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15:42 Uhr - 13.09.2015

BIZ warnt vor anfälligen Schwellenländern

Die Banken vergeben weniger Kredite an die Schwellenländer. Auch über Schuldtitel fliesst weniger Geld in die Emerging Markets. Das zeigt der Quartalsbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel macht sich über die Stabilität der Schwellenländer Sorgen. Die Schwäche dieser Länder hat sich schon länger angebahnt, erklärt sie in ihrem Quartalsbericht. Die Frage ist wegen der Börsenturbulenzen nach Chinas Renminbiabwertung in den vergangenen Wochen ins Bewusstsein der Anleger gerückt. Die Abwertung hat laut BIZ eine Abschwächungsspirale in Gang gebracht, die sich selbst verstärke.

Viele dieser Ereignisse hatten sich gemäss BIZ aber bereits früher in diesem Jahr angedeutet: im internationalen Bankgeschäft genauso wie in der globalen Liquidität. Die Kredite und die Marktliquidität verschlechterten sich für die aufstrebenden Volkswirtschaften rapide, während in den fortgeschrittenen Ökonomien der steile Aufwärtstrend anhielt.

Banken verringern Kredite nach China seit 2014

Zum Beispiel das Bankgeschäft: Die grenzüberschreitende Vergabe von Krediten an die Industrieländer stieg im ersten Quartal 2015 wechselkursbereinigt um 738 Mrd. $ resp. 6% gegenüber der Vorjahresperiode. Hingegen schrumpften die Kredite an Schwellenländer um 52 Mrd. $. Das Volumen lag nur noch 0,5% über dem Vorjahresniveau.

China übernahm die traurige Vorreiterrolle: Nach mehreren Quartalen starken Wachstums verringerten sich die Kredite gegen Ende 2014 drastisch. Im ersten Quartal 2015 waren sie auf den Stand von vor zwölf Monaten zurückgefallen.Kreditvergabe an SchwellenländerzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

Ähnlich unterschiedlich läuft die Entwicklung zwischen Industrie- und Schwellenländern im Wertpapierabsatz. Schuldner in fortgeschrittenen Volkswirtschaften begaben im ersten Halbjahr 2015 Wertpapiere in Höhe von insgesamt 247 Mrd. $ netto, ein Rekordvolumen für die Zeit nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise.

Schuldner in aufstrebenden Volkswirtschaften nahmen dagegen im selben Zeitraum netto 137 Mrd. $ am Schuldtitelmarkt auf. Das ist deutlich weniger als in den drei Vorjahren.

Rote Warnlampe für Schwellenländer

FrühwarnindikatorzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Die BIZ warnt, die wichtigsten aufstrebenden Volkswirtschaften seien wegen ihrer übermässigen Verschuldung krisenanfällig. Dabei werden historisch relevante Frühindikatoren verwendet, die in der Vergangenheit Bankenkrisen vorhergesagt haben. Für die Region Asien leuchten zwei Warnlampen rot auf: Eine übermässige Kreditvergabe (Credit to GDP) und zu hohe Immobilienpreise im Vergleich zum Trend (Property Price Gap) werden attestiert.

In Brasilien und China gibt es gemäss BIZ-Indikator neben einer übermässigen Kreditvergabe ein Warnsignal bei der Schuldenbedienung. Sollten die Zinsen um 2,5 Prozentpunkte steigen, könnte sich die Zinslast dort als zu hoch erweisen.

Übrigens gibt es auch für die Schweiz ein Warnsignal: Die Immobilienpreise scheinen der BIZ zu hoch.

Die USA als globaler Zinstreiber

Enger Zusammenhang der ZinsenRenditen von langfristigen Staatsanleihen (Long-term sovereign yield), den kurzfristigen Geldmarktzinsen (Short-term money market rate) und den Leitzinsen (Policy rate) der USA sind eng mit den Entwicklungen in den Industrieländern wie den Schwellenländern verbunden.zoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Weiteres Ungemach könnte folgen, falls die US-Zentralbank die Zinsen erhöht. Nächsten Donnerstag wird bekannt, ob das Fed zum ersten Mal seit 2008 die Leitzinsen heraufsetzen wird. Die BIZ-Experten weisen nun nach, dass die amerikanischen Leitzinsen und Anleihenrenditen die entsprechenden Zinsniveaus im Ausland stark beeinflussen.

In den vergangenen Jahren trug die lockere amerikanische Geldpolitik wesentlich dazu bei, dass die Zinsen in vielen Ländern gesunken sind. Aber was geschieht bei einer Zinserhöhung in den USA? Die BIZ ist skeptisch. 2004 bis 2006 seien die weltweiten Kurz- und Langfristzinsen zwar den USA gefolgt. Aber viele Notenbanken könnten sich diesmal dem Trend widersetzen, um etwa ihre Währung vor einer Aufwertung zu bewahren. Untersucht wurden dreissig aufstrebende sowie kleine offene fortgeschrittene Volkswirtschaften, darunter die Schweiz, ab dem Jahr 2000.

Warum die Zinsen sich weltweit so angleichen, wurde nicht untersucht. Grundsätzlich könnten laut den Autoren ähnliche wirtschaftliche Entwicklungen dafür verantwortlich sein. Aber auch Anleger, die international aktiv sind, könnten dafür sorgen, dass die Zinsen nicht zu weit auseinanderdriften. «Investoren, die nach Rendite suchen, könnten Gelder von niedrig verzinsten Anleihen in den Finanzzentren in hochverzinsliche Anleihen anderswo verschieben und so die Renditen drücken», schreiben die Autoren der Studie.

Ausserdem könnten die Notenbanken der anderen Länder dafür sorgen, dass sich die Zinsen ähnlich wie die in den USA entwickeln. Sind die Zinsen zu hoch im eigenen Land, könnte sich nämlich die Währung unerwünscht aufwerten. Ausserdem wird spekulatives Kapital durch zu hohe Zinsen angezogen.

Deutsche Banken haben griechische Kredite in den Büchern

Kredite an GriechenlandzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Im Jahr 2014 schien die Griechenlandkrise eigentlich ausgestanden. Das sieht man an den Bankkrediten. Banken in Deutschland, Grossbritannien und den Vereinigten Staaten haben ihre Kreditvergabe an griechische Schuldner von 2012 bis 2014 ausgeweitet. Im ersten Quartal 2014 wurde Grossbritannien das grösste Gläubigerland nach Bankkrediten.

Französische Banken waren aber gebrannte Kinder. Während sie 2012 mit 26 Mrd. € an Verbindlichkeiten am stärksten in Griechenland aktiv waren, bauten sie ihre Positionen auf weniger als 2 Mrd. € ab.

Von 2014 bis zum ersten Quartal 2015 haben die Banken ihre Kreditvergabe wieder abgebaut. Im Januar 2015 kam die linke Syriza-Partei an die Macht und sorgte für neue Bedenken um den Verbleib Griechenlands in der Eurozone. Nur die deutschen Banken hinkten beim Abbau der griechischen Kredite hinterher. Deutschland ist gemäss den Zahlen vom ersten Quartal das grösste Gläubigerland anhand der Bankkredite (7 Mrd. €).

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