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11:16 Uhr - 21.11.2014

Obamas Wirtschaftspolitik ist chancenlos

US-Präsident Barack Obama hat sich für seine verbleibenden zwei Jahre im Amt hohe Ziele gesetzt. Die republikanische Opposition hat ihm nach den Kongresswahlen den Kampf angesagt – mit Aussicht auf Erfolg.

Weniger als drei Wochen nach den amerikanischen Kongresswahlen gerät US-Präsident Barack Obamas wirtschafts- und finanzpolitische Agenda bereits stark ins Wanken. Republikaner wollen nicht nur Ausgabenprogramme blockieren und Obama die Steuererhöhungen vorenthalten, die er für besser verdienende Haushalte durchsetzen will. Die wiedererstarkte Oppositionspartei will zudem die 2010 verabschiedete neue Finanzmarktarchitektur systematisch demontieren.

Mit seinen Plänen, den Kongress zu umgehen und eigenhändig eine Teilreform des Einwanderungssystems zu forcieren, hat der Präsident nun weiteres Öl ins Feuer gegossen und könnte sichergestellt haben, dass der politische Apparat in Washington komplett zum Stillstand kommt.

Ganz im Sinne der G-20, die von den Industrieländern mehr Investitionen in die Infrastruktur fordern, wollte Obama Gelder bewilligen lassen für neue Schulen, Krankenhäuser und Brücken sowie eine Verbesserung des Schnellstrassennetzes. Die wachstumsorientierten Investitionen, wie sie in dem Haushaltsentwurf für das Fiskaljahr 2015 genannt werden, sollen von der Einrichtung 45 neuer «Fertigungsinstitute» («Manufacturing Institutes») begleitet werden, die in verschiedenen Regionen der USA das produzierende Gewerbe fördern sollen. Gleichzeitig will der Präsident Steuergutschriften für ärmere Familien ebenso wie einen höheren Grenzsteuersatz für Haushalte mit Jahreseinkommen über 250’000 $ durch den Kongress bekommen.

Sicher erscheint nicht nur, dass keiner dieser Wünsche in Erfüllung gehen wird. Wenn die Republikaner im kommenden Januar in beiden Kammern als Mehrheitspartei im 114. Kongress antreten, werden sie nämlich versuchen, den Spiess umzudrehen und ihre eigenen Initiativen in Gesetzesform zu giessen.

Mehr als fünfzig verschiedene Steuererleichterungen

Beginnen werden sie mit der Wiedereinführung von mehr als fünfzig verschiedenen Steuererleichterungen für private Haushalte ebenso wie Unternehmen, die Ende 2013 ausser Kraft traten und nicht verlängert wurden. Werden die diversen Nachlässe, Abschreibungsmöglichkeiten und anderen Erleichterungen um ein Jahr verlängert, dann werden sie nach Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) den Steuererlös des Fiskus um 54 Mrd. $ verringern.

Werden sie, wie einige der Republikaner dies verlangen, um zwei Jahre verlängert, dann werden die entgangenen Einnahmen des Treasury 84 Mrd. $ erreichen. Zwar spielen Summen wie diese im Kontext eines Budgets von 3,9 Bio. $ nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig sind sie aber insofern, als das Tauziehen um solche Bagatellbeträge den Ton angeben wird für die mangelnde Bereitschaft der Demokraten und der Republikaner, konstruktiv zusammenzuarbeiten und auf Kompromisse hinzuwirken.

Verwässerung der Finanzmarktregulierung

Von fundamentaler Bedeutung werden hingegen republikanische Anstrengungen sein, die Haushaltspolitik mit einer Verwässerung der Finanzmarktregulierung zu verknüpfen. Senator Mitch McConnell, der künftige Mehrheitschef im Oberhaus, und John Boehner, McConnells Pendant im Repräsentantenhaus, versuchen seit Jahren, das 2010 verabschiedete Dodd-Frank-Gesetz, das Rückgrat der neuen Finanzmarktarchitektur, auszuhöhlen.

Zwar würde ein neues Gesetz, das Vorgaben zur schärferen Überwachung der Banken, zur strikteren Regulierung des Derivathandels, zur geregelten Auflösung maroder Finanzinstitutionen und für besseren Verbraucher- sowie Anlegerschutz aufhebt, entweder am Veto des Präsidenten oder an einem sogenannten Filibuster scheitern. McCconnell hat aber eine andere Waffe. Er hat signalisiert, die Bewilligung selbst kleinerer Ausgabenprogramme an Auflagen zu knüpfen, die einzelne Vorschriften des Dodd-Frank-Gesetzes auflösen oder zumindest abschwächen. Der Präsident stünde dann vor dem Dilemma, entweder auf ihm wichtige Sozialprogramme und Investitionen zu verzichten oder eine Entschärfung der Finanzmarktaufsicht in Kauf nehmen zu müssen.

Ins Fadenkreuz der Republikaner wird nicht zuletzt die US-Notenbank geraten. Seit der globalen Finanzkrise steht die Opposition den Bemühungen des Fed um die Rettung der Grossbanken ebenso misstrauisch gegenüber wie der ultralockeren Geldpolitik, die nach ihrer Einschätzung damit schleichende Inflationsrisiken heraufbeschworen hat. So hat das seit 2010 republikanisch beherrschte Repräsentantenhaus bereits ein Gesetz verabschiedet, das das Fed unter die Aufsicht des Bundesrechnungshofs GAO stellen würde. Jeb Hensarling, der voraussichtlich der nächste Chef des Finanzdienstleistungsausschusses im Repräsentantenhaus sein wird, will sogar weiter gehen und die zinspolitischen Entscheidungskompetenzen der Währungshüter beschneiden. Geht es nach den Republikanern, wird nicht nur Obama, sondern auch Notenbankchefin Janet Yellen schwer zu kämpfen haben.

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