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10:15 Uhr - 19.07.2022

Wieder mehr Disziplin nötig

Die Bundeskasse wird durch ausufernde Finanzwünsche des Parlaments überstrapaziert. Ohne Abstriche am Budget wird es nicht gehen. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Arno Schmocker.

Nach einem hektischen Frühling ist Ruhe eingekehrt im Bundeshaus. Einzig gelegentliche Aus-Flüge von Magistraten provozieren etwas Aufruhr. Doch schon bald hat sich die Politik wieder den wirklich relevanten politischen Herausforderungen zu stellen.

Die finanziellen Folgen des ­Ukrainekriegs, kletternde Preise und Zinsen, steigende Ausgaben für den Klimaschutz, dies alles und mehr kondensiert sich am Schluss in der Staatsrechnung. Nach der Sommerpause muss der Bundesrat über die Bücher gehen und das mittelfristige Budget des Bundeshaushalts ausbalancieren, um die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen.

Bereits im kommenden Jahr wird der von der Schuldenbremse definierte Rahmen, wie schon 2022, bis zum Äussersten ausgereizt, und das auch nur, indem eine erneute Zusatzausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (mit Blick auf das erste Halbjahr an den Finanzmärkten keineswegs garantiert) einkalkuliert wird und budgetierte Aufwendungen von 1,7 Mrd. Fr. für die Ukraine-Flüchtlinge – wie die Kosten für die Bewältigung der Coronapandemie – als ausserordentlich definiert werden. So wird eine frühzeitige Sparübung umgangen.

Es kann weh tun

Doch in den drei Folgejahren sind Einschnitte nicht mehr zu vermeiden. Der Bereinigungsbedarf ist beträchtlich, jeweils 1,1 bis 1,3 Mrd. Fr.

Das Parlament hat Mehrausgaben in Höhe mehrerer ­Milliarden Franken bewilligt, namentlich für die Armee, aber – in vorauseilendem Gehorsam als Antwort auf zwei Volksinitiativen – auch für eine weitere Verbilligung von Krankenkassenprämien und einen Ausbau der Subventionen für Klimaschutzinvestitionen. Weiteres, wie die Einführung der Individualbesteuerung und die Abschaffung des Eigenmietwerts, könnte dazukommen.

Auf Dauer lässt die vor über zwanzig Jahren eingeführte Schuldenbremse keine neuen Schulden zu. Innerhalb von sechs Jahren müssen ausserordentliche Ausgaben über ein Amortisationskonto kompensiert werden. Bei den Kosten der wahrhaft ausserordentlichen – aber leider wohl nicht einmaligen – Pandemie hat der Bundesrat eine Fristverlängerung beantragt, weil sonst Steuererhöhungen oder Sparprogramme unumgänglich geworden wären

«Ausserordentliches» eng interpretieren

Die Ausgabenfreude des Parlaments hat zur Folge, dass spätestens ab 2024 doch der Rotstift anzusetzen ist. Das muss nicht schlecht sein. Der Staat sollte wieder darauf bedacht sein, das Nötige vom Wünschbaren (etwa die geplante halbe Milliarden Franken für Elternbeiträge an Kindertagesstätten) zu trennen.

Die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse ist ein Segen für die Schweiz. Sie zwingt mit ihrem Automatismus zum Masshalten und schiebt ausufernden Finanzgelüsten der Politik einen Riegel. Die Messlatte für «ausserordentliche» Belastungen der Bundeskasse sollte möglichst hoch gesetzt werden.

Corona hat die Finanzdisziplin aufgeweicht. Es darf nicht sein, dass jede unvorhergesehene Krise gleich als ausserordentlich eingestuft wird. Die fiskalpolitische Stabilität der Schweiz ist ein Standortvorteil, den es ­beizubehalten gilt.

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