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16:14 Uhr - 11.08.2017

Nordkorea verunsichert, Panik herrscht aber keine

Grosse Liquidität und staatliche Stützkäufe verzerren in Zeiten der Krise Preisfindungsprozesse.

Das vom Streit über das nordkoreanische Aufrüstungsprogramm ausgelöste Säbelrasseln hat in den vergangenen Tagen an den globalen Finanzmärkten für erhöhte Volatilität gesorgt. Gemessen am Lärm der von Pjöngjang und Washington ausgestossenen Kriegsdrohungen sind die Kursausschläge allerdings verhalten ausgefallen.

Die schlechten politischen News wurden von vielen Investoren nach einer anhaltenden Börsenrally als willkommener Anlass zur Profitmitnahme genommen. Sogar der Hauptindex der Börse Seoul ging Ende Woche 20% über dem Stand von Anfang Jahr aus dem Handel. Die Gelassenheit der Investoren steht im Kontrast zu den wilden Kursausschlägen, die geopolitische Spannungen noch vor wenigen Jahren ausgelöst haben. Es stellt sich damit die Frage, ob Investoren politische Risiken heute realistischer einschätzten, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Eine fatale Einschätzung?

Anlass zur Gelassenheit gibt die Tatsache, dass die auf der koreanischen Halbinsel seit bald sieben Jahrzehnten sporadisch auftretenden Krisen bisher nie in einen heissen Krieg eskaliert sind. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass von diesem Brennpunkt eine weniger grosse Gefahr ausgeht, als viele politische Kommentatoren uns glauben machen.

Das könnte sich allerdings als fatales Fehlurteil herausstellen. Dies nicht nur, weil sich mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un wie auch dem US-Präsidenten Donald Trump zwei politisch unerfahrene Hauptakteure gegenüberstehen. Zwar erscheint es unwahrscheinlich, dass einer der beiden die rote Linie überschreiten und bewusst einen voll ausgewachsenen Krieg vom Zaun brechen wird. Doch besteht die Gefahr, dass ein Missverständnis oder auch eine technische Panne eine Kettenreaktion auslöst, die nicht mehr rechtzeitig gestoppt werden kann.

Verzerrte Preisfindung

Die an den Finanzmärkten vorherrschende Ruhe könnte sich vor allem auch deshalb als trügerisch erweisen, weil in den vergangenen Jahren Notenbanken als Antwort auf alle Arten von Krisen den Geldhahn weit geöffnet haben. Solche ausserordentlichen Massnahmen haben bei vielen Investoren einen vielleicht falschen Sinn der Sicherheit geschaffen.

Dabei stützen in vielen Ländern in kritischen Zeiten nicht nur Notenbanken, sondern auch Staatsfonds oder regierungsnahe Pensionskassen und Banken die Märkte. Inwiefern das auch dieser Tage der Fall war, bleibt vorderhand offen. Doch hat die Vergangenheit gezeigt, dass der Preisfindungsprozess an den Finanzmärkten gerade in Zeiten erhöhter Volatilität durch die staatlichen Interventionen stark verzerrt wird.

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