Es sind schwierige Tage für Mitarbeiter des Pharmakonzerns: Allein hierzulande sollen 1400 Jobs entfallen.
Der Pharmakonzern Novartis (NOVN 81.40 -0.78%) hat am Dienstag seine Mitarbeitenden über die neue Kündigungswelle im Detail informiert: In der Schweiz verlieren mehr als 10% der Angestellten in den nächsten drei Jahren ihren Arbeitsplatz, es geht um die Streichung von bis zu 1400 der derzeit 11’600 Stellen. Betroffen sind sämtliche Standorte.
Der Hauptsitz in Basel mit seinen zentralen Diensten blutet jedoch am meisten. Weltweit will Novartis insgesamt 8000 seiner insgesamt 108’000 Jobs kappen. Bei der Massenentlassung geht es um die Zusammenführung bislang getrennter Konzernteile. Das soll zu Einsparungen von einer Milliarde Dollar führen und auch eine klarere Strategie bringen.
In einer E-Mail an die «lieben Kolleginnen und Kollegen» schreibt Konzernchef Vas Narasimhan: «Die neue Struktur wird sowohl schlanker als auch einfacher sein und in der Konsequenz bedauerlicherweise zu einem unternehmensweiten Stellenabbau führen.» Ein Teil der Stellen wandert in Novartis-Servicecenter ins Ausland ab, etwa nach Prag oder ins indische Hyderabad.
Es geht jedoch nicht allein um die Auslagerung teurer Schweizer Stellen in günstigere Länder. Viele Jobs entfallen ganz. Novartis legt seine Sparte für Krebsmedikamente mit der Sparte für allgemeine neue Arzneien zusammen, beide Einheiten hatten bislang eigene Rechtsdienste, Personalabteilungen, Marketing und Vertrieb. Viele dieser Jobs werden nun unnötig.
Die über 5000 auf dem Basler Campus angesiedelten Stellen in der Forschung und Entwicklung lässt Novartis weiterhin in Basel. Im Pharmabereich in der Schweiz verlieren jedoch rund 250 Menschen im Marketing und Produktmanagement ihren Job.
Weitere rund 550 Jobs entfallen im operativen Bereich, der ebenfalls neu strukturiert wird. Betroffen sind Stellen in der IT, der Beschaffung, Qualitätskontrolle sowie in der globalen Verwaltung der Produktion. Der grösste Teil der Arbeitsplätze entfällt jedoch mit rund 600 Stellen in der zentralen Verwaltung auf dem Campus.
Im Vergleich zu anderen Pharmakonzernen leistete sich Novartis bislang einen hohen Aufwand. Es ist bekannt, dass in der Branche der grösste Kostenbrocken nicht für Forschung und Entwicklung, sondern für Marketing, Vertrieb und Verwaltung anfällt. Bei Novartis macht dieser Teil jedoch fast 30% seines Umsatzes aus. Bei Roche sind es dagegen lediglich rund 20%. Durch die neue Struktur soll der Aufwand nun auch bei Novartis sinken.
Die Schaffung eigenständiger Pharmabereiche erfolgte im Jahr 2000, vier Jahre nach der Fusion von Ciba Geigy mit Sandoz. So wurde die Krebssparte mit eigenem Marketing und Vertrieb ausgestattet. Die Absicht hinter den kostenintensiven Doppelspurigkeiten bestand darin, den kleineren Geschäftseinheiten «grössere Verantwortlichkeiten und schnellere Entscheide» zu ermöglichen. Narasimhan spricht nun von einer «konglomeraten Struktur», die Novartis an der vollen Entfaltung seines Potenzials hindere.
Der Konzern ist im Umbruch. Sparübungen wären eigentlich nicht nötig, denn das Unternehmen schwimmt durch den Verkauf seiner Roche-Anteile im Geld, das es aber per Rückkaufprogramm an seine Aktionärinnen und Aktionäre zurückgibt.
Unter Druck steht Novartis, weil es mit neuen, umsatzstarken Medikamenten die Börse überzeugen muss. Dazu soll auch ein anderes Marketingmodell beitragen. Verschlanken will Novartis seine Struktur auch, indem es die Generika-Sparte Sandoz per Spin-off oder Verkauf abstossen will.
Jetzt stehen die Verhandlungen über einen Sozialplan an. Er dürfte üppig ausgestattet sein. Novartis hatte sich bereits bei seiner gerade erst abgeschlossenen letzten Massenentlassung grosszügig gezeigt. Partner sind dabei nicht Gewerkschaften, sondern die internen Personalkommissionen.
Dieser Artikel stammt aus dem Tages-Anzeiger, weitere Artikel finden Sie unter www.tagesanzeiger.ch
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