Indien investiert bald wieder in Alternativenergie. Doch der Ausblick des Industriezulieferers ist verhalten.
Zum dritten Mal in Folge ist es Gurit (GUR 905 -3.31%) 2017 gelungen, eine prozentual zweistellige Betriebsgewinnmarge zu erreichen. Allerdings entwickelten sich die Ertragszahlen im zweiten Semester weniger gut als vom Markt erwartet.
Das operative Ergebnis und der Gewinn fielen insgesamt niedriger aus als im Vorjahr. Deshalb wurde es auch nichts mit einer Erhöhung der Dividende.
Bekannt waren Restrukturierungskosten von 1 Mio. Fr. für die Schliessung eines Werks und die Verlagerung an einen anderen Produktionsstandort. Hinzu kamen höhere Rohmaterialpreise, etwa für Stahl und Chemiekalien.
Wegen einer Liquiditätskrise im Bausektor in Saudi-Arabien waren auch höhere Rückstellungen für faule Kredite nötig. Vor allem litt Gurit unter einem kompletten Stillstand im Windenergiegeschäft in Indien ab dem zweiten Quartal.
Preis- und Margendruck
Von der Flaute wurde der Kunststoffverarbeiter heftiger als andere Anbieter (wie zum Beispiel Schweiter (SWTQ 1232 1.99%)) getroffen. Im Subkontinent ist Gurit mit Abstand marktführend. Das Schweizer Unternehmen liefert Kernmaterialien für Rotorblätter.
Überhaupt ist die Windenergie ein schwieriger Markt. Die installierten Kapazitäten weltweit sind seit 2015 rund 22% geschrumpft. Wegen des hohen Wettbewerbsdrucks muss die Branche zusätzlich Preisnachlässe von 3 bis 5% pro Jahr verkraften.
Ausserdem reduzieren die Regierungen Subventionen. Das Gute daran: Die Windbranche wird im Vergleich zu anderen Energieträgern zunehmend konkurrenzfähiger. Der Preis pro Kilowattstunde kann sich mittlerweile mit dem für Gas messen. Bis in etwa drei Jahren, schätzt Gurit-CEO Rudolf Hadorn, wird der Windenergiesektor «erwachsen», effizienter und berechenbarer.
Etwa 60% des Gesamtumsatzes von Gurit stammen aus dem Windgeschäft. Neben den Kernmaterialien bietet das Unternehmen den Herstellern Formen zum Bau der Rotorblätter an. Dort verzeichnete Gurit mit einem Umsatzplus von einem Drittel zum zweiten Mal in Folge ein Rekordjahr. Es gelang, zwei neue Grosskunden zu gewinnen. Zudem profitiert Gurit vom Trend zu immer längeren Rotorblättern (derzeit bis zu 90 Meter im Durchmesser), die entsprechend grössere Bauformen benötigen.
Mehr Eigenwachstum nötig
Für 2018 rechnet der CEO damit, dass Gurit erneut das obere Ende des Margenzielbands von 8 bis 10% erreicht. Zudem erwartet er 3 bis 5% mehr Umsatz. Das mutet konservativ an.
Ab dem zweiten Quartal soll das Windgeschäft in Indien wieder in Fahrt geraten. Der Formenbau hat wahrscheinlich den Zenit erreicht, doch dürften weitere Neukunden und ein akquisitorischer Effekt einen allfälligen Rückgang in Grenzen halten.
Bis 2021 lautet das Ziel, einen Umsatz von 500 Mio. Fr. zu erreichen, davon 450 Mio. aus eigener Kraft. Hadorn räumte ein, dass das organische Wachstum kräftiger werden müsse, wolle Gurit an die Vorgabe herankommen. Die operative Marge soll in der Grössenordnung von 10% gehalten werden.
Seit vergangenem Juli sind die Gurit-Aktien in einem Abwärtstrend. Die letztlich enttäuschenden Ertragszahlen 2017 und eine Reduktion der Gewinnschätzung für 2018 durch die Finanzanalysten werden noch eine Weile nachhallen. Für Neuengagements ist keine Eile geboten.
Die komplette Historie zu Gurit finden Sie hier. »
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.