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14:39 Uhr - 26.11.2015

Claus-Dietrich Lahrs: Allergisch auf Eitelkeiten

Der seit 2008 amtierende CEO hat den deutschen Modekonzern Hugo Boss trotz jüngst enttäuschender Entwicklung deutlich vorangebracht. 

Der derzeit eher schwierige Geschäftsgang und die etwas getrübten Aussichten von Hugo Boss sind sicher nicht nach ­seinem Geschmack – aber dass auch er sich den Gesetzen der Schwerkraft nicht entziehen kann, war ihm stets bewusst. CEO Claus-Dietrich Lahrs ist einfach nicht der Typ, der abhebt. Davor schützen ihn schon seine westfälischen Wurzeln, aber auch die kritische Beobachtung seiner Manager-Kollegen in Paris. Alle Welt wunderte sich, als er vor sieben Jahren aus der Luxusmetropole in die schwäbische Provinz zügelte, aber er hatte damit keine Probleme.

Ihn reizte die Aufgabe, die schlingernde Marke Hugo Boss zu stabilisieren und wieder in Form zu bringen. Wie sich rasch zeigte, setzten die Permira-Manager, die 2007 von der italienischen Textilfamilie Marzotto die Kontrollmehrheit übernommen hatten, auf den richtigen Mann. Als Permira im März die letzten Anteile veräusserte, hatte sich der Wert der Titel mehr als verdoppelt. Hugo Boss legte umsatzmässig um über 1 auf 2,6 Mrd. € zu, der Gewinn schoss überproportional dazu in die Höhe.

Lahrs ist in der stark anglo-franko-italienisch dominierten Mode- und Luxuswelt ein rarer Vogel. Nach dem Ökonomiestudium im rheinischen Köln und an der HEC in Paris heuerte der 1963 geborene Bielefelder zunächst beim Quandt-Konzern an, wurde aber schon 1992 von Cartier ausgespäht als Deutschland-Chef, und alsbald übernahm er die Verantwortung für ganz Nordeuropa. 1997 holte ihn Bernard Arnault zu Louis Vuitton, wo er bis 2004 das Nordamerikageschäft führte.

Den vollen Einblick, was man aus einer Marke alles machen kann, holte er sich in Paris bei Christian Dior, wo er 2004 an Bord ging und als rechte Hand Sidney Toledanos den Um-, Auf- und Ausbau der grossen Modemarke an die Hand nahm. Ziel war die Stabilisierung des hochvolatilen und stark von den Launen einzelner Stardesigner abhängigen Geschäfts. Dior baute in diesen Jahren zusätzlich das Lederwarengeschäft auf, führte eine Zwischensaison für die Couture ein, holte sich die Namensrechte für die Parfumerie und andere Erzeugnisse zurück. Zudem lancierte das Haus eine splendide Juwelenkollektion unter der Federführung der dramatischen Victoire de Castellane und baute in hohem Tempo das Filialnetz aus.

Das Verkaufsnetz mit IT so aufzurüsten, dass allabendlich Abverkauf und Umsatz zentral vorliegen, war nur eine von vielen Leistungen, mit denen der sich selbst nie in den Vordergrund drängende Manager glänzte. Viel von Paris wird er kaum erlebt haben. Seine häufigste Sehenswürdigkeit war der Flughafen. Wenn man mit ihm sprach, wartete er womöglich in Moskau auf den nächsten Flieger oder steckte in Asien, um einen neuen Markt zu erschliessen.

Was ihn nicht zuletzt auszeichnet, ist die Gabe der unvoreingenommenen Beobachtung. Sie verbindet sich bei ihm mit einem Verzicht auf Vorurteile. Lahrs rühmt uneingeschränkt die Arbeitsmoral in Frankreich und die immense Flexibilität. Mit seinem Respekt gegenüber anderen Kulturen und der Fähigkeit, mit allen zu arbeiten, gehört er zu den raren deutschstämmigen Managern, die sich auch international behaupten können.

Allergisch reagiert er höchstens auf Eitelkeit. Dass sein Amtsantritt im schwäbischen Metzingen umgehend mit einer Presse-Intrige quittiert wurde, wird ihn seinerzeit kaum begeistert haben, auch wenn die angelsächsischen Permira-Manager sicher keine deutschsprachigen Magazine durchblättern. Womit der Versuch, ihn als autoritär anzuschwärzen, ungefiltert auf seine Urheber zurückfiel. Dass er gar nicht erst den Versuch machte, Hugo Boss als autonomes Kollektiv zu betreiben, spricht nur für ihn. Es wäre nur eine Perpetuierung unhaltbarer Zustände gewesen. Lahrs’ Begabung ist eben nicht zuletzt auch ein Sinn für den Faktor Zeit. Effizienzbewusst, wie er ist, hält er sich mit Laufen in Form. Das war schon in Paris so. Seine Route hat sicher profitiert vom Umzug an die Schwäbische Alb.

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