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14:45 Uhr - 08.02.2017

Vontobel spürt den Trump-Effekt

Die Vermögensverwalterin verlor 2016 Kundengelder im Asset Management und dämpft die Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr.

Vontobel (VONN 54.75 -2.75%) hat mit guten Zahlen (vgl. Tabelle) die Erwartungen an das Geschäftsjahr 2016 erfüllt. Die Vermögensverwalterin legte in allen Segmenten und Märkten zu und übertrifft die selbst gesteckten Ziele.zoom

Beim Ertrag knackt Vontobel die Milliardengrenze, der Gewinn verdoppelt sich auf 264 Mio. Fr. Darin steckt allerdings der Verkauf der Helvetia-Beteiligung, der 91 Mio. Fr. in die Kasse spülte. Bereinigt um Sondereffekte stieg der Gewinn dennoch 12% auf 201,5 Mio. Fr.

An dieser guten Entwicklung lässt Vontobel die Aktionäre teilhaben und erhöht die ordentliche Dividende 5 Rappen auf 1.90 Fr. je Titel. Zusätzlich schüttet die Bank eine Sonderdividende von 10 Rappen aus.

Aderlass im Asset Management

Vontobel versammelt so viel Vermögen wie nie zuvor unter ihrem Dach. Total (FP 46.58 -0.1%) stehen die Kundengelder bei 155 Mrd. Fr. Die verwalteten Vermögen, auf denen Vontobel in erster Linie ihre Erträge erzielt, stehen bei 139 Mrd. Fr, eine Milliarde mehr als 2015.

Das ist allerdings der geringste Zuwachs seit Jahren, was vor allem an einem veritablen Abfluss von fast 16 Mrd. Fr. Kundengeldern im Paradesegment der Vermögensverwalterin liegt, dem Asset Management.

Die Hälfte davon verliess zusammen mit dem prominenten Fondsmanager Rajiv Jain vergangenes Jahr die Bank. Die andere Hälfte verschwand durch den branchenweiten Abzug von Geldern aus Schwellenländerinvestments, wo Vontobel einen Schwerpunkt setzt.

Der «Trump-Effekt»

Das sei der «Trump-Effekt», sagte Vontobel-CEO Zeno Staub. Befürchtungen, die neue US-Regierung könnte den Freihandel einschränken, führten zu einem Rückzug an Kapital in die entwickelten Länder.

«Wir haben diese Entwicklung schon 1999 und 2009 gesehen», versuchte Staub zu beruhigen. «Die Schwellenländer-Champions, in denen wir investiert sind, werden trotzdem weiter wachsen.» Vontobel bleibe ihrer langfristigen Investmentstrategie treu.

Zuflüsse erfuhr das Asset Management durch den Erwerb von Vescore. Zwei Geschäftseinheiten der ehemaligen Raiffeisen-Tochter mit zusammen 7,9 Mrd. Fr. Kundengelder wurden übernommen. Der Rest der insgesamt rund 15 Mrd. Fr. Vermögen wurde durch Managementverkäufe in die Selbständigkeit entlassen.

Die Integrationskosten von Vescore betrugen 2016 11,7 Mio. Fr, 2017 werden nochmals rund 8 Mio. Fr. hinzukommen, so Finanzchef Martin Sieg. 2018 soll Vescore erstmals zum Gewinn Vontobels beitragen.

Bruttomarge sinkt weiter

Das seit zwei Jahren schwächelnde Private Banking kann 2016 wieder zulegen und verbucht Nettoneugeld von 2,2 Mrd. Fr. Dies sei vor allem durch die Einstellung neuer Kundenberater zu Stande gekommen. Die Bank konnte so laut Sieg vor allem in der Schweiz Boden gutmachen.

Die Bruttomarge, die angibt, wie gut es einer Bank gelingt, Erträge aus den verwalteten Vermögen zu generieren, sank allerdings das vierte Jahr in Folge auf nun 67 Basispunkte. «Es besteht kein Raum für Verbesserung», sagte Staub.

Die Gründe für den Rückgang seien das Negativzinsumfeld, ein geringerer Risikoappetit der Kundschaft und der Trend zu grösseren Kunden, die schlicht weniger Marge bringen als kleinere. Es gelte, das jetzige Niveau zu verteidigen, so Staub.

Börse Hongkong im Visier

Stark entwickelt sich hingegen das Geschäft mit strukturierten Produkten, angesiedelt in der Investmentbank. Seit 2014 hat sich das Volumen der kotierten Vontobel-Derivate auf 18,2 Mrd. Fr. verdoppelt. Diese Entwicklung soll sich fortsetzen, so Staub. 2017 will Vontobel seine strukturierten Produkte zum ersten Mal ausserhalb Europas an der Börse in Hongkong kotieren.

Noch stärker wuchsen allerdings die verkauften Derivate über die Vontobel-Plattform Deritrade, auf der Dritte ihre strukturierten Produkte anbieten können. Seit 2014 vervierfachte sich das Volumen dort auf 3,4 Mrd. Fr. In diesen Plattformen liege laut Staub die Zukunft des Hebelprodukte-Handels.

In naher Zukunft wird Vontobel zudem den Steuerstreit mit Deutschland beilegen. Für eine Zahlung an das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat die Vermögensverwalterin 13,4 Mio. Fr. zurückstellt. Die präzisen Angaben zur Summe lassen auf eine baldige Einigung in dieser Höhe schliessen.

Titel sind nicht mehr günstig

Der Kurs der Vontobel-Aktie reagierte negativ auf die guten Geschäftszahlen. Die Titel verloren am Mittwoch zeitweise über 3%. Hierbei handelt es sich um Gewinnmitnahmen, denn CEO Staub selbst dämpfte die Erwartungen an das Geschäftsjahr 2017.

«Das Gewinnwachstum wird sich abflachen», sagte Staub. Die Märkte bleiben wechselhaft, das politische Umfeld unsicher. Mitte des Jahres werde sich Vontobel neue Ziele bis 2020 geben.

Die Titel sind angesichts eines Kurs-Gewinn-Verhältnisses von 16 (2017) und eines Kurs-Buchwert-Verhältnisses von 2 weder gegenüber der Vergleichsgruppe noch der eigenen Historie günstig. Grosse Kurssprünge sind zumindest in diesem Jahr nicht zu erwarten.

Für die Aktien sprechen hingegen das stabile Geschäft Vontobels, eine ansehnliche Dividendenrendite von 3,7% und eine Eigenkapitalrentabilität von 18%, die in der Branche ihresgleichen sucht. Die Titel sind einen Kauf wert.

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