und mittelständische Firmen mit Krediten bedienen, die sie nicht so gut kennen wie die Grossunternehmen. Das senkt die Kreditqualität in den Büchern der Geldhäuser. Und die Banken werden viele Unternehmen als Kunden verlieren, wenn diese ihr Geld auf dem Anleihenmarkt aufnehmen.

Der chinesische Aktienmarkt scheint sehr von erwarteten Stimulusprogrammen der Regierung abzuhängen. Setzen Sie auf solch eine Konjunkturstütze?
Nein, denn die Regierung ist nicht bereit, ein lang anhaltendes Stimulusprogramm einzuführen. Das Wachstum wird sich bei 6 bis 7% einpendeln. Wenn es schlechte Daten gibt, wird zwar mit Mini-Stimuli kurzfristig gegengesteuert. Aber das ist nichts Langfristiges. Gegen ein grosses Konjunkturprogramm spricht, dass die Regierung das rapide Kreditwachstum bremsen will. Man muss einsehen, dass es nicht reicht, einfach immer mehr Kredite in die Wirtschaft zu pumpen – das Geld muss auch effizienter eingesetzt werden. Manche Anleger nehmen eine kurzsichtige Position ein und versuchen, die kurzfristigen Stimuluszyklen zu spielen. Sie kaufen etwa tief bewertete Unternehmen in Staatsbesitz und hoffen auf einen schnellen Kursanstieg, um dann zu verkaufen. Ich bin immer misstrauisch gegenüber einer Strategie, etwas zu halten, was ich am Ende loswerden will.

Sie sind also langfristig orientiert?
Wir identifizieren Unternehmen in Asien, die auch über das nächste Jahrzehnt Erfolg haben und den Gewinn nachhaltig steigern werden. Das sind unserer Meinung nach Titel, die vom Lohnwachstum getrieben sind. Das sind neben Konsumwerten auch Unternehmen, die durch Automatisierung die Fertigung optimieren. Versicherer, der Gesundheitssektor und Medienunternehmen werden weiterhin von einer wachsenden Mittelklasse profitieren.

Wie sehen Sie die Stimmung unter Investoren gegenüber Aktienanlagen in Asien?
Vor fünf bis sechs Jahren haben Investoren Asien oft noch als Nebenaspekt in ihrem Portfolio behandelt. Die Finanzkrise hatte einen dauernden Effekt auf die Anleger, denn Asien konnte auf eigenen Beinen stehen und trotz dem Konjunktureinbruch im Westen hohe Wachstumsraten generieren. Asien wird nun oft als strategischer Teil des Portfolios gesehen. Das ist der langfristige Trend. Bis Anfang Jahr hat aber kurzfristig die Begeisterung über Asien nachgelassen, unter anderem wegen der sinkenden Marge asiatischer Unternehmen. Nun haben sich die Margen stabilisiert, die Investoren werden zuversichtlicher und bringen Kapital zurück nach Asien.

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