Der neue Chef von Vetropack ist fasziniert von den Möglichkeiten, die Glasverpackungen bieten.
«Glas hat mit Sicherheit eine Zukunft», sagt Johann Reiter, der traditionelle Packstoff verfüge über vorzügliche Eigenschaften. Glas hebe das verpackte Produkt hervor, schütze es ideal und verleihe ihm im Wortsinne Gewicht. Auch könne man Glas in jede Form und Farbe bringen. Zudem sei es unendlich rezyklierbar, schwärmt Reiter. Seit Anfang Jahr ist der 57-jährige Österreicher CEO des Glasverpackungsherstellers Vetropack (VET 1900 0%). Zuvor leitete er seit 2010 den Geschäftsbereich Schweiz/Österreich.
Vetropack mit Sitz in Bülach produziert jährlich fast 5 Mrd. Glasverpackungen und setzt damit gut 600 Mio. Fr. um. Das Unternehmen betreibt Werke in der Schweiz (St. Prex), in Österreich, in Tschechien, Kroatien, in der Slowakei, der Ukraine und in Italien.
Reiter will als neuer Chef nicht alles umwälzen, sondern «das Unternehmen evolutionär weiterentwickeln». Vetropack sei «ein solides Unternehmen» und stehe finanziell gut da, urteilt er. Besonderes Gewicht will er auf das Heben von Synergien innerhalb der Gruppe legen. «Da besteht noch viel Potenzial; wir betreiben in allen Werken die gleichen Maschinen.» Am Werk im waadtländischen St. Prex will er einstweilen festhalten, obwohl die Schweiz ein Hochkostenland ist. In den vergangenen fünf, sechs Jahren wurde dort massiv investiert. «Das ist ein Bekenntnis zum Standort Schweiz, auch wenn das wirtschaftliche Umfeld nicht einfach ist», sagt Reiter. Jetzt werde der Betrieb weiter optimiert.
Als Herausforderung sieht Reiter den Trend zur Automatisierung und Digitalisierung. Auf dem Weg zur Industrie 4.0 sei Vetropack aber voll auf Kurs. «Wir sind hier schon ein schönes Stück weit gegangen», sagt Reiter. Ein Problem sei, qualifiziertes Personal zu finden, das bereit sei, in einem kontinuierlichen Schichtbetrieb zu arbeiten. Reiter hat deshalb mitgeholfen, in Österreich, wo er zuletzt lebte, das Berufsbild des Glasverfahrenstechnikers zu schaffen. Er ist auch Gründungsmitglied des Fachhochschul-Studiengangs Verpackungstechnologie am Campus in Wien. Vetropack hat in Österreich ein Ausbildungszentrum eingerichtet, in dem Mitarbeiter aus der Gruppe die Herstellung von Glasverpackungen trainieren können.
Reiter kennt den Wert einer guten Ausbildung aus eigener Erfahrung. Er machte eine Lehre als Dreher und Fräser, arbeitete ein paar Jahre in dem Beruf und bildete sich nebenbei «aus Eigeninteresse» zum CNC-Programmierer weiter. Dann absolvierte er – wiederum berufsbegleitend – die Werkmeisterschule Fachrichtung Betriebstechnik und wurde bei Böhler Edelstahl, wo er 1980 nach der Lehre zu arbeiten angefangen hatte, Leiter der mechanischen Werkstätte.
Das betriebswirtschaftliche Rüstzeug holte er sich im Studium zum Wirtschaftsingenieur, das er 1996 abschloss. Auch während dieser Zeit arbeitete er tagsüber und studierte abends. «Das war schon zäh», erinnert sich Reiter. 2010 wechselte er zu Vetropack als Generaldirektor für die Schweiz und Österreich. «Mich reizte es, ein anderes Produkt, andere Prozesse und andere Kunden kennenzulernen», erzählt er.
Bei Vetropack tritt Reiter nun die Nachfolge von Claude Cornaz an, der VR-Präsident wird. Cornaz ist Mitglied der Cornaz-Familien, die 80% von Vetropack kontrollieren. Angst, sich als CEO deswegen zu wenig entfalten zu können, hat Reiter nicht. «Ich habe genug Gestaltungsraum mit der Möglichkeit, auf einen erfahrenen Mann zurückzugreifen», sagt er. «Wir haben eine klare Rollentrennung vereinbart. Ich werde operativ tätig sein, Claude Cornaz strategisch.»
Seit Dezember wohnt Reiter in Bülach. Er fühle sich wohl in der Schweiz; er kenne das Land bereits aus seiner Zeit bei Böhler und natürlich seitdem er für Vetropack arbeite. Besonders gut gefällt ihm «die Art, wie die Schweiz die Demokratie lebt». Den Ausgleich zur Arbeit findet Reiter in der Familie und im Sport. Er wandert, fährt Velo, macht Langlauf und geht auf Skitouren.
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